Tokio Killer - 02 - Die Rache
ich.
«Ja.»
«Unser Mann trainiert für seine Kämpfe. Und zwar nicht in einem normalen Dojo.»
«Das könnte stimmen.»
«Hast du eine Ahnung, wo?»
«Alle Informationen, die ich habe, sind in dem Umschlag.»
«Okay. Wir suchen Folgendes: Ein kleiner Laden. Fünfhundert Quadratmeter, so um den Dreh. Keine Schickimickigegend, aber auch kein allzu heruntergekommenes Viertel. Diskret. Keine Werbung. Knallharte Klientel. Organisiertes Verbrechen, Schlägertypen, Gorillas. Leute mit Vorstrafenregister. Schon mal von so einem Laden gehört?»
«Nein. Aber ich weiß, wo ich mich erkundigen kann.»
«Wie lange?»
«Einen Tag. Vielleicht weniger.»
«Gib alles, was du findest, ins Bulletin Board. Benachrichtige mich per Pager, wenn du so weit bist.»
«Alles klar.»
Ich legte auf.
Mein Pager meldete sich am nächsten Morgen. Ich ging in ein Internetcafé in Umeda, um im Bulletin Board nachzusehen. Tatsus Nachricht enthielt drei unterschiedliche Informationen. Die erste war die Adresse: Asakusa 2-chome, Nummer 14. Die zweite, dass ein Mann, auf den Murakamis Beschreibung passte, dort gesehen worden war. Die dritte, dass der Gewichtheber einer der Geldgeber dieses eigenartigen Dojo gewesen war.
Die erste Information sagte mir, wohin ich musste. Die zweite bewies, dass sich der Aufwand lohnen würde. Die dritte lieferte mir einen Anhaltspunkt, wie ich reinkommen könnte.
Ich schrieb eine Nachricht an Harry, in der ich ihn bat festzustellen, ob mein ehemaliger Gewichtheberfreund je über Handy Anrufe angenommen oder getätigt hatte, die über den Sendemast liefen, der der fraglichen Adresse am nächsten war. Aufgrund von Tatsus Information rechnete ich damit, dass die Antwort ja lauten würde. Das wäre dann die Bestätigung, dass der Gewichtheber in dem Dojo bekannt war, und in dem Fall würde ich mich auf ihn berufen, um mir Einlass zu verschaffen. Ich fragte Harry außerdem, ob in letzter Zeit irgendwelche US-Beamte Kontakt zu ihm aufgenommen hätten. Ich lud die Nachricht in unser Bulletin Board und rief dann seinen Pager an, damit er wusste, dass etwas für ihn angekommen war.
Eine Stunde später meldete er sich über meinen Pager. Ich sah im Bulletin Board nach und las seine Antwort. Keine Besuche von der Steuerfahndung, mit einem kleinen Smiley daneben. Und eine Liste der Telefongespräche des Gewichthebers, die über den Sendeturm Asakusa 2-chome gelaufen waren. Wir waren im Geschäft.
Ich schrieb Tatsu, dass ich mir den Laden ansehen und ihm dann mitteilen würde, was ich herausgefunden hatte. Ich erklärte ihm, dass er für Arai Katsuhiko, den Namen, den ich im Club des Gewichthebers benutzt hatte, einen überzeugenden Hintergrund liefern musste. Arai-san müsste aus irgendeinem Provinzkaff kommen, was erklären würde, dass ihn in Tokio kein Mensch kannte. Eine abgesessene Gefängnisstrafe in besagtem Kaff, beispielsweise wegen Körperverletzung, wäre von Vorteil. Ideal wären Belege dafür, dass er in irgendeiner halbseidenen, aber nicht direkt von der Mafia kontrollierten Firma gearbeitet hatte. Falls mich jemand überprüfen wollte – und davon ging ich aus, wenn alles so lief, wie ich es mir erhoffte –, würde er auf die einfache Geschichte eines Mannes stoßen, der eine gescheiterte Vergangenheit hinter sich lassen wollte und in die Großstadt gekommen war, um schmerzlichen Erinnerungen zu entfliehen und einen Neuanfang zu wagen.
Ich erwischte noch einen späten Hochgeschwindigkeitszug nach Tokio und kam kurz vor Mitternacht an. Diesmal stieg ich im Imperial in Hibiya ab, einem dieser zentral gelegenen Hotels, dem zwar die Annehmlichkeiten und das Flair des Seiyu Ginza oder Chinsanzo oder Marunouchi Four Seasons fehlten, das diesen Mangel aber durch Größe, Anonymität und zahlreiche Ein- und Ausgänge wettmachte. Das Imperial war außerdem der letzte Ort, an dem ich gemeinsam mit Midori gewesen war – aber ich wählte es aus Sicherheitsgründen, nicht aus Sentimentalität.
Am nächsten Morgen sah ich im Bulletin Board nach. Tatsu hatte mir die gewünschte Identität verschafft und mir eine bestimmte Schließfachreihe im Tokioter Hauptbahnhof genannt,
unter der ich die notwendigen Ausweispapiere finden würde. Ich prägte mir alles gut ein und löschte dann die Nachricht.
Ich machte einen GAG, der mich unter anderem zum Hauptbahnhof führte, wo ich die Papiere abholte, die ich möglicherweise bald brauchen würde, und der an der Toronomon-Station der Ginza-Linie endete, der
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