Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)
und umgehend zurückfliegen.«
Kate holte tief Luft. Jedes Leugnen war sinnlos.
»Selbstverständlich. Ich danke dem Kapitän für sein Entgegenkommen.«
Er schnaubte, blickte sie an, als hätte er in eine Zitrone gebissen und polterte dann los: »Bis zur Ankunft behalten Sie diese lächerliche Verkleidung bei. Nach der Landung bleiben Sie an Bord, bis wir wieder ablegen. Zu Ihrem eigenen Vorteil sollten Sie sich unauffällig verhalten.«
Für mehr als ein Kopfnicken nahm er sich keine Zeit. Ein lautes Hackenzusammenschlagen und er verschwand.
Kate ließ sich auf das Bett fallen. Soweit zu ihrer falschen Spur. Sie fühlte sich elend und betrogen zugleich. So nah der Freiheit und dennoch gescheitert.
Der Steward, der ihr das Mittagessen brachte, benahm sich ihr gegenüber nicht anders als zuvor. Obwohl sie keinen Appetit verspürte, würgte sie die Sandwiches hinunter und trank den Tee. Endlich arbeitete ihr Verstand wieder. Hatte der Kapitän die unteren Mannschaftsgrade eventuell nicht eingeweiht? Dann gab es eine Chance, doch noch zu entkommen.
Sie musste dringend ausprobieren, inwieweit diese Vermutung stimmte, weshalb sie die Kabine verließ und den Salon betrat, der nahezu vollständig mit Passagieren gefüllt war. Niemand beachtete sie. Gerade eben noch hatte sie gezweifelt, ob sie die Nerven dazu aufbringen würde, jetzt schlenderte sie ruhig und langsam an den Tischen vorbei. Sie bemerkte keinerlei ungewöhnliche Reaktion, weder von den Mitreisenden noch von den Bediensteten, die damit beschäftigt waren, Tee nachzuschenken.
Für ihren spontan gefassten, neuen Plan könnte sie zusätzliche Unterstützung brauchen. Nur musste sie so schnell wie möglich Helfer finden, denn sie wusste schließlich nicht, wie der Kapitän mit ihr umzugehen plante. Vielleicht entschloss er sich doch noch, sie bis zur Ankunft einschließen zu lassen, wie sie es an seiner Stelle längst getan hätte.
Sie hörte die Stimmen, bevor sie die dazugehörigen Personen sah. Fröhliches Lachen, das ihr sofort gefiel. Zwei Mädchen, der Ähnlichkeit wegen hielt Kate sie für Schwestern, unterhielten sich angeregt mit einem der Stewards. Ungeduldig wartete sie ab, bis die beiden wieder allein vor ihrem Tee saßen, und ging dann zu ihnen. Auch wenn es gegen alle guten Sitten verstieß, stellte sie sich selbst vor.
Entsprechend verdutzt reagierten die jungen Damen und Kate rechnete schon mit einer Abfuhr. Stattdessen zuckten die Mundwinkel der Jüngeren, als könne sie ein Grinsen kaum zurückhalten.
»Erstaunlich, dass wir uns noch nicht begegnet sind. An Ihrer forschen Art kann es nicht liegen, mein Herr«, sagte sie und zwinkerte ihr zu.
Kate lächelte und beugte sich zu ihr hinunter.
»Nicht so sehr daran«, flüsterte sie. »Ich habe mich bisher meist in meiner Kabine versteckt. Aus gutem Grund. Nun aber brauche ich Freundinnen, die mir helfen.«
Das Funkeln in ihren Augen verriet die Schwestern. Kate blickte sich um. Die einzigen Leute in Hörweite wirkten zu stark mit sich selbst beschäftigt, als dass sie ihr Gespräch belauschen würden. Sie suchte sich einen Stuhl und setzte sich. Für die Wahrheit fehlte die Zeit, doch sobald sie den Geschwistern offenbart hatte, ebenfalls eine junge Dame zu sein, lauschten Fiona und Brigit ihrer Räuberpistole von der verbotenen Beziehung zu einem Künstler mit roten Wangen und glänzenden Augen. Die Geschichte troff vor Kitsch, was beide nicht störte. Im Gegenteil, sie schien den Schwestern ausgesprochen gut zu gefallen.
»Dann habe ich mir die Sachen von meinem Bruder ausgeliehen, seinen Ausweis gestohlen und bin geflohen. Markus wartet in Easton auf mich. Gleich nach der Ankunft werden wir vermählt. Papa wird mir vergeben, das weiß ich«, beendete Kate ihre Räuberpistole.
»Wie romantisch«, seufzte die ältere Fiona und blickte schmachtend aus dem Fenster.
Brigit wirkte ähnlich verzückt, dachte aber erfreulich praktisch und fragte: »Wie können wir dir helfen?«
Kate erklärte es ihnen nur zu gerne.
Nachdem das Luftschiff gelandet war, würde es vermutlich die Durchsage geben, die Passagiere könnten nun von Bord gehen. Genau dann sollten die Schwestern ein kleines Theaterstück aufführen und die Aufmerksamkeit der Besatzung auf sich lenken. Kate brauchte einen Augenblick der Verwirrung und des Durcheinanders.
Fiona griff Kates Hand und drückte sie.
»Verlass dich drauf, uns fällt eine fantastische Ablenkung ein.«
Brigit nickte. »Du tust uns praktisch einen
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