Tolle Maenner
über den Kopf. Wenige Minuten später hatte sie sich wieder unter Kontrolle; sie wischte Augen und Nase an der Decke ab und lugte dann darunter hervor. Laura saß noch immer auf dem Bett.
»Tracie, ich glaube nicht, dass das gut für dich ist«, sagte sie, was die Untertreibung des Jahres war. »Bist du ganz sicher, dass es mit Jon aus ist? Willst du wirklich nie mehr deine Wohnung verlassen?«, fragte sie.
Tracie nickte. »Das steht nicht zur Debatte, Laura. Ich habe mich selbst als Geisel genommen und komme nicht mehr lebend aus dieser Wohnung heraus.«
Laura nickte und zuckte mit den Achseln. »Dann ist es dir vermutlich auch egal, dass etwas anderes wirklich Schlimmes passiert ist. Schlimmer als dein Streit mit Jon.«
»Was? Was könnte schlimmer sein als das?«, fragte Tracie.
»Der Artikel ist veröffentlicht worden.«
Tracie sprang auf wie unter Strom. »Das gibt’s doch gar nicht!«, sagte sie. »Marcus hat mich zwar gefeuert, aber er würde doch nie -«
Laura holte die Zeitung aus der Papiertüte und warf sie aufs Bett. »Anscheinend doch.« Sie nahm die Zeitung und begann zu blättern. »Seite eins in der Rubrik ›Leben heute‹«, sagte Laura.
Tracie riss ihr die Zeitung aus der Hand, warf einen Blick auf
den angerichteten Schaden und stöhnte. Der Artikel nahm die ganze erste Seite ein und ging auf den Seiten drei und vier weiter. Er enthielt auch die lächerlichen Verwandlungen des Hackers und der High-Tech-Manager. Tracie stöhnte erneut. »O Gott. Jetzt kann es keine Versöhnung mit Jon mehr geben. Er wird nie mehr mit mir reden. Verfluchter Marcus! Dieser verlogene Dreckskerl!« Sie überflog den Artikel. »O nein. Der beste Mann aller Zeiten, und ich hab eine Witzfigur aus ihm gemacht.«
In diesem Augenblick hörte Tracie, wie die Türschlösser nacheinander geöffnet wurden. Ein paar Sekunden lang dachte sie, es sei Jon, bevor ihr klar wurde, wer das sein musste. »O Gott! Phil ist hier.« Tracie hörte, wie das letzte Schloss aufgesperrt wurde, bevor sich die Wohnungstür öffnete und Phils Schritte durchs Wohnzimmer hallten.
Er trat ins Schlafzimmer, aber das war ein anderer Phil. Er sah aus wie das Objekt einer ganz anderen Verwandlung. Er hatte sich das Haar schneiden lassen, und sein ganzes Auftreten wirkte ordentlicher, auch wenn nichts davon zusammenpassen wollte. Er trug zwar noch immer Jeans, aber dazu ein Sportsakko. Einen Aktenkoffer hatte er auch dabei. Er trat ans Bett, ohne Tracies Zustand oder den allgegenwärtigen Abfall zu registrieren. Er machte sich zwischen all dem Müll einfach einen Sitzplatz frei und setzte sich neben sie. Tracie war zu erschöpft, um einen Kommentar abzugeben, doch Laura ließ sich die Gelegenheit nicht entgehen. »Phil, bist du das?«, fragte sie.
»Hallo, Laura«, sagte er fröhlich. »Hey, Tracie, fällt dir an mir was auf?«
»Warst du beim Friseur?«, fragte sie. »Dein Haar ist auch zu kurz.«
Er lächelte. »Daran gewöhnst du dich schon. Außerdem ist das nicht die einzige Veränderung. Ich hab einen Job.«
Laura stand auf. »Hey, Leute, ich geh jetzt besser. Ich hab Spätschicht im Java, The Hut. Tracie, ruf mich später mal an.« Sie bückte sich und rieb Tracies Fuß, bevor sie das Zimmer verließ.
Allein in einem schmutzigen Bett mit Phil überkamen Tracie klaustrophobische Gefühle.
Phil lächelte sie an, als wäre sie bildhübsch mit ihrem gemetzelten, fettigen Haar, in ihrem ältesten Nachthemd und der schmutzigen Bettdecke. »Tracie, du hast die Wette gewonnen«, sagte er. »Ich hab den Artikel gesehen und bin jetzt bereit für etwas Dauerhaftes.«
»Yeah, dauerhaft. Dauerhaft ist für mich genau richtig«, war alles, was Tracie dazu sagen konnte.
»Toll. Hier bin ich also. Ich hab schon meine Sachen gepackt für den Umzug.«
Tracie stöhnte und drehte sich im Bett um. »Ist ja gut, Phil. Die Idee mit der Wette war schwachsinnig. Man sollte nicht mit dem Leben von Menschen spielen, nur um eine Wette zu gewinnen.«
»Schwachsinnig oder nicht – ich bin jedenfalls bereit einzuziehen«, erklärte Phil.
Tracie gab keine Antwort. Ihr Leben war zu einem einzigen Albtraum geworden. Sie lag nur unter der Bettdecke und schwor sich, sich nie mehr zu rühren und nie mehr ein Wort zu sprechen.
»Hey, bist du krank oder was?«, fragte Phil. Tracie wusste zwar längst, dass er viel zu sehr mit sich selbst beschäftigt war, aber für einen Schwachkopf hatte sie ihn bis vor kurzem nicht gehalten. Phil zog die Decke von ihrem Kopf
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