Tolle Maenner
überall kamen Schaulustige gelaufen. Tracie löste sich aus der Menge, während Jon versuchte, mit dem Fels zu verschmelzen.
Nach der Demütigung, die mit der Ankunft der Sanitäter verbunden war, ging Tracie mit einem blassen, zerzausten Jon über den Parkplatz zu ihrem Wagen. Die Leute starrten Jon an oder zeigten mit dem Finger auf ihn.
Er ist ein absolut hoffnungsloser Fall, dachte Tracie, als sie die Wagentür öffnete. Sie würde nicht nur ihre Wette mit Phil verlieren, auch den Artikel konnte sie vergessen. Jon war unverbesserlich, es war vergebliche Liebesmüh. Und am allerschlimmsten war das, was sie sich als Jons Zukunft ausmalte: Er würde auf immer und ewig ein Langweiler bleiben und als unverheirateter »Onkel« ihrer künftigen Kinder enden. Mein Gott, dachte sie, er wird ihnen bloß seine schlechten Angewohnheiten beibringen.
Nach längerem Schweigen, das über die halbe Strecke zu Jons Haus andauerte, hielt er es nicht mehr aus. »Hast du gesehen, wo Ruth hingegangen ist? Wegen ihr hab ich mein Leben aufs Spiel gesetzt, und sie verschwindet einfach!« Tracie schenkte sich die Antwort lieber, um nicht zu explodieren. »Ich hab ihr meine Telefonnummer gegeben. Meinst du, sie ruft mich an?«
Ist der noch ganz dicht?, fragte sich Tracie. »Nicht, nachdem sie dir die Sauerstoffmaske aufgesetzt haben«, erklärte sie.
»Das war doch gar nicht nötig«, meinte er. »Ich hab doch nur hyperventiliert. Eine Papiertüte hätte es auch getan.«
»Klar. Um sie dir über den Kopf zu stülpen.« Sie seufzte. Er war beileibe kein Sir Edmund Hillary, aber andererseits würde er auch nie einen armen Sherpa für seine Zwecke missbrauchen. Das Schlimmste aber war seine gestörte Wahrnehmung. War ihm wirklich nicht klar, wie schrecklich das alles gewesen war? Weit peinlicher noch als das Fiasko am Flughafen. Sie ermahnte sich,
dass sie jetzt nicht aufgeben dürfe. Vor seinem Date mit Beth musste sie ihm auf jeden Fall noch ein paar Unterrichtsstunden geben. »Ich fürchte, wir brauchen einen kleinen Auffrischungskurs.«
»O Gott«, stöhnte Jon. »Nicht schon wieder.«
Tracie wandte den Blick von der Straße ab und starrte ihn giftig an. »Du machst mir Spaß – erst fabrizierst du das totale Fiasko, und dann beklagst du dich auch noch, wenn ich dir Nachhilfestunden geben will.«
Jon wurde immer kleiner, doch dann protestierte er: »Ich krieg das hin. Ich bin mir ganz sicher, dass ich es kann. Das war nicht wie auf dem Flughafen. Sie hat mit mir geredet. Sie hat mich gemocht.« Er sah sie an. Sie versuchte, ein Lächeln zu unterdrücken. »Bitte gib mich nicht auf, Tracie«, bettelte er. »Ich weiß ja, dass du am liebsten alles hinschmeißen würdest, aber tu es bitte nicht.«
Sie konnte einfach nicht anders, als ihren Blick erneut von der Straße abzuwenden und ihn anzulächeln: »Ich würde dich doch nie aufgeben«, versprach sie. »Außerdem habe ich aufregende Neuigkeiten für dich.«
»Ich glaube kaum, dass ich heute noch mehr Aufregung vertragen kann«, gestand Jon.
»Es geht auch gar nicht um heute. Du hast ein offizielles Date. Freitagabend.«
Jon richtete sich wieder etwas auf. Wann hatte er eigentlich zum letzten Mal ein richtiges Date gehabt? War das schon unter der Clinton-Regierung gewesen? »Mach keine Witze. Und mit wem?«, fragte er.
»Mit einem Mädel aus meinem Büro. Echt nett. Beth heißt sie.«
O je. Eine von Tracies Verlierertypen. Tracie erzählte immer von ihnen, aber er konnte die Namen nicht auseinander halten. »Doch nicht die, die mal in diesen Rennfahrer verliebt war?«, fragte er misstrauisch.
»Das war letztes Jahr«, gab Tracie zu, als läge das schon ein
Jahrhundert zurück. »Danach kam ein Rausschmeißer und dann ein Typ von der Zeitung.«
O Gott. Eine aus der Szene von Seattle. »Die kann mit mir garantiert nichts anfangen.«
»O doch, das wird sie«, versprach Tracie. »Wir müssen nur bis Freitag noch eine Menge an dir arbeiten. Können wir uns morgen treffen?«
»Morgen hab ich eine Planungskonferenz.« Jon hatte seine Arbeit in letzter Zeit ziemlich vernachlässigt. An Stelle seiner üblichen Zwölf-Stunden-Tage hatte er sein Arbeitspensum mehr und mehr reduziert. Und dabei war bei Micro/Con nicht mal ein Zwanzig-Stunden-Tag genug. Die viele Zeit, die er neuerdings seinem Privatleben widmete, würde ihm noch Probleme bereiten, wenn er sich nicht bald wieder ein bisschen mehr um seinen Job kümmerte.
»Hey – was ist wichtiger? Deine Karriere oder dein
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