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Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)

Titel: Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: A. G. Stoll
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sie. Kate wimmerte.
    Der erste Schlag traf sie unvorbereitet. Benommen versuchte sie, die nachfolgenden mit den Unterarmen abzuwehren. Durch das Klatschen der Ohrfeigen drang Madames Stimme: »Aufstehen!«
    Kate mühte sich, doch die Beine gehorchten nicht. Nach zwei Anläufen klappte es, aber nur, solange sie sich an der Wand festhielt. Sie verstand nicht, womit sie Madame dermaßen wütend gemacht hatte.
    »All die Jahre habe ich dich durchgefüttert und zum Dank wolltest du mich ausrauben?«
    Wovon redete die Frau? Kate bekam keinen Ton heraus.
    Die Herrin versetzte ihr weitere Schläge. »Du undankbares kleines Miststück! Mach dich auf was gefasst.«
    Nacheinander erinnerte Kate sich an den Einbruch, die Gefesselte und ihre Begegnung mit Rufus. Auch, wie er sie bewusstlos gewürgt hatte.
    »Ich wusste doch von nichts, das schwöre ich. Angelogen haben die mich«, stieß sie mit rauer Stimme hervor.
    Madame ignorierte die Beteuerungen. Sie zerrte sie mit sich, obwohl Kate um Gnade flehte und bat, alles erklären zu dürfen. Das brachte ihr nur einen weiteren Schlag ein. Diesmal auf den Mund und so fest, dass sie Blut schmeckte.
    »Kein Ton mehr. Gleich kannst du schreien. Nur wird dich niemand hören«, erklärte Madame und verzog die Mundwinkel, als wolle sie sich über sie lustig machen.
    Beim Kellerabgang angekommen, schleuderte sie Kate mit einem Stoß hinunter. Hart prallte diese auf Händen und Knien auf. Madame kam hinterher, packte sie an den Haaren und zog sie daran hoch.
    »Hier fürchtet sich doch jemand ganz schrecklich vor Dunkelheit und Enge, nicht wahr?«, höhnte sie.
    Kate ahnte, was die Frau vorhatte. Panische Angst und nackter Überlebensinstinkt ließen sie kämpfen. Sie versuchte sich loszureißen, aber Madame quittierte das mit Tritten.
    »Nun bewege dich, oder ich prügel dich dorthin. Ist mir gleich, ob ich dir die Knochen dabei breche.«
    Kate gehorchte.
Der Zugang in die Kanalisation war sicher noch offen!
Sie könnte versuchen sich hinunter zu stürzen, versuchen zu fliehen, wohin auch immer.
    Verschlossen! Sie verzweifelte vollends und brach in Tränen aus.
    Madame spottete: »Glaube nicht, dein Heulen und Jammern beeindrucken mich. Im Gegenteil.«
    Sie zerrte sie näher zu sich und flüsterte: »Du bleibst hier unten eingesperrt, bis du gestorben bist. Ab und zu besuche ich dich, versprochen, und amüsiere mich mit dir.«
    Der Türriegel knirschte, als Madame ihn zurückzog. Kate drückte gegen die Tür, doch ihre Herrin lachte nur. Sie streifte einen Schuh ab und knallte den Absatz auf Kates rechte Hand. Unerträgliche Schmerzen schossen den Arm hoch, zwangen sie loszulassen. Ein Tritt beförderte sie in den Raum und die Tür schlug zu. Dunkelheit umgab sie. Aufsteigende Panik, die Qualen der gebrochenen Finger, ihr zerschlagener Körper; gab es eine Hölle, dann befand sie sich jetzt darin.
    Sie schrie und schrie. Längst war sie heiser, als ihr Überlebenswille endlich einsah, dass ihr niemand helfen würde. Gustav nicht, die Köchin nicht und auch nicht der Hausmeister. Keinen Menschen auf der Welt interessierte, was mit ihr geschah.
    Sie krümmte sich auf dem Hocker zusammen, umfasste vorsichtig die verletzte Hand und wimmerte. Die Fingerknöchel fühlten sich an, als würden Nadeln in ihnen stecken. Die Kleidung klebte an ihr, blutig und schweißdurchtränkt. Sie erinnerte sich an Charlies Rat, sie solle weglaufen. Hätte sie doch nur auf ihn gehört. Zu spät.
    Wie lange dauerte es, bis ein Mensch an Austrocknung starb? Darüber hatte sie nie mit Gustav gesprochen.

17. Kichernde Ratten
    Seit Ewigkeiten starrte sie in die Dunkelheit und traute sich nicht, die Augen zu schließen.
    Stimmen. Erst ganz nah, dann weit entfernt. So sehr sie es auch versuchte, Kate verstand nicht, was sie sagten. Zu ihren Füßen kicherte es und sie fiel mit ein.
    Natürlich, sie wurde wahnsinnig.
    Verrückt war gut. Besser als Angst.
    Ihr Mund. So trocken und die Zunge dick, angeschwollen.
    Die gebrochenen Finger. Damit zu tippen oder einen Stift zu halten? Unmöglich.
    Kate kicherte wieder. Sie brauchte nie mehr zu schreiben. Niemanden interessierte länger ihre unleserliche Handschrift, denn sie ging hier zugrunde.
    Starb.
    Sie weinte ein wenig.
    Keiner hörte sie. Die Geräusche bildete sie sich ein. Das Kichern zu ihren Füßen wurde lauter.
    Gab es kichernde Ratten?
    Der Durst. Unerträglich. Weinen tat gut.
    Madame hatte versprochen, Kate zu besuchen und sich daran zu ergötzen, wie sie starb.

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