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Tokio

Tokio

Titel: Tokio Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Hayder
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Sackgasse.«
    »Ich weiß nicht, warum Sie mir das alles erzählen. Es hat nichts mit mir zu tun.«
    Er nickte, als ob ich ausnahmsweise Recht hätte. »Abgesehen von der Tatsache, dass er, wenn er sich gut fühlt, manchmal die Tokioter Hostessenklubs besucht. Ja. Und einer der Nachtklubs, in denen er hin und wieder gesehen wird, ist just der Klub, in dem Sie arbeiten. Vielleicht erkennen Sie bereits, in welche Richtung meine Überlegungen gehen.«
    Ich starrte ihn an. Die Dinge wurden klarer. Shi Chongming sprach von Junzo Fuyuki.
    »Ja?«, fragte er mit listigem Unterton, als er meine überraschte Miene bemerkte. »Was ist? Bin ich Ihnen zu nahe getreten?«
    »Ich weiß, wen Sie meinen. Ich habe ihn kennen gelernt.
    Junzo Fuyuki.«
    Shi Chongmings Augen funkelten vor Erregung. »Sie haben
    ihn kennen gelernt«, sagte er und beugte sich leicht vor. »Mein Gefühl hat mich also nicht getrogen.«
    »Sitzt er im Rollstuhl?«
    »Ja.«
    »Professor Shi, Junzo Fuyuki ist ein Gangster. Wissen Sie das?«
    »Selbstverständlich. Das habe ich Ihnen ja zu sagen versucht. Er ist der Oyabun, der Pate der Fuyuki-Gumi.« Er griff nach seiner Tasse, nahm ein paar kleine Schlucke Tee und stellte sie wieder ab. Er schien sich zu seiner vollen Größe aufzurichten. »Also, meine Bitte an Sie ist folgende. Fuyuki amüsiert sich manchmal mit den Hostessen in den Nachtklubs. Gelegentlich gibt er Partys in seiner Wohnung, wo er zweifelsohne die Ingredienz aufbewahrt, über die wir sprechen. Er trinkt auch gern, und ich bin sicher,
    dass er sich manchmal eine Blöße gibt. Ich könnte mir vorstellen, dass er mit Ihnen reden würde. Sie könnten im Stande sein herauszufinden, um welchen Inhaltsstoff es sich handelt.«
    »Ich habe es bereits gesehen. Ich meine, ich habe ihn etwas einnehmen sehen. Etwas - eine ...«, ich hielt Daumen und Zeigefinger in einem Abstand von etwa zwei, drei Zentimetern, um die Größe der Phiole der Krankenschwester anzudeuten,
    »... eine Flüssigkeit, mit einem bräunlichen Pulver darin.«
    Shi Chongming sah mich durchdringend an und rieb sich die Lippen, als wären sie aufgesprungen. Schließlich sagte er gefasst: »Bräunlich?«
    »Haben Sie etwas anderes erwartet?«
    »Nein, nein, ganz im Gegenteil«, erwiderte er und nestelte ein Taschentuch aus seiner Jacke, um sich damit die Stirn abzuwischen. »Es ist genau das, was ich erwartet habe. Ein Pulver. Ein Absud.« Er tupfte sich noch einmal die Stirn ab und steckte das Taschentuch wieder ein. »Also ...«, fuhr er fort, und ich konnte sehen, dass es ihn sichtlich Mühe kostete, seine Stimme ruhig klingen zu lassen, »... also, dies ist der Punkt, an dem Sie mir helfen können. Ich muss wissen, was das für ein Pulver ist.«
    Ich antwortete nicht gleich und blieb vornübergebeugt sitzen, während ich mir durch den Kopf gehen ließ, was er da sagte. Eine Ewigkeit verstrich, bevor ich mich schließlich räusperte und antwortete: »Sie wollen damit also sagen, dass Sie mir als Gegenleistung dafür, dass ich herausfinde, woraus dieses Pulver besteht, den Film zeigen?«
    »Nehmen Sie es nicht zu sehr auf die leichte Schulter. Sie machen sich ja keinen Begriff davon, wie gefährlich die Sache ist. Wenn je jemand herausfindet oder auch nur vermutet, dass ich Nachforschungen anstelle ...« Er hielt warnend seinen Finger hoch. »Er darf um keinen Preis erfahren, dass ich Nachforschungen anstelle. Sie können ihn nicht direkt darauf ansprechen und müssen mit größter Dis
    kretion vorgehen, selbst wenn es Wochen oder gar Monate
    dauert.«
    »Danach habe ich nicht gefragt. Ich habe gefragt, ob Sie mir, wenn ich es tue, den Film zeigen?«
    »Werden Sie es tun?«
    »Werden Sie mir den Film zeigen?«
    Seine Miene blieb unverändert. Er musterte mich mit eisigem Blick.
    »Nun? Werden Sie mir den Fi...«
    »Ja«, sagte er abrupt. »Ja. Das werde ich.«
    Ich sah ihn mit offenem Mund an. »Das werden Sie?«
    »Ja.«
    »Dann gibt es den Film also«, sagte ich. »Er existiert. Ich habe ihn mir nicht nur eingebildet?«
    Er seufzte und massierte sich mit einer Hand resignierend die Schläfe. »Er existiert«, murmelte er. »Sie haben ihn sich nicht eingebildet.«
    Ich senkte eilig den Kopf, denn auf meinem Gesicht breitete sich ein triumphierendes Grinsen aus, und ich wollte nicht, dass er es sah. Meine Schultern bebten, und ich musste mir mit Daumen und Zeigefinger die Nase zuhalten und meinen Kopf schütteln, während die Erleichterung blubbernd in mir aufstieg wie

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