Tokio Vice
Koreanern, denen nichts Nettes über Japan einfällt. Koreaner beklagen immer noch, dass die Japaner ihr Land besetzt, seine Einwohner versklavt, Frauen vergewaltigt, Sprache und Kultur verboten, biologische Experimente mit Kriegsgefangenen gemacht und Tausende von Koreanern entführt und nach Japan verschifft haben, wo sie in Fabriken schuften mussten. Und die Stoßrichtung dieses Buches ist klar: Sagt diesen jämmerlichen Koreanern, dass sie aufhören sollen zu übertreiben und den Mund halten sollen.
Das Buch hatte allerdings eine unerwartete Nebenwirkung: Dadurch, dass es um die Vorwürfe der Koreaner ging, wurden die Menschen auf die unrühmliche Vergangenheit der japanisch-koreanischen Beziehungen aufmerksam, ein Thema, das das japanische Kultusministerium in den öffentlichen Schulen nicht behandeln ließ. Nach dem Motto: Wer die Geschichte nicht kennt, braucht sich auch nicht zu entschuldigen.
Auf dem zweiten Platz der Bestsellerliste stand Kabu no zeikin , ein Handbuch für Steuerzahler, die Aktien besitzen oder verkaufen. Den dritten Platz eroberte ein Handbuch für künftige Hausbesitzer. In einem Land, in dem Grundstücke knapp und Mieten hoch sind, träumen die Menschen davon, als Vermieter reich zu werden. Allerdings ist der Mieterschutz in Japan sehr streng. Wahrscheinlich ist dieses Buch deshalb so gefragt.
Platz vier belegte Das Handbuch für den perfekten Selbstmord , das jedes Jahr auf der Liste erscheint. Und der Titel ist wirklich ernst gemeint. Mehr dazu später.
An fünfter Stelle stand Das Handbuch des Superorgasmus durch Fellatio und Cunnilingus – mit über 400 Fotos . Da die Japaner sehr an Sex interessiert und Perfektionisten sind, ist dieses Buch im ganzen Land weit verbreitet. Dass dieses Buch sich so gut verkauft, sagt einiges über die japanische Einstellung zum Sex aus: Sie ist positiv, begeistert, klinisch und ernsthaft. Männer wie Frauen wollen ihre »Technik« verbessern oder mit Hilfe von Lehrbüchern ihr Wissen erweitern.
Nummer sechs war The Advanced Cardiac Life Support Provider Manual – ein Handbuch über Herzgesundheit, das von der amerikanischen Herzgesellschaft herausgegeben und ins Japanische übersetzt wurde. Ich vermute, dass viele Leute, die Nummer fünf kauften, auch Nummer sechs erwarben.
An siebter Stelle stand Das Handbuch des Vorspiels . Dass dieses Buch auf Platz sieben stand und nicht auf Platz fünf, verrät wohl, dass die meisten Japaner die Grundlagen des Liebesspiels schon beherrschen.
Nummer acht war ein Buch für Ingenieure, die eine wirklich schwierige Prüfung bestehen wollten. Da ich schon vom Titel Kopfweh bekomme, möchte ich ihn hier gar nicht erst erwähnen, sondern nur darauf hinweisen, dass viele Japaner sich sehr für Technik und technische Berufe interessieren.
Auf dem neunten Platz landete Der gefragte Mann (Wie man Mädchen betört): Ein Handbuch der 40 (Techniken). Was Frauen im tiefsten Herzen wirklich von Männern wollen. Dieses Buch wurde 2003 zum ersten Mal veröffentlicht und ist ein bewährter Bestseller.
Nummer zehn: Das unentbehrliche Handbuch für die Hochschuleignungsprüfung . In Japan bestimmt die Universität, von der man aufgenommen wird, das ganze restliche Leben. Das Abschlussdiplom ist dabei gar nicht so entscheidend, auch wenn ein vorzeitiges Ausscheiden sich natürlich ungünstig im Lebenslauf macht. Aber wer die Aufnahmeprüfung zu einer angesehenen Universität schafft, hat fast schon die wichtigste Schlacht im Kampf um einen guten Arbeitsplatz gewonnen. Deshalb ist diese Prüfung für die meisten Japaner außerordentlich wichtig. Der Umstand, dass dieses Buch auf der Liste nicht weiter oben steht, spiegelt die gesellschaftliche Umstrukturierung und die sinkende Geburtenrate wider, vielleicht auch die allgemeine Verdummung der japanischen Jugendlichen. Würde man den Titel ändern, beispielsweise in Das unentbehrliche Manga-Handbuch für die Hochschuleignungsprüfung , würden die Verkäufe möglicherweise alle Rekorde brechen.
Das waren also die zehn Bestseller vor einigen Jahren. Drei haben mit Sex zu tun, zwei mit Leben und Tod – ziemlich ausgewogen.
In meinem zweiten Jahr bei der Yomiuri bekam ich einen Einblick in die Wirkungsweise dieser Handbücher. Mein Beeper forderte mich auf, Takagi anzurufen, den Gerichtsmediziner der Mordkommission von Urawa.
»He, Jake, willst du etwas echt Gruseliges sehen?«
»Klar.«
»Aber keine Bilder.«
»Okay.«
»Und auch keine Namen.«
»Keine Namen?«
»Es
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