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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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ihr nur Angst einjagen, hoffentlich.
    Sie zwang sich, über anderes nachzudenken. Der Besuch. Kate kannte die Stimme, auch wenn sie nie zuvor sein Gesicht gesehen hatte. Der Mann hielt sich ab und zu nachts bei Madame auf. Gut gekleidet sah er aus, wie ein wahrer Herr, und wirkte beinahe freundlich, nicht wie Gustav.
    Die Giftsalbe. Wie passte sie zu allem?
    Vom Nachdenken schmerzte der Kopf.
    Heute Morgen hatte ein normaler Samstag auf sie gewartet, ohne Köchin, Gustav oder Madame. Und nun dies. Dabei hatte sie noch Glück im Unglück gehabt.
    Gäbe es den Geheimgang nicht, hätte Madame sie in der Bibliothek angetroffen, und dann befände sie sich jetzt in den größten Schwierigkeiten.
    Fast war sie dankbar für all die Tage, in denen sie aus Langeweile nach Verstecken und geheimen Passagen in dem alten Gemäuer gesucht hatte.
    Die Ratten und Mäuse hinter der Wand ihres Schlafzimmers hatten sie zuerst darauf gebracht, dass das Haus Hohlräume verbarg, von denen niemand mehr wusste. Immer wieder presste Kate abends das Ohr an die Mauer und lauschte dem Rascheln und Fiepen. Dabei berührte sie zufällig eine Stelle im Mauerwerk und löste auf diese Weise den kunstvoll verborgenen Öffnungsmechanismus aus. Nach einer Schrecksekunde erkundete sie das entstandene Loch mit der Lampe in der Hand und verscheuchte die kleinen Nager, die hier seit Generationen lebten. Neugierig war sie dem Gang gefolgt, bis sie auf das andere Ende gestoßen und in der Bibliothek gelandet war.
    Bei den dortigen Büchern fand sich eines, in dem erklärt wurde, dass sich in alten Anwesen oftmals Geheimgänge und Priesterverstecke verbargen. Zu Zeiten, in denen Katholiken grausam verfolgt worden waren, und sich zu Gottesdiensten zu treffen, langjährige Kerkerhaft bedeutet hatte, waren die Gläubigen und ihre Priester bei einer Durchsuchung in diese Zufluchtsorte geschlüpft.
    Seit sie bei Madame lebte, war Kate religionslos, denn Glaube spielte in diesem Haus keinerlei Rolle. Dennoch bewunderte sie den Mut der Katholiken, an ihren Überzeugungen festzuhalten, ebenso wie ihre Taktik. Auch sie würde es vorziehen, eine Weile in einem engen Gang zu schmoren, als dauerhaft in einem dunklen Loch zu landen.
    Ihr fielen die Zuckerstücke ein. Sie ließ sie nacheinander auf der Zunge zergehen und genoss die Süße.
    Die Abwärme der Dampfmaschine reichte nicht aus, den Raum auf wirklich angenehme Temperaturen zu bringen. Also zog sie die Schuhe aus, wickelte sich in ihre Decken ein und machte es sich auf dem Bett bequem. Sie schloss die Augen. Eingekuschelt stellte sie sich vor, in einem der Luftschiffe zu sitzen und über die verschneiten Berge zu schweben. In ihrer Fantasie entstand eine Welt, wie sie in keinem Buch beschrieben stand. Bald vergaß sie das armselige Zimmerchen, die Einsamkeit und die Furcht vor Madame.
    Das Letztere war mehr wert als alles andere zusammen.

5. Nächtliche Erkundungen
    Dunkelheit umgab Kate. Irritiert richtete sie sich auf. Wieso lag sie angezogen in ihrem Bett? War es etwa schon Nacht und hatte sie das Abendessen verschlafen? Wie zur Bestätigung verkündete aus der Ferne eine Glocke Mitternacht.
    »Die Salbenmaschine!«, durchfuhr es sie.
    Bei all der Aufregung hatte sie vergessen, die Maschine zu reinigen. Wenn Gustav morgen früh die Pillen verpackte, durfte er nicht merken, dass sie damit gearbeitet hatte.
    Sie streckte die Finger in den von ihr gemachten Riss auf der Unterseite der Matratze und suchte nach dem Kerzenstummel, den sie aus dem Labor stibitzt hatte. Ihr fehlten Zündhölzer, doch eine Etage tiefer brannte ein Gaslicht.
    Sie schlüpfte in die Schuhe, griff die Petroleumleuchte und tastete sich die Stufen hinunter. Indem sie sich auf die Zehenspitzen stellte, gelang es ihr, die Kerze an dem Gasfeuer anzuzünden. Vorsichtig, damit sie nicht gleich wieder verlosch, führte sie die flackernde Flamme an den Lampendocht und sah erleichtert zu, wie das Licht der Lampe erstrahlte. Nun fühlte sie sich sicherer und machte sich auf den Weg zum Labor. Bereits bei Tag wirkte das Haus unheimlich mit seinen knarzenden Dielen und Geräuschen in den Wänden. Jetzt war es streckenweise stockdunkel, da die Gaslichter bis auf wenige Ausnahmen abgedreht waren und nun auch das spärliche Licht fehlte, das sich tagsüber durch die schmalen, bleiverglasten Flurfenster kämpfte.
    Sie huschte über die Flure, lauschte zwischendurch, hörte jedoch nichts Verdächtiges.
    Im Labor fand sie alles genauso vor, wie sie es

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