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Tolle Maenner

Tolle Maenner

Titel: Tolle Maenner Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Olivia Goldsmith
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Nachmittag grün und blau. Er legte die Hand ans Gesicht und setzte seinen Weg durch den Flur fort. Unterwegs schaute er in alle Büros. Zum Glück waren die meisten leer, sodass er ohne weitere Probleme zum Hauptraum gelangte, wo sämtliche Büros seiner Abteilung lagen. Ihm fiel die Filmszene aus Jerry Maguire wieder ein, in der Tom Cruise an seinem letzten Arbeitstag zum Aufzug geht und alle aufstehen und ihm nachsehen. Wenn ich nur auch weggehen könnte, dachte Jon. Er könnte ihnen entgegentreten und erklären, dass der Artikel, den
Tracie für die Zeitung geschrieben hatte, nicht seine Liebesphilosophie war, dass er mit all dem nichts zu tun hatte. Dann, so stellte er sich vor, würde einfach jeder wieder an seine Arbeit gehen und nie mehr einen Gedanken an die Sache verschwenden. Am Eingang zum großen Raum blieb er stehen. Jeder war mit seiner Arbeit beschäftigt, und niemand schaute zu ihm auf; sie taten das, was sie jeden Morgen taten, wenn er in die Firma kam. Könnte schlimmer sein, dachte er, als er sein Büro betrat.
    An diesem Tag wollte er die Tür hinter sich schließen, damit jeder, der zu ihm wollte, sich zuvor ankündigen lassen musste. Als er sich von der Tür zu seinem Schreibtisch wandte, entdeckte er erschrocken, dass Carole es sich in einem seiner Sitzsäcke bequem gemacht hatte.
    »Guten Morgen, Mr. Bad Boy«, sagte sie mit einem verlegenen Grinsen. »Du bist ja heute in aller Munde.«
    Mein Gott! Das konnte er jetzt wirklich nicht gebrauchen – nicht nach allem, was er schon durchgemacht hatte. »Guten Morgen«, sagte er ruhig und ging zu seinem Stuhl. »Kann ich dir irgendwie behilflich sein?«
    »Ich fliege heute wieder nach Hause und wollte dir nur sagen, dass es eine helle Freude war, das ›asexuelle Computeraas‹ von Seattle kennen gelernt zu haben.« Sie grinste erneut.
    »Ich hatte nicht -«, begann er, aber sie stand auf und legte den Finger an den Mund, um ihn zum Schweigen zu bringen.
    »Du brauchst mir nichts zu erklären, Jonny«, sagte sie pampig. »Ein Junge muss eben tun, was ein Junge tun muss. Du schaffst das schon.« Dann trat sie näher an seinen Schreibtisch und zeigte auf ein Memo. »Vielleicht hättest du doch mehr Zeit für Parsifal aufwenden sollen als für mich und all die anderen.«
    Jon schaute auf das Papier hinunter. Scheiße! Es war von Dave, seinem Abteilungsleiter. Er überflog den Inhalt und fand im zweiten Absatz in fett gedruckten Großbuchstaben das Wort Fehlschlag . Er stieß seinen Stuhl vom Schreibtisch ab, und Carole ging zur Tür. »Viel Glück«, sagte sie. »Vielleicht treffen wir uns ja mal wieder am Gepäckband B.«

    Endlich hatte er seinen Arbeitstag hinter sich. Jon verließ das Bürogebäude und ging zu seinem Fahrrad. Tracie stand daneben, die Hand auf dem Sattel. Als er sie sah, blieb er kurz stehen, machte kehrt und ging wieder auf den Eingang von Micro/Con zu. »Jon, bitte«, rief Tracie und lief ihm nach. »Lass es mich doch wenigstens erklären und mich bei dir entschuldigen.«
    Er schüttelte den Kopf. »Ich hätte nie gedacht, dass du so eine Lügnerin bist.«
    »Jon, ich schwöre dir, dass ich erst dein Einverständnis eingeholt hätte, bevor ich -«
    »Mein Einverständnis, mich zu demütigen?«, unterbrach er sie. »Ich glaube kaum, dass ich das erlaubt hätte, nicht einmal dir.«
    »Hör mir doch mal zu! Marcus hatte die Idee vor Monaten abgelehnt. Ich -«
    »Aber als er seine Meinung geändert hat, warst du gleich Feuer und Flamme, was?«
    »Marcus hat versprochen, die Geschichte nicht zu veröffentlichen …«
    »Für wen hältst du dich eigentlich?«, fragte er. »Was gibt dir das Recht, Gott zu spielen?« Er konnte einfach nicht fassen, wie herzlos sie gewesen war und dass sie ihn nur dazu benutzt hatte, um Phil näher zu kommen. Einen Moment lang war er so wütend, dass er schon fast nachvollziehen konnte, wie ein Mann eine Frau schlagen konnte. »Unglaublich! Sich in das Leben anderer Leute einzumischen und sie total umkrempeln zu wollen.«
    »Aber du hast mich doch darum gebeten«, erinnerte sie ihn.
    Das stimmte allerdings. Was hatte er sich dabei gedacht? Er musste an seinen Vater denken, an das, was dieser seiner Mutter und seinen Stiefmüttern angetan und wie viel Leid er verursacht hatte. Jon schüttelte den Kopf, um die Gedanken zu verscheuchen.
    »Weißt du«, sagte Jon, »vielleicht hat Molly ja Recht. Für eine intelligente Frau bist du ganz schön dämlich. Vielleicht habe ich dich ja um was ganz anderes

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