Tokio Vice
Kredithaie. Da die Yakuza-Leute den größten Teil ihres Geldes mit kriminellen Geschäften verdienen, ist es zumindest recht wahrscheinlich, dass das Honorar, das die UCLA von mindestens einem der vier behandelten Männer mit Yakuza-Kontakten erhielt, teilweise aus illegalen Aktivitäten in Japan stammte. Meines Wissens wurde gegen keinen dieser Männer wegen Geldwäsche ermittelt. Jede Ermittlung würde natürlich die Unterstützung der japanischen Behörden voraussetzen. Es bleibt also die Frage, ob die UCLA überhaupt wusste, dass sie Yakuza-Mitglieder behandelte (soviel ich weiß, hat sie es nie abgestritten, sondern nur betont, sie fälle kein moralisches Urteil über ihre Patienten), und ob sie wusste, dass irgendwelche Zahlungen (einschließlich Spenden) möglicherweise aus kriminellen Aktivitäten stammten. Ich wüsste gerne die Antwort darauf.
Die Reaktion auf die Textsammlung war heftig. Suzuki bekam alle Telefonanrufe und Drohungen ab. Ich glaube, ich hatte Glück, mich nicht darum kümmern zu müssen. Das Buch wurde von einigen Stellen zur Kenntnis genommen und rezensiert. Shukan Jitsuwa , ein Yomiuri-Fanmagazin, veröffentlichte einen Artikel über das Buch und mich. Man warf mir vor, ein CIA-Agent zu sein, eine Schachfigur der CIA oder möglicherweise Teil einer internationalen jüdischen Verschwörung oder aber ein publicitygeiler, blöder Amerikaner, der keine Ahnung davon hatte, wie großartig die Yakuza war und wie viel sie für die japanische Gesellschaft tat.
Ohne mein Wissen stellte Mochizukis Blutsbruder, der immer noch in der Organisation war, als der Sammelband erschien, 24 Stunden am Tag vier Autos in meiner Nähe ab. Das war eine Warnung an die Goto-gumi: Ich stand unter dem Schutz einer anderen kriminellen Gruppe. Obwohl ich nicht darum gebeten hatte, war ich froh darüber. Er hatte auch nicht gefragt, ob das in Ordnung sei, da er wusste, dass ich Nein gesagt hätte. Denn ich wollte unbedingt vermeiden, irgendeiner japanischen Mafiagruppe etwas zu schulden. Aber nun war es so und ich musste dem Mann dankbar dafür sein, dass er für mich seinen Hals riskierte.
Leider hatte das Ganze noch eine bedauerliche Folge. Kodansha International zog das Buch zurück. Man hatte die Risiken einer Veröffentlichung geprüft, und das Ergebnis war nicht gut ausgefallen.
Um den 14. Oktober wurde Goto schließlich offiziell aus der Yamaguchi-gumi ausgeschlossen. Wer mag da noch behaupten, Bücher seien wirkungslos? Offiziell hieß es, der reichste und einflussreichste Yakuza des Landes sei ausgeschlossen worden, weil er lieber Partys gefeiert habe, statt seine Pflicht zu erfüllen. Doch die Polizei versicherte mir, dass die Veröffentlichung des Heisei Nihon Taboo Daizen 2008 der ausschlaggebende Grund gewesen sei. Man riet mir daher auch, mich eine Weile möglichst ruhig zu verhalten.
Einige von Gotos Helfershelfern wurden ebenfalls für immer oder zeitweise hinausgeworfen. Die Goto-gumi wurde in zwei Familien aufgeteilt, und Goto war damit kein Gangsterboss mehr, nur ein ehemaliger Gangsterboss. Das war ein großer Tag für mich. Ich erhielt Glückwünsche von Polizisten, Freunden, Kollegen und Informanten.
Am 15. nahm ich den Telefonhörer ab und hörte eine Stimme, die mich sprachlos machte. Ich hatte sie schon einmal gehört, auf einer DVD über eine Yamaguchi-gumi-Zeremonie. Aber ich hätte nie erwartet, von einem so ranghohen Mafioso angerufen zu werden. Nachdem er seinen Namen genannt hatte, kam er sofort zur Sache.
»Danke, dass Sie uns auf die Angelegenheit aufmerksam gemacht haben. Ich glaube, wir haben sie zufriedenstellend gelöst. Wir wissen Ihre harte Arbeit zu schätzen.«
Dann hängte er auf.
Ich habe keine Ahnung, woher er meine Nummer hatte.
Epilog
Jetzt blieb mir nur noch eines zu tun.
Ich vereinbarte ein Treffen in Hongkong mit Zyklop, dem Mann, der mich auf Gotos Spur gebracht hatte. Er war in der Organisation in Ungnade gefallen und sehr schwer aufzuspüren. Sein Vater half mir dabei. Zyklop machte mich zum Teil für den Ärger verantwortlich, den er sich eingebrockt hatte. Dennoch war er bereit, mit mir zu reden. Vielleicht fühlte er sich immer noch ein wenig dazu verpflichtet. Wir trafen uns im internationalen Flughafen, mir war es lieber, auf sicherem Gelände zu sein, denn ich traute ihm nicht. Dafür hatte ich auch meine Gründe. Ich wollte von ihm nur eine Sache wissen: Hatte er mich ganz gezielt mit Informationen versorgt? War das Ganze eine Falle gewesen? Diese
Weitere Kostenlose Bücher