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Tokio Killer - 02 - Die Rache

Tokio Killer - 02 - Die Rache

Titel: Tokio Killer - 02 - Die Rache Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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schon getan. Dass dies nicht der Fall war, machte sie zu meiner Komplizin, schuf ein gemeinsames Geheimnis. Etwas, worauf ich aufbauen konnte.
    Yukiko nahm einen Waschlappen und wischte damit Murakamis Hände ab, so lässig wie ein Dompteur einen Löwen krault. Naomi reichte mir meinen.
    «Arai-san ist ein Freund von mir», sagte Murakami mit Blick auf mich und die Frauen, unecht weiß lächelnd. «Bitte seid nett zu ihm.»
    Yukiko lächelte mir tief in die Augen, als wollte sie sagen: Wenn wir alleine wären, würde ich mich ja sooooo gut um dich kümmern. Am Rande meines Gesichtsfeldes nahm ich wahr, dass Murakami den Blick bemerkte und die Stirn runzelte.
    Ich würde mich hüten, diesen Dreckskerl eifersüchtig zu machen, dachte ich und stellte mir Harry dabei vor.
    Die Kellnerin kam und brachte unsere Drinks. Murakami leerte sein Glas in einem Zug. Yukiko tat es ihm gleich.
    «Iiyo», knurrte Murakami. Gut. Yukiko setzte ihr Glas mit geübter Geziertheit ab. Murakami sah sie an. Sie erwiderte den Blick mit einer fast theatralischen Nonchalance. Der Blick dauerte sehr lange. Dann grinste er und packte ihre Hand.
    «Okawari», rief er der Kellnerin zu. Noch zweimal das Gleiche. Er zog Yukiko hoch und weg vom Tisch. Ich sah ihm nach, wie er sie zu einem Raum neben einer der Tanzbühnen führte.
    «Was haben die vor?», fragte ich Naomi auf Japanisch.
    Sie sah mich an. Argwöhnisch, dachte ich.
    «Lapdance», sagte sie.
    «Die beiden scheinen sich gut zu kennen.»
    «Ja.»
    Ich schaute mich um. An den Nebentischen drängten sich japanische Männer im üblichen Sarariman -Outfit. Trotz des Geräuschpegels im Raum waren sie zu nah, als dass wir uns ungestört hätten unterhalten können.
    Ich beugte mich näher zu Naomi. «Ich hatte nicht erwartet, dass ich noch mal herkomme», sagte ich leise.
    Sie fuhr leicht zusammen. «Ich freue mich, dass Sie wieder hier sind.»
    Ich wusste nicht, wie ich mir den Widerspruch zwischen ihrer Reaktion und ihren Worten erklären sollte. «Sie haben bestimmt viele Fragen an mich», sagte ich.
    Sie schüttelte den Kopf. «Ich möchte nur, dass Sie sich heute Abend amüsieren.»
    «Ich glaube, ich weiß, warum Sie sich so verhalten», setzte ich an.
    Sie hob jäh die Hand, um mich zu unterbrechen. «Wie wär’s mit einem Lapdance?», fragte sie. Ihr Tonfall klang verlockend, aber ihre Augen waren irgendwo zwischen eindringlich und erbost.
    Ich sah sie an, versuchte abzuschätzen, was sie vorhatte, und sagte schließlich: «Gern.»
    Wie gingen in denselben Raum, in den Murakami und Yukiko kurz zuvor verschwunden waren. Ein weiterer Nigerianer wartete direkt hinter der Eingangstür. Er verbeugte sich und zog ein halbrundes Sofa mit hoher Rückenlehne beiseite. Dahinter kam ein passendes Gegenstück zum Vorschein. Wir traten in den kleinen Raum, der sich gebildet hatte, und der Nigerianer schob die vordere Hälfte hinter uns zu. Jetzt befanden wir uns in einem kreisrunden, plüschigen Séparée.
    Naomi deutete auf das gepolsterte Sofa. Ich setzte mich, sah ihr ins Gesicht.
    Sie trat zurück, die Augen auf meine gerichtet. Ihre Hände wanderten auf ihren Rücken, und ich hörte das Geräusch eines Reißverschlusses. Dann bewegte sie die rechte Hand zum linken Träger ihres Kleides und begann, ihn langsam über die glatte Haut ihrer Schulter zu schieben.
    Plötzlich vibrierte es in meiner Hosentasche.
    Verdammt. Harrys Detektor.
    Durchgehend, pulsierend, durchgehend. Was sowohl Audio als auch Video bedeutete.
    Ich hütete mich, mich umzublicken oder überhaupt irgendwas zu tun, das verdächtig wirken könnte. Ich öffnete den Mund, um etwas zu ihr zu sagen, etwas, das jeder andere begeisterte Gast sagen würde, der in den Genuss eines Lapdance kam. Doch sie zog ein Gesicht – halb wütend, halb verängstigt –, das mich innehalten ließ. Sie hob unauffällig einen Zeigefinger vom Träger ihres Kleides und zeigte zur Decke. Dann legte sie leicht den Kopf zur Seite und bewegte den Finger zum Ohr.
    Ich hatte verstanden. Wir wurden belauscht und beobachtet.
    Nicht bloß hier. Auch am Tisch. Deshalb waren ihre Reaktionen so eigenartig gewesen. Sie konnte mich dort nicht warnen.
    Und jetzt verstand ich auch, warum sie so böse dreingeblickt hatte. War ich bloß der amerikanische Wirtschaftsprüfer, für den ich mich ausgegeben hatte, oder zumindest ein neutraler Unbeteiligter? Falls ja, wäre Schweigen die sicherste Strategie. Steckte ich mit Murakami, der ihr Angst einflößte, unter einer

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