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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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Subtilitäten verstehe ich nicht. Was genau wollen Sie damit sagen?«
    »Ich kann Ihnen 300 000 Dollar anbieten, wenn Sie den Artikel nicht schreiben. Ich brauche nur den Namen Ihrer Bank und Ihre Kontonummer. Dann haben Sie das Geld morgen.«
    »Das kann ich leider nicht annehmen.«
    »Ich kann Ihnen innerhalb einer Woche eine halbe Million besorgen. Aber ich muss die Summe dann auf zwei verschiedene Konten überweisen. Sie können problemlos ein zweites Konto eröffnen, wenn Sie noch keines haben.«
    »Vielen Dank, aber es geht mir nicht um den Betrag. Ich werde Sie auf dem Laufenden halten.«
    »Nun, ich denke nicht, dass das eine kluge Entscheidung ist. Sie können doch erreichen, was Sie meiner Ansicht nach erreichen wollen, und dann als reicher Mann ein neues Leben beginnen.«
    »Ich liebe mein Leben, wie es ist. Aber ich weiß Ihr Angebot zu schätzen und fühle mich geehrt. Doch ich muss es ablehnen.«
    »Bitte halten Sie mich auf dem Laufenden.«
    Ich versprach es.
    Ich würde lügen, wenn ich bestreiten würde, dass ich versucht war, das Geld anzunehmen und abzuhauen. Aber dann wäre ich erpressbar gewesen.
    Bevor der Artikel erschien, schickte ich eine Kopie an die Yomiuri . Ich hielt das für anständig, aber er wurde ignoriert, genau wie von den anderen Zeitungen in Japan auch. Ich war mir ziemlich sicher gewesen, dass es so kommen würde.
    Darum hatte ich bereits mit der Los Angeles Times gesprochen, noch ehe der Artikel für die Washington Post fertig war. Ich hatte im Mai John Glionna, den Bürochef in San Francisco, während seines Aufenthalts in Japan getroffen, und er hatte sofort eine gute Story gewittert. Wochenlang arbeitete ich mit ihm und Charles Ornstein zusammen. Die Washington Post hatte die UCLA nicht erwähnt, und darüber waren sie sehr erfreut. Es war ihre Schlagzeile am 31. Mai. Diesmal konnten die japanischen Medien die Sache nicht unter den Teppich kehren, obwohl einige es versuchten. Aber fast jede Zeitung, die darüber berichtete, hatte kalte Füße und formulierte es in der Art: »Einem Artikel in der Los Angeles Times zufolge ...« Das ist eine beliebte Vorgehensweise in Japan, wenn man schwierige Nachrichten veröffentlichen muss: Die anderen sind schuld. Wir haben das nicht gesagt – es war die Los Angeles Times ! Ich fand keinen einzigen Artikel, in dem jemand versucht hätte, den Sachverhalt selbst zu
verifizieren oder gar tiefer zu schürfen.
    Die Story war somit draußen, aber das schien Goto nicht wirklich zu berühren. Ich weiß nicht, wie er sich aus der Sache herausredete, aber der Artikel hatte keine erkennbaren Folgen. Allerdings schlief ich jetzt erheblich besser. Nun war ich ein klar erkennbares Ziel, und gerade das machte es viel unwahrscheinlicher, dass Goto mich auslöschen oder einen meiner Freunde behelligen würde. Aber wenn ich Goto wirklich stürzen wollte, musste ich wohl alles bis ins kleinste Detail erforschen und auf Japanisch schreiben.
    Tomohiko Suzuki, ein guter Freund und ehemaliger Redakteur einer Zeitschrift für Yakuza-Fans, fragte mich, ob ich ein Kapitel für einen Sammelband mit »gefährlichen Geschichten und Nachrichten« für den Takarajima-Verlag schreiben wolle. Ich fragte, ob wir es gemeinsam schreiben könnten. Das war eine ganz schöne Zumutung, weil er die Goto-gumi dann auch gegen sich aufbringen würde. Aber er schreckte nicht davor zurück, warnte mich aber vor dem enormen Risiko. Als ich erklärte, dass ich bereit sei, das Risiko auf mich zu nehmen, riet er mir, einen Mann namens Teruo Mochizuki als Leibwächter zu engagieren. Ich kannte diesen Mann. Er war ein guter Freund von Yasunobu Endo gewesen, dem Yakuza-Chef, den Gen Sekine in den Neunzigerjahren ermordet hatte. Sie gehörten nicht derselben Clique an, aber manchmal schlossen Yakuza Freundschaften jenseits der Grenzen ihrer Gruppe. Ein Mitglied der Sumiyo Shikai konnte der »Blutsbruder« eines Inagawakai-Yakuza sein. So war es bei Mochizuki und Endo gewesen. Wichtig war, dass wir einander kannten. Ich fragte Suzuki, warum Mochizuki dazu bereit sei.
    »Er ist kein Yakuza mehr. Er ist voriges Jahr ausgestiegen. Aber er ist der perfekte Bodyguard und Fahrer. Ein guter Mann.«
    »Ja, ich kenne ihn. Aber er war doch ein Gangsterboss, und so viel ich weiß, arbeiteten 100 Leute für ihn.«
    »Stimmt.«
    »Dann wäre es doch ein Abstieg, wenn er für mich arbeiten würde.«
    »Das schon, aber ein Yakuza mit neun Fingern und einer Ganzkörpertätowierung kann nicht wählerisch

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