Tokio Vice
wenige Minuten nachdem ich im Studio gewesen war, angerufen, woraufhin ein Zeichner losgeschickt worden war, um von dem verdächtigen Freund Andys ein Phantombild anzufertigen. Mehrere Beamte wurden beauftragt, diesen Freund, einen möglichen Komplizen, aufzuspüren. Sie begannen daher damit, nach Spuren zu suchen, und zeigten den Leuten im Park das Phantombild. Weitere zwei Beamte überwachten das Fitnessstudio für den Fall, dass der Verdächtige zurückkommen sollte.
Ich erfuhr erst am nächsten Morgen von dem Ganzen. Gegen Mitternacht hatte Yokozawa, der Chef der Spurensicherung, die Phantomzeichnung zu Gesicht bekommen und mich erkannt. »Ihr Idioten«, schrie er seine Leute an, »das ist kein Iraner. Das ist der ausländische Yomiuri -Reporter, der sich wohl als Iraner ausgegeben hat.«
Yokozawa war stocksauer, und beinahe wäre ich von der Polizei sogar festgenommen worden. Schließlich erhielt Yamamoto einen unfreundlichen Telefonanruf und musste sich überschwänglich entschuldigen, wobei er sich sogar verbeugte. Freundlicherweise schnauzte er mich nicht an, sondern riet mir nur, Saeki und Yokozawa auf Knien um Vergebung zu bitten. Denn die Polizei hatte wegen mir einige Zeit vergeudet und mit mehreren Beamten ein Phantom gesucht.
Am nächsten Tag ging ich daher vor der Pressekonferenz zu Saeki und stotterte mit einem sehr mulmigen Gefühl im Magen eine Entschuldigung. Saeki war sehr verärgert und für eine Sekunde dachte ich, er werde mir eine Ohrfeige verpassen. Schweigend starrte er mich an, dann sagte er langsam: »Wissen Sie, Adelstein, am liebsten würde ich Sie wegen Behinderung der Ermittlungsarbeit in den Knast stecken. Aber weil Sie ein junger, grüner, ahnungsloser Barbar sind, lasse ich es Ihnen diesmal noch durchgehen. Aber tun Sie so etwas nie wieder.«
»Versprochen«, sagte ich und nutzte dann schamlos die Gelegenheit, um weitere Informationen zu erhalten. »Die Polizei scheint ja jeden Iraner in der Stadt festgenommen zu haben, sicher auch den gesuchten, oder?«
Meine Unverfrorenheit verblüffte Saeki. Er nahm die Brille ab, säuberte die Gläser mit einem Taschentuch und meinte dann: »Sie hatten anscheinend Erfolg als Iraner. Ich kann Ihnen nicht sagen, ob das stimmt, aber Sie sind nahe dran.« Dann lächelte er und setzte die Brille wieder auf. »Ich muss jetzt los. Seien Sie in Zukunft ein netter Junge und gehen Sie uns aus dem Weg.« Dann eilte er in den Konferenzraum im oberen Stockwerk.
Yokozawa traf ich im Erdgeschoss, wo er sich gerade eine Dose Apfelsaft aus dem Münzautomat holte. Als ich mich bei ihm entschuldigte, verbeugte ich mich so tief, dass meine Stirn den Boden berührte. Daraufhin tätschelte er mir den Kopf und sagte: »Entschuldigung angenommen. Aber versuchen Sie so etwas nie wieder. Ich werde schon dafür sorgen, dass Sie das Ganze nie vergessen.« Selbst heute noch, mehr als ein Jahrzehnt später, macht er jedes Mal, wenn wir uns begegnen, eine Anspielung auf meine iranische Herkunft.
Obwohl ich weiter an dem Fall arbeitete, hatten wir diesmal das Nachsehen. Eines Morgens druckten sowohl die Mainichi als auch die Sankei Artikel, die andeuteten, dass Abdul, der iranische Freund, der Mörder sei und bereits in Untersuchungshaft sitze. Für mich als Polizeireporter war das kein schöner Tag.
Ich werde wohl nie erfahren, ob meine kleine Maskerade im Fitnessclub schuld daran war, dass die Polizei uns die nötigen Informationen vorenthielt – aber vielleicht ist das auch besser so.
Begrabt mich in einer flachen
Grube – wenn die Yakuza kommen
Die Geschichte der Yakuza ist düster. Es gibt zwei Haupttypen: die tekiya , das sind im Wesentlichen Straßenhändler und kleine Trickbetrüger, und die bakuto , ursprünglich Spieler, aber heute auch Kredithaie, Schutzgelderpresser, Zuhälter und Firmenplünderer. Fast die Hälfte der Yakuza sind Japaner koreanischer Herkunft, und viele sind Kinder von Koreanern, die als Zwangsarbeiter nach Japan verschleppt wurden. Ein weiterer großer Teil besteht aus dowa , der ehemaligen Kaste der Unberührbaren, die Tiere schlachteten, Lederwaren herstellten und andere als unrein geltende Tätigkeiten ausübten. Obwohl das Kastensystem längst der Vergangenheit angehört, sind die Vorurteile gegenüber den dowa geblieben.
Es gibt 22 offiziell anerkannte Yakuza-Gruppen in Japan. Die großen drei sind die Sumiyoshi-kai mit 12 000 Mitgliedern, die Inagawa-kai mit 10 000 Mitgliedern und die Yamaguchi-gumi mit 40 000 Mitgliedern und
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