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Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen

Titel: Tokio Killer 04 - Tödliches Gewissen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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abseits. Ich registrierte ihn am Rande meines Gesichtsfeldes, ließ mir aber nicht anmerken, dass ich ihn wahrgenommen hatte. Ich war mir einigermaßen sicher, dass er mich nicht bemerkt hatte. Es wimmelte nur so von Shoppern und Speisenden, sodass ich ausreichend Deckung hatte. Ich rief Dox an. »Ich bin wieder an ihnen dran. Sie sind im Ayala Center, sozusagen direkt gegenüber von dir. Du kannst zu Fuß kommen, es sind keine fünf Minuten.«
    »Bin schon unterwegs.«
    »Melde dich über Funk, wenn du hier bist.«
    »Alles klar.«
    Ich holte mir an einer der Theken einen Kaffee und setzte mich an einen Tisch auf der anderen Seite des Food Court. Nach ein paar Minuten hörte ich Dox.
    »Ich bin da«, sagte er. »Atrium, Erdgeschoss. Wo bist du?«
    »Ein Imbiss namens Glorietta Food Choices, zweiter Stock. Ein Stockwerk unter dem Cineplex, neben einer Videospielhalle. Ich sitze an den Fenstern, die von den Rolltreppen am weitesten entfernt sind. Unser Freund sitzt drei Meter von der Rolltreppe entfernt und isst zu Mittag. Wenn du hochkommst, geh gleich nach links, dann sieht er dich nicht. Dann halt dich am Rand, bis du alle lokalisiert hast. Nicht, dass er dich vom Hotel her wiedererkennt.«
    »Alles klar.«
    Eine Minute später sah ich Dox hereinkommen. Er ging in einem großen Bogen, wie ich gesagt hatte, sodass sich genug Gäste zwischen ihm und unseren Akteuren befanden. Ich sah, wie seine Augen an mir vorbeiglitten, ohne mit der Wimper zu zucken.
    Mir kam der Gedanke, dass Manny seit der Kirche nicht zum Klo gegangen war. Irgendwann, vielleicht nach dem Essen, so überlegte ich, würde die Natur ihr Recht einfordern. Der Bodyguard würde jeden in Augenschein nehmen, der nach ihm die Toilette betrat. Aber er würde nicht auf die Idee kommen, dass bereits jemand mit unfreundlichen Absichten darin sein könnte.
    Ich spürte, wie eine kleine Adrenalinwelle an Land spülte.
    »He«, sagte ich.
    »Ja.«
    »Auf dieser Etage ist eine Herrentoilette. Ich geh rein und warte da. Ich hab so das Gefühl, dass unser Freund nach dem Essen mal für kleine Jungs muss. Wenn wir Glück haben, kommt er allein.«
    »Ich halt dir den Rücken frei, Partner.«
    »Schön.«
    Restauranttoiletten sind insofern nett, als sie die letzten Ur banen Orte sind, die nicht von Kameras überwacht werden. Ich würde drinnen auf ihn warten, ihn von hinten packen und ihm das Genick brechen, und ich wäre wieder draußen, ehe er auf dem Boden aufschlug. In der Nähe der Toilette waren keine Kameras, sodass es keine Aufnahmen davon geben würde, wie ich hineinging und wieder herauskam. Es würde mindestens zwei, wahrscheinlich eher fünf Minuten dauern, bis jemand nach Manny sah, was Dox und mir genügend Zeit ließ, uns unbemerkt davonzumachen. Nicht ganz der Grad an Natürlichkeit, den sich die Israelis erhofften oder für den ich mich gern hätte bezahlen lassen, aber ich hielt ihn für ausreichend. Die Polizei ist unter Umständen so faul wie sonst wer, und für jemanden, dem vor Papierkram graut, wäre ein gebrochenes Genick leichter unter der Rubrik »Ausrutscher mit Todesfolge« oder »Unfall« abzuhaken als ein Einschussloch in der Stirn. Hauptsache, die Angelegenheit ließe sich nicht meinem Kunden ankreiden.
    Ich stellte mir vor, wie Mannys Familie wartete, dass er vom Klo zurückkam. Aus zwei Minuten werden drei, aus drei werden vier. Vielleicht witzeln sie, dass Daddy wohl ins Klo gefallen sei. Die Frau geht zur Tür und ruft nach ihm. Sie kriegt keine Antwort. Sie ist verwirrt, womöglich ein wenig beunruhigt. Sie steckt den Kopf hinein und sieht Manny auf dem Boden liegen, den Kopf in einem unmöglichen Winkel. Sie schreit. Der Junge kommt angerannt. Er bleibt am Bein seiner Mutter stehen und blickt durch die Tür, die seine Mutter ein Stück aufhält. Das Bild brennt sich ihm ins Gehirn und lässt ihn nie, nie wieder los.
    Ich hörte Dox' Stimme im Ohrhörer: »Alles in Ordnung, Partner?«
    Ich ließ den Blick durch das Restaurant schweifen. »Ja, alles prima. Wieso?«
    »Du hast eben ein bisschen panisch ausgesehen. Ich dachte, du hättest vielleicht was bemerkt, was mir entgangen ist.«
    »Mir geht's gut.«
    »Also, du kriegst Gesellschaft, kommt von hinten auf dich zu. Ich dachte, ich sag dir vorsichtshalber Bescheid."
    "Was für Gesellschaft?«
    »Die Sorte, deren Anzugjacke auf dem Rücken ausgebeult ist.«
    »Bodyguard?"
    "Ganz genau.«
    Ich fragte mich, wie er mit einer Knarre ins Einkaufszentrum gelangt war. Er musste eine

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