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Tokio Vice

Titel: Tokio Vice Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jake Adelstein
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anderen den Arm um die Schulter gelegt. Den Mann in der Mitte habe man gut sehen können, aber das
Gesicht des anderen sei nicht auf dem Foto gewesen.
    Die Polizei hatte den Geschäftsführer gefragt, ob er den Mann kenne, und er habe das bejaht. Den Rest des Gesprächs hatte Mindy nicht gehört. Aber der Mann war Obara.
    Die Yomiuri wollte natürlich mehr Informationen haben.
    Aber die waren nicht leicht zu bekommen. Die meisten Frauen mochten Reporter nicht. Eine sehr attraktive potenzielle Informantin nannte mich sogar »Arschloch«.
    Am Abend des 14. Oktobers probierte ich eine neue Taktik aus. Da ich als Kunde kaum weiterkam, brauchte ich jemanden, vor dem die Mädchen weniger Angst hatten. Darum rief ich Kristin an, ein großes, vollbusiges, blondes Mädchen aus Montana, und bat sie, mir zu helfen. Sie war mit meinem besten Freund aus College-Zeiten verheiratet und freute sich darauf, Detektivin spielen zu dürfen. Wir trafen uns noch am selben Abend in Roppongi nach dem Englischunterricht, den sie gab.
    Und so sah unser Plan aus: Kristin sollte sich als Hostess oder Stripperin bewerben, und ich würde ihren Freund spielen. Meinem Ressort bei der Zeitung ging langsam das Geld aus, aber wenn wir die Clubs besuchten, um »Vorstellungsgespräche« zu führen, dann brauchten wir nichts zu bezahlen und bekamen vielleicht trotzdem nützliche Informationen.
    Mindy saß allein an einem Tisch, als wir den »Seventh Heaven« betraten. Der Geschäftsführer ließ uns im Club warten, während er seinen Chef anrief. Sie suchten ständig neue großbusige, blonde Frauen, und Kristin entsprach genau den Anforderungen.
    Kaum hatten wir uns gesetzt, da kam Mindy zu uns und fragte mich: »Na, wer ist denn deine hübsche Freundin? Ich bin Mindy.«
    »Ich bin Kristin«, antwortete meine Begleiterin. »Ich möchte vielleicht hier arbeiten. Wie ist es denn so?«
    »Na ja«, meinte Mindy, »wenn du Männer magst, ist es ein guter Job. Gut bezahlt. Aber die ganze Zeit nur Männer, Männer, Männer. Mit der Zeit wird es etwas langweilig. Männer sind so hart, so kalt.«
    Während Mindy über die Kälte der Männer klagte, strichen ihre Hände über Kristins Knie und dann hinauf zu ihren Brüsten, die sie behutsam knetete. Dann beugte sie sich vor, und ihre Lippen näherten sich Kristins Hals. In diesem Moment zog ich hinten kräftig an Mindys BH und ließ ihn zurückschnappen. Sofort ließ sie von Kristin ab, die sich offenbar sehr unwohl fühlte.
    »Warum tust du das?« Mindy starrte mich an und schob schmollend die Unterlippe vor. »Ach so, du bist eifersüchtig. Du willst mich nicht mit deiner Freundin teilen. Na gut, dann mache ich für dich einen ganz besonders langen Privattanz, damit du weißt, dass du immer noch einen Platz in meinem Herzen hast.«
    »Heute Abend bin ich nicht wegen eines privaten Tanzes hier.«
    Mindy legte einen Arm um Kristins Schulter, spielte mit ihrem Haar und sagte: »Ich hätte auch nichts gegen einen Privattanz für eine Frau.« Kristin sah Mindy eine Sekunde lang an, dann musste sie lachen. Ich bot Mindy an, dass ich vier private Tänze bezahlen würde und sie einfach dasitzen und sich die Nägel anmalen dürfe, wenn sie mir Obaras Foto beschaffen könne. Ihre Augen leuchteten auf.
    Kirstin bemerkte, dass Mindy eine mit Diamanten besetzte Rolex
am Handgelenk trug. Die habe ihr ein Kunde geschenkt, erklärte Mindy.
    »Ihr glaubt gar nicht, was für ein Arschloch dieser Kerl ist. Nur weil er mir eine schicke kleine Armbanduhr geschenkt hat, glaubt er, dass dieser süße kleine Po ihm gehört. Da täuscht er sich aber gewaltig.«
    Mindy hatte schon einiges getrunken, bevor wir gekommen waren, und ich glaube, der Teil ihres Gehirns, der als Türsteher für ihren Mund diente, war längst eingeschlafen. Vielleicht lag es aber auch daran, dass Kristin da war, auf jeden Fall hielt sie uns einen Monolog über Hostessen und Stripperinnen und was die von ihren Kunden hielten. Das klang alles nicht sehr gut.
    Anschließend gingen Kristin und ich ins »Sports Café«. Black Jack, der nigerianische Türsteher, war mit Lucie befreundet gewesen und fragte mich jedes Mal, wenn ich an ihm vorbeiging, ob es etwas Neues gab. Er wusste, dass ich Reporter war, behielt es aber für sich. Black Jack gab mir ein paar Rabattkarten für den Club »Private Eyes«. Kristins Freundin Dorcy schloss sich uns an, und wir gingen alle hinein und bestellten Getränke.
    Dorcy ging zur Damentoilette ab, die sozusagen der Treff im Club war

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