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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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Bedauern.
    Männer, die Nahkämpfe überlebt haben, wissen, dass wir Menschen einen tief verwurzelten, angeborenen Widerstand dagegen empfinden, unsere eigene Spezies zu töten. Ich glaube, die Evolution kann erklären, warum es diesen Widerstand in uns gibt, aber das ist unwichtig. Wichtig ist, dass nur zwei Prozent der Soldaten nicht davon betroffen sind. Bei der Grundausbildung der anderen achtundneunzig Prozent geht es in erster Linie darum, diesen Widerstand durch klassische und operante Konditionierung zu brechen. Ich weiß, dass moderne Ausbildungsmethoden dieses Ziel mit skrupelloser Effektivität erreichen.
    Ich blieb lange sitzen, kramte in Erinnerungen. Schließlich wurde mir kühl. Ich ging zurück zum Hotel, nahm ein fast unerträglich heißes Bad und zog dann den baumwollenen Yukata über, den das Hotel zuvorkommenderweise bereitgelegt hatte. Ich rückte einen Sessel ans Fenster, setzte mich und betrachtete in der Dunkelheit den Verkehr auf der Hibiya-dori, zwanzig Stockwerke tiefer. Ich dachte an Midori. Ich fragte mich, was sie wohl gerade jetzt auf der anderen Seite der Welt machte.
    Als der Verkehr schwächer wurde, ging ich ins Bett. Der Schlaf kam nur allmählich. Ich träumte von Rio. Ich fühlte mich weit weg.
     

10
     
    A M NÄCHSTEN A BEND machte ich auf dem Weg zu dem Kampf einen GAG. Als ich sicher war, nicht verfolgt zu werden, nahm ich ein Taxi zur Monorail-Station Tennozu. Von dort ging ich zu Fuß.
    Hier am Wasser war es kühler. Ein Bürgersteig wurde repariert, und man hatte Unmengen von Warnschildern aufgestellt, die jetzt steif im Wind wippten und quietschten wie irre Glöckchen. Ich ging über die wuchtige rostfarbene Higashi-Shina-gawa-Brücke. Um mich herum erstreckte sich ein Netzwerk von riesigen Eisenbahn- und Straßenüberführungen, deren Beton durch die Dieselabgase vieler Jahre dunkel geworden war und die sich so dicht verflochten gegen den düsteren Himmel abhoben, dass die Erde darunter irgendwie unterirdisch wirkte. Ein einsamer Verkaufsautomat verrottete an einer Ecke, sein flackerndes Licht wie ein nachlassendes SOS.
    Ich sah den Lady-Crystal-Jachtclub und bog nach links ab. Rechter Hand war eine weitere Überführung über Lagerhallen zu sehen, gegenüber davon ein kleiner, fast leerer Parkplatz. Dahinter ein noch finsterer Kanal.
    Ich fand die Lagerhallentür, die Murakami beschrieben hatte. Sie wurde flankiert von zwei Betonkübeln, deren Bepflanzung in Unkraut erstickte. Ein Metallschild auf der linken Seite warnte vor Brandgefahr. Rost rann unter dem Schild hervor und an der Mauer herab wie getrocknetes Blut aus einem alten Verband.
    Ich sah mich um. Auf der anderen Seite des Wassers erhoben sich hell erleuchtete Hochhäuser mit Büros, Wohnungen und Hotels. Es war, als sei der Boden um mich herum vergiftet und außerstande, das Wachstum solcher Gebäude zu unterstützen.
    Links von mir befand sich in der langen Reihe von Lagerhallen eine Einbuchtung. Ich trat hinein und erspähte rechts eine Tür, die von der Straße aus nicht zu sehen gewesen war. Auf Augenhöhe war ein kleines Guckloch angebracht. Ich klopfte und wartete.
    Ich hörte, wie ein Riegel zurückgeschoben wurde, dann öffnete sich die Tür. Es war Washio. «Du bist früh dran», sagte er.
    Ich zuckte die Achseln. Ich treffe nur selten Verabredungen. Ich möchte zeitlich und räumlich unberechenbar bleiben. Die wenigen Male, wo ich keine andere Wahl habe, komme ich gerne vor der verabredeten Zeit und sehe mich um. Wenn jemand für mich eine Überraschungsparty geplant hat, bin ich schon da, bevor die Musiker ihre Instrumente auspacken.
    Ich schaute ins Innere. Vor mir lag ein düsterer Raum, in dem etliche Betonpfeiler gleichmäßig verteilt waren. Von der gut acht Meter hohen Decke hingen Glühlampen herab, die Birnen mit Drahtgeflecht geschützt. An allen vier Wänden waren Pappkartons gestapelt. An einer Seite standen zwei Gabelstapler, die in dieser Halle wie Spielzeug wirkten. Zwei Typen in schwarzen T-Shirts stellten Klappstühle auf. Ansonsten war kein Mensch zu sehen.
    Ich sah Washio an. «Ist das ein Problem?»
    Er zuckte die Achseln. «Nein. Die Leute kommen sowieso bald.»
    Ich trat ein. «Machst du den Türsteher?»
    Er nickte. «Wen ich nicht kenne, der kommt nicht rein.»
    «Wer kämpft denn heute?»
    «Keine Ahnung. Ich sorge nur für den geregelten Ablauf, aber ich organisiere die Kämpfe nicht.»
    Ich lächelte ihn an. «Schon mal selbst mitgemacht?»
    Er lachte. «Nein. Für den

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