Tokio Killer - 02 - Die Rache
öffentlichen Telefonen im Umkreis der Wohnung Ihres Freundes. Aber ich habe nichts damit zu tun, was ihm zugestoßen ist. Ich habe gerade erst davon erfahren. Deshalb rufe ich Sie an.»
Ich dachte darüber nach. Falls Kanezaki irgendwie an eine Liste mit Anrufen von diesen Telefonzellen gekommen war, könnte es ihm gelungen sein, meine Pagernummer einzukreisen. Harry hatte immer unterschiedliche Telefonzellen benutzt, um mich anzurufen, und danach war er zurück in seine Wohnung gegangen und hatte auf meinen Anruf gewartet. Mit Hilfe der Listen könnte man ein Muster erkennen – dieselbe Nummer, die von etlichen Telefonen in der Nähe angerufen worden war. Wenn es mehrere Treffer gab, und davon ging ich aus, rief man sie einfach alle nacheinander an und schloss die Falschen durch Trial-and-Error aus. Diese Möglichkeit hätten Harry und ich eigentlich in Erwägung ziehen müssen, doch im Grunde war es nicht wichtig. Selbst wenn jemand auf diese Weise meine Nummer herausfand, wie Kanezaki das anscheinend gelungen war, erfuhr er doch nicht mehr als eine Pager-adresse.
«Ich höre», sagte ich.
«Ich möchte mich mit Ihnen treffen», sagte er. «Ich denke, wir können uns gegenseitig helfen.»
«Ach ja?»
«Ja. Hören Sie, ich gehe hiermit ein großes Risiko ein. Ich weiß, Sie könnten denken, ich hätte irgendwas damit zu tun, was ihrem Freund passiert ist, und Sie könnten es mir heimzahlen wollen.»
«Da könnten Sie Recht haben.»
«Ja, und ich weiß, dass Sie mich so oder so finden würden, wenn Sie wollten. Ich habe mir gedacht, es sei besser für mich, Ihnen zu erklären, was meiner Ansicht nach passiert ist, anstatt mich den Rest meines Lebens mit der Angst rumzuschlagen, dass Sie sich von hinten an mich ranschleichen.»
«Was schlagen Sie vor?», fragte ich.
«Ein Treffen. Wo Sie wollen, nur irgendwo in der Öffentlichkeit muss es sein. Ich weiß genau, wenn Sie mir zuhören, werden Sie mir glauben. Ich fürchte nur, Sie könnten zur Tat schreiten, bevor Sie mich angehört haben. Wie bei unserer letzten Begegnung.»
Ich überlegte. Wenn das eine Falle war, gab es zwei Möglichkeiten, wie sie versuchen könnten, an mich ranzukommen. Die erste war, Kanezaki von Leuten beobachten zu lassen, die zuschlagen würden, sobald ich auftauchte. Die zweite, ihn aus der Entfernung zu beobachten, zum Beispiel mit einem Sender. So hatten sie es schon einmal gemacht, als Holtzer mich schnappen wollte, nachdem er ein ähnliches «Treffen» vorgeschlagen hatte.
Die zweite Möglichkeit war die wahrscheinlichere, weil es schwieriger für mich wäre, Kanezakis Team zu entdecken, wenn es keinen Sichtkontakt zu ihm halten musste. Um die zweite Möglichkeit auszuschließen, konnte ich Harrys Abhördetektor verwenden. Um die erste auszuschließen, würde ich mit ihm zu irgendeinem menschenleeren Ort gehen müssen.
«Wo sind Sie jetzt?», fragte ich.
«Toranomon. Nicht weit von der Botschaft.»
«Kennen Sie Japan Sword? Das antike Schwertgeschäft in Toranomon 3-chome, in der Nähe der Haltestelle?»
«Ja.»
«Fahren Sie dorthin. Wir treffen uns in dreißig Minuten.»
«Okay.»
Ich legte auf. In Wahrheit hatte ich keineswegs die Absicht, zu dem Schwertgeschäft zu fahren, so gerne ich dort auch gelegentlich herumstöberte. Aber ich wollte, dass sich Kanezaki und alle, die ihn eventuell begleiteten, die Mühe machten, dort in Stellung zu gehen, während ich mich an einen sichereren Ort begab.
Ich nahm eine Reihe von Taxis und U-Bahnen bis zum Wadakuramon-Tor des Kaiserpalastes. Mit den Massen von Touristen, den Unmengen von Überwachungskameras und den Scharen von Polizisten, die die bedeutenden Persönlichkeiten im Innern des Palastes beschützten, wäre das Warakuramon-Tor höchst ungeeignet, um jemanden niederzuschießen, falls Kanezaki & Co. das vorhatten. Indem ich ihn dahin bestellte, nachdem ich bereits Posten bezogen hatte, zwang ich ein mögliches Überwachungsteam, sich schnell zu bewegen, wodurch ich es leichter entdecken könnte.
Als ich an Ort und Stelle war, benutzte ich Tatsus Handy, um Kanezaki erneut anzurufen. «Der Plan hat sich geändert», erklärte ich.
Es entstand eine Pause. «Okay.»
«Kommen Sie zum Wadakuramon-Tor des Kaiserpalastes, gegenüber vom Hauptbahnhof. Kommen Sie sofort. Ich warte vor dem Tor. Nähern Sie sich vom Hauptbahnhof aus, damit ich sehen kann, dass Sie allein sind.»
«Ich bin in zehn Minuten da.»
Ich unterbrach die Verbindung.
Die Hibiya-dori kreuzte den breiten
Weitere Kostenlose Bücher