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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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leichtfertig auf.
    «Die NSA hätte dich niemals gehen lassen sollen, Harry», sagte ich zu ihm. «Für jeden Menschen, der Wert auf sein Privatleben legt, bist du der reinste Albtraum.»
    Er lachte, aber ein bisschen unsicher. Harry wusste nie genau, wann ich ihn nur ärgern wollte. «Deren Pech», sagte er. «Die hatten sowieso zu viele Vorschriften. Da macht es schon erheblich mehr Spaß, für eine große Consulting-Firma zu arbeiten. Die haben so viele andere Probleme, dass sie gar nicht mehr dazu kommen, mir auf die Finger zu gucken.»
    Das war schlau von denen. Sie wären sowieso nicht mit ihm mitgekommen. «Was liegt an?», fragte ich.
    «Eigentlich nichts. Ich wollte dich bloß noch mal sprechen. Ich hatte so ein Gefühl, dass du ziemlich schnell wieder weg bist, wenn deine Geschäfte abgeschlossen sind.»
    «Dein Gefühl war ganz richtig.»
    «Sind sie … abgeschlossen?»
    Harry ist längst dahinter gekommen, was ich mache, er weiß aber auch, dass es tabu ist, danach zu fragen. Und ihm war bestimmt klar, was es bedeutete, als er sich, auf meinen expliziten Wunsch hin, am frühen Abend bei mir gemeldet hatte, um mir zu sagen, wo und wann ich den Yakuza finden würde.
    «Sie sind abgeschlossen», erwiderte ich.
    «Heißt das, du bist nicht mehr lange da?»
    Ich lächelte, albernerweise gerührt durch seinen jämmerlichen Tonfall. «Nicht mehr lange, nein. Ich hätte dich aber vor meiner Abreise noch angerufen.»
    «Ehrlich?»
    «Ehrlich.» Ich sah auf meine Uhr. «Sag mal, was machst du im Moment?»
    «Ich stehe gerade auf.»
    «Herrje, Harry, es ist zehn Uhr abends.»
    «Ich hab in letzter Zeit einen seltsamen Rhythmus.»
    «Das glaub ich. Hör mal. Wie wär’s, wenn wir uns noch auf einen Drink treffen? Du kannst ja frühstücken.»
    «Wo denn?»
    «Moment mal.» Unter dem Apparat lag eine Ausgabe der Tokioter Gelben Seiten. Ich nahm sie und blätterte den Teil mit den Gaststätten durch, bis ich das Lokal fand, das ich suchte. Dann zählte ich fünf Einträge weiter, unser üblicher Code, und wusste, dass Harry von dem Lokal, das ich ihm nannte, fünf Einträge rückwärts zählen würde. Nicht, dass jemand unser Gespräch abhörte – nie im Leben würde jemand das Gespräch abhören können, wenn Harry es nicht wollte –, aber sicher war sicher. Ich hatte Harry beigebracht, stets übervorsichtig zu sein. Nichts als selbstverständlich zu nehmen.
    «Kennst du das Tip-Top in Takamatsu-cho?», fragte ich.
    «Klar», sagte er, und ich wusste, dass er verstanden hatte. «Toller Laden.»
    «Dann sehen wir uns gleich», sagte ich.
    Ich legte auf, nahm dann ein Taschentuch aus der Hosentasche und wischte den Hörer und die Tasten ab. Die Macht der Gewohnheit.
    Das Lokal, das ich im Sinn hatte, hieß These Library Lounge. Die japanischen Stammgäste sprachen es «Teise» aus. Es war eine kleine Bar mit Dreißigerjahre-Atmosphäre im ersten Stock eines unauffälligen Gebäudes in Nishi-Azabu. Obwohl es mitten im Zentrum der Stadt lag, wirkte das Teise irgendwie verträumt und losgelöst, wie eine Insel, die insgeheim froh war, sich einsam und verlassen im riesigen Ozean von Tokio zu befinden. Im Teise herrschte eine Atmosphäre, die rasch dazu verleitete, zu flüstern statt zu sprechen, die aus Müdigkeit Trägheit machte und die flüchtigen Sorgen des Tages vergessen ließ.
    Ich brauchte keine zehn Minuten zu Fuß für das kurze Stück bis zur Bar. Ich war lange nicht mehr hier gewesen, aber die Besitzer hatten offenbar nichts verändert, Gott sei Dank. Die Beleuchtung war noch immer sanft, überwiegend Wandlampen, Stehlampen und Kerzen. Ein Holztisch, der sein Leben als Tür begonnen hatte, bevor er seinem jetzigen, wesentlich höheren Zweck zugeführt wurde. Dezente persische Teppiche und dunkle, schwere Vorhänge. Die weiße Marmorbar, die selbstbewusst, aber nicht dominant mitten im Hauptraum stand, schimmerte gedämpft unter einer Lichtleiste. Überall gab es Bücher: fast ausschließlich über Design, Architektur und Kunst, aber auch Schrulliges, wie The Adventures of Two Dutch Dolls und Uncle Santa.
    «Nanmeisama? », fragte der Barkeeper. Wie viele? Ich hielt zwei Finger hoch. Er blickte sich im Raum um und bestätigte, was ich selbst schon bemerkt hatte: dass kein Tisch mehr frei war.
    «Macht nichts», sagte ich auf Japanisch. «Wir setzen uns einfach an die Bar.» Was neben den sonstigen Vorteilen noch einen taktischen bot: Ich konnte den Eingang im Auge behalten.
    Harry traf eine Stunde später

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