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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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entlocken, aber sie war entweder gewarnt worden oder hatte Angst – vielleicht auch beides. Auf jeden Fall kam ich nicht wirklich weiter, und langsam ging mir das Geld aus. Zwei Stunden und 20 000 Yen (200 Dollar) später war Kiki zwar stark betrunken, schwieg aber immer noch, zumindest bezüglich der Sache, die ich von ihr wissen wollte. Sie konnte kaum noch aufrecht sitzen. Also stützte ich sie und begann ihre Schultern zu massieren.
    »Du massierst großartig. Wo hast du das gelernt?«
    »An einer schwedischen Massageschule.«
    Sie lachte. »Du Lügner, aber mach weiter.«
    Also massierte ich ihr den Nacken und fünf Minuten lang die
Hände. Dann hörte ich auf und sagte: »Kiki, ich muss jetzt nach Hause.«
    Sie legte den Kopf auf meinen Schoß und schaute zu mir hoch. »Geh bitte nicht.«
    »Ich muss noch Berichte schreiben. Wenn du mich nach der Arbeit anrufst, dann komme ich zu dir und verpasse dir eine Ganzkörpermassage.«
    Sie hob die Augenbrauen. »Eine Ganzkörpermassage? Okay, du bist gebucht.«
    Und tatsächlich rief sie mich um drei Uhr morgens total betrunken an und wollte massiert werden. Also fuhr ich wieder in den »Dispario-Club«, dann gingen wir in ein Liebeshotel. Kaum waren wir im Zimmer, da streifte sie die Kleider ab, sprang aufs Bett, atmete aus und seufzte: »Ich bin so müde. Massier mich!«
    Das tat ich etwa 20 Minuten lang, für sie gerade lange genug, um sich zu entspannen, aber nicht, um einzuschlafen. Eine gute Massage soll eigentlich nicht sexuell erregen, aber ich verabreichte ihr keine gute Massage, denn ich wollte sie erregen, und es klappte.
    Plötzlich drehte sie sich um und meinte: »Das tut so gut, du darfst mich jetzt ficken.«
    »Ich will dich nicht ficken. Ich habe wirklich andere Dinge im Kopf.«
    »Was denn?«
    »Ich brauche zum Beispiel Viktors Telefonnummer.«
    »Warum willst du die verdammte Nummer?«
    »Weil er mir Geld schuldet.«
    Das schien ihr einzuleuchten. Sie zog eine Grimasse, gab mir aber dann die Nummer, die ich schnell notierte.
    »Jetzt darfst du mich ficken«, sagte sie.
    »Ich verlange nichts für die Massage, aber ich müsste etwas für ein gutes Ende verlangen.«
    Sie setzte sich auf und starrte mich an. »Was?«
    »Ich habe gesagt, dass ich dich nicht ficken werde, aber ich kann es dir trotzdem besorgen. Allerdings gehört das nicht zu einer normalen Massage, deshalb musst du dafür zahlen.«
    Sie lachte, griff nach ihrem Kleid auf dem Stuhl, zog ein Bündel 10 000-Yen-Scheine heraus und warf es mir zu. »Hier ist dein Geld, du gieriger Junge. Und jetzt besorg’s mir.«
    Also brachte ich sie mit meinen Fingern zum Orgasmus.
    Danach erlosch sie wie ein Licht. Ich deckte sie zu, legte ihre Kleider zusammen und sammelte die Geldscheine auf. Vielleicht hätte ich unter anderen Umständen an Sex mit ihr gedacht. Hätte ich die Nummer nicht bekommen und davon ausgehen können, dass Sex sie gesprächig machen würde, dann hätte ich es getan. Eine Sekunde lang war ich über mich selbst überrascht. Wahrscheinlich hätte ich danach ein schlechtes Gewissen gehabt, aber ich hätte es wohl getan.
    Wie dem auch sei, jetzt hatte ich, was ich wollte, und war zufrieden. Ich beschloss, nach Hause zu fahren und nach Beni und Sunao zu schauen, ehe ich zur Arbeit fuhr. Vielleicht konnten wir noch zusammen frühstücken. Als ich dem Taxifahrer allerdings das Ziel nannte, gab ich die Zentrale der Tokioter Polizei an. Das merkte ich jedoch erst, als wir schon dort waren, und dann hatte ich keine Lust mehr, noch einmal wegzufahren.
    Damals fühlte ich mich im Presseclub fast mehr zu Hause als zu Hause. Und wenigstens würde ich hier niemanden aufwecken. Also fuhr ich mit dem Aufzug in den Presseclub, holte Kleider aus meinem Spind, duschte und legte mich zufrieden in den Ruheraum.
    Slicks Nummer kannte ich bereits vom Fall Lucie Blackman her. Doch bevor ich ihn interviewte, wollte ich erreichen, dass er sich irgendwie selbst belastete. Daher ließ ich eines der Barmädchen aus dem »Dispario« bei ihm anrufen. Dies ist ein Protokoll der Tonbandaufnahme:
    »Hallo. Spreche ich mit Slick?«
    »Ja, hier ist Slick.«
    »Mein Name ist Cindy Semenara. Ich suche einen Job als Hostess oder Begleitdame. Eine Freundin hat mir geraten, Sie anzurufen.«
    »Wenn Sie mit mir reden wollen, dann kommen Sie her. Woher sind Sie?«
    »Ich bin aus Kanada.«
    »Okay.«
    »Wohin soll ich denn kommen?«
    »Wo sind Sie jetzt?«
    »Ich bin in Roppongi. Was für Jobs haben Sie denn

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