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Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung

Titel: Tokio Killer 06 - Letzte Vergeltung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Barry Eisler
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ihren Brillen, den Vergrößerungsgläsern und Präzisionswerkzeugen, die sie benutzten, um alle komplizierten Details genau richtig hinzukriegen …
    »Ich möchte, dass Sie für mich einen Auftrag erledigen«, sagte Hilger schließlich. »Genauer gesagt, drei Aufträge. Erledigen Sie sie, bleibt Dox am Leben. Erledigen Sie sie nicht, stirbt er.«
    »Holen Sie ihn ans Telefon«, sagte ich möglichst beiläufig.
    Ich fragte mich, ob er ablehnen würde. Ich hätte das als dumm bewertet – ich würde rein gar nichts tun ohne einen »Lebensbeweis«, wie es in der Kidnappingbranche heißt –, aber andererseits gibt man in der Verhandlungsphase nichts umsonst her. Hilger könnte mir ein paar Worte mit Dox erlauben wollen, als Zugeständnis. Er hatte das Ganze bisher sorgsam inszeniert; vielleicht würde er sie noch ein bisschen mehr inszenieren wollen.
    Aber nein. Er sagte bloß: »Moment.«
    Dreißig Sekunden später hörte ich Dox’ näselnden Bariton. »Hi, Partner.«
    Ich wollte ihn schon ermahnen, mich nicht so zu nennen, weil Hilger nicht denken sollte, wir hätten engen Kontakt. Aber er fuhr fort: »Nur damit du’s weißt, die vier Jungs hier hören über die Freisprechfunktion mit.«
    Freisprechfunktion. Das hätte ich mir denken können, und es war clever von Dox, mich drauf hinzuweisen. Es war ebenfalls clever, mir nebenbei zu verraten, wie viele es waren. Hilger war das vielleicht gar nicht unlieb; er hoffte vermutlich, dass mich die Zahl einschüchtern würde.
    In Dox’ Stimme schwang eine Niedergeschlagenheit mit, die nichts mehr mit dem vor Selbstbewusstsein strotzenden Charakter zu tun hatte, den ich irgendwann akzeptiert und schließlich ins Herz geschlossen hatte. Wieder drohte eine Flut von Emotionen mich zu überschwemmen: Erleichterung, dass er am Leben war, Sorge, was als Nächstes passieren könnte, Zorn, dass er sich hatte schnappen lassen. Ich schob alles mühsam beiseite und spürte dann, wie der tiefe, eiskalte Teil von mir aufstieg und durch die Oberfläche brach, um die Kontrolle zu übernehmen. Und das Gefühl, das zusammen mit ihm kam, war pure Erleichterung. Endlich ein Grund für meine Angst. Ein Grund, nicht gegen das Wesen in mir anzukämpfen.
    »Alles in Ordnung mit dir?«, fragte ich.
    »Ich lebe. Ich schätze, das sollte unser Gespräch beweisen.«
    »Weißt du, wo du bist?«
    »Auf einem Boot. Ich wünschte, ich könnte dir mehr sagen.«
    Dann war er weg, und Hilger war wieder am Apparat. »Wir benutzen das Bulletin Board«, sagte er.
    Die Plötzlichkeit, mit der er den Hörer wieder an sich gerissen hatte, verriet mir, dass er befürchtet hatte, Dox könnte mir mehr erzählen, irgendetwas Nützliches. Aber was?
    »Nein«, erwiderte ich. »Was Sie mir zu sagen haben, können Sie mir ins Gesicht sagen.«
    »Nein. Wir machen es so, wie ich will, oder …«
    »Oder Sie können sich zum Teufel scheren.« Und ich legte auf.
    Genauer gesagt, der Eismann legte auf. Der Eismann wusste, dass ich, wenn ich nicht schon ganz früh ein gewisses Maß an Kontrolle herstellte, immer nur reagieren würde, immer nur versuchen würde aufzuholen, bei jedem Schritt, bis Dox schließlich, egal wie verzweifelt meine Anstrengungen auch waren, tot wäre und ich vermutlich auch.
    Ich sah wieder auf die Grande Taille, beobachtete den gleichmäßig dahingleitenden Sekundenzeiger. Ich konnte meinen regelmäßigen Herzschlag spüren, mein Puls nur geringfügig höher als normal. Ich war in mir selbst, schwebte irgendwo, an einem Ort, den nur ich kannte, losgelöst, abgeschnitten von der Welt.
    Der Sekundenzeiger setzte seinen langsamen Weg fort. Eine Umdrehung. Zwei. Noch eine. Die Straße war verschwunden. Ich konzentrierte mich ausschließlich auf die Bewegung auf dem Zifferblatt.
    Der Sekundenzeiger begann seine fünfte Runde, als das Handy summte. Ich sah Dox’ Nummer auf dem Bildschirm und ging ran.
    Hilger sagte: »Sie können von Glück sagen, dass Ihre Nummer hier in der Anruferkennung gespeichert wurde. Sonst wäre Ihr Freund jetzt schon tot. Jetzt spitzen Sie die Ohren, ich möchte, dass Sie sich was anhören.«
    Im Hintergrund fing Dox an zu schreien. Ich hielt das Handy weit vom Ohr weg und sah wieder auf die Uhr.
    Was immer sie da mit ihm anstellten, es dauerte zehn Sekunden. Dann verstummte das Schreien. Hilger sagte: »Ich hoffe, Sie tun ihm das nicht noch einmal an.«
    »Wo sollen wir uns treffen?«, sagte ich, mit einer Stimme glatt wie Eis.
    »Wir treffen uns gar nicht. Ich hab doch schon

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