Tokio Killer - 02 - Die Rache
«Treffen» gehen und Tatsu Männer für die Gegenüberwachung anfordern konnte. Wir vereinbarten, uns in zwei Stunden wieder im Christie zu treffen. Bevor wir uns trennten, fragte ich Tatsu, ob er mir eine andere Pistole hatte besorgen können. Er verneinte.
Um die Zeit totzuschlagen, schlenderte ich zwischen den Antiquitätenläden im Erdgeschoss des in der Nähe liegenden Hanae-Mori-Gebäudes herum. Die Geschäfte hatten geschlossen, aber durch die Schaufenster bestaunte ich die zarten Jugendstil-Glasarbeiten von Künstlern wie Daum und Gallé. Ich verlor mich in den auf Vasen und Bechern dargestellten kleinen Welten: eine grüne Weide, bewohnt von schwirrenden Libellen; unter einer Schneedecke schlummernde Windmühlen; ein Wald aus so sinnlichen Bäumen, dass es schien, als schwankten sie in ihrer Glaseinfassung.
Ich kehrte lange vor unserem verabredeten zweiten Treffen zum Christie zurück, aber ich wartete nicht dort. Stattdessen überprüfte ich die Stellen, an denen sich ein Überwachungsteam postieren würde, wenn es an jemandem in dem Café interessiert wäre, und als ich festgestellt hatte, dass die Luft rein war, hockte ich mich wie einer von Tokios unheilvollen Raben in die Dunkelheit auf eine Anhöhe rechts vom Café und beobachtete den Eingang. Erst nachdem ich Kanezaki und dann Tatsu hatte zurückkommen sehen und noch eine Weile gewartet hatte, um mich zu versichern, dass ihnen niemand folgte, ging ich ins Café und gesellte mich zu ihnen.
«Wir haben auf dich gewartet», sagte Tatsu, als ich hereinkam. «Ich wollte nicht ohne dich anfangen.»
«Tut mir Leid», sagte ich. «Ich wurde aufgehalten.»
Er sah mich an, als wüsste er ganz genau, was die Verzögerung verursacht hatte, dann wandte er sich Kanezaki zu und sagte: «Ich habe die Umgebung Ihres angeblichen Treffpunkts von zwei Leuten beobachten lassen. Wir haben jemanden entdeckt, der Fotos machen wollte.»
Kanezakis Augen traten hervor. «Fotos?»
Tatsu nickte.
«Was haben Sie unternommen?», fragte Kanezaki.
«Wir haben die Person in Gewahrsam genommen.»
«Du meine Güte», sagte Kanezaki und sah im Geiste wahrscheinlich schon die Schlagzeilen des nächsten Tages vor sich. «Offiziell?»
Tatsu schüttelte den Kopf. «Inoffiziell.»
«Wer ist der Mann?», fragte Kanezaki.
«Er heißt Edmund Gretz», sagte Tatsu. «Vor drei Jahren ist er nach Tokio gekommen, um seinen Weg als Modefotograf zu machen. Stattdessen musste er sich mit Englischunterricht für japanische Firmen durchschlagen. Aber irgendwann hat sich dann doch jemand für seine Talente als Fotograf interessiert.»
«Die CIA?», fragte Kanezaki, der blass geworden war.
«Ja. Er ist sozusagen ein Subunternehmer. Vor sechs Monaten hat er einen Ausbildungskurs in Überwachungs- und Gegenüberwachungstechniken sowie in anderen geheimdienstlichen Künsten besucht. Seitdem hat die Agency ihn dreimal kontaktiert. Jedesmal ging es um ein Treffen, das er fotografieren sollte.»
«Woher wusste er, wen er ablichten sollte?»
«Man gab ihm das Foto eines Mannes japanischer Abstammung, der bei den Treffen dabei sein würde.»
«Ich.»
«Ja.»
Ich schüttelte staunend den Kopf und dachte, du solltest dir einfach «Sündenbock» auf die Visitenkarte drucken lassen.
«Und Gretz’ Auftraggeber …», sagte Kanezaki.
«Der Dienststellenleiter», antwortete Tatsu. «James Biddle.»
«Der Mann, der die Quittungen haben wollte», sagte ich.
«Ja», bestätigte Tatsu.
«Ich nehme an, der Fotograf konnte keine Angaben über den Grund der Operation machen», sagte ich.
Tatsu schüttelte den Kopf. «Gretz ist bloß ein Handlanger, der sich mit Kameras auskennt. Er weiß gar nichts. Seine größte Sorge war, dass niemand herausfinden sollte, dass wir ihn geschnappt hatten, weil er dann seinen lukrativen Nebenjob verlieren oder des Landes verwiesen werden könnte.»
«Mehr war nicht aus ihm rauszukriegen?», fragte Kanezaki.
Tatsu zuckte die Achseln. «Meine Männer haben ihn nicht sehr höflich vernommen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass da noch mehr zu holen war.»
«Was macht er mit den Fotos?», wollte Kanezaki wissen.
«Er liefert die Abzüge bei Biddle ab», sagte Tatsu.
Kanezaki trommelte mit den Fingern auf dem Tisch. «Was hat der mit den Fotos vor? Warum hat er es auf mich abgesehen?»
«Ich wüsste vielleicht eine Möglichkeit, das herauszufinden», sagte Tatsu.
«Und die wäre?»
Tatsu schüttelte den Kopf. «Noch nicht. Lassen Sie mich ein paar diskrete
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