Tollkirsche und Korsett: Kates Hunger nach Freiheit (German Edition)
Gefallen.« Sie gähnte gespielt. »Unser Leben ist so öde. Endlich eine Abwechslung. Was für ein Glück, dass unsere Gouvernante das Fliegen nicht verträgt und sich hinlegen musste. Wäre sie hier, dürften wir niemals mit dir reden.«
Gerade noch rechtzeitig bemerkte Kate eine ältliche Dame mit grünlicher Gesichtsfarbe, die sich auf unsicheren Beinen näherte. Schnell lehnte sie sich zurück und versteckte sich hinter einem der Trockenblumengestecke. Fiona reagierte sofort. Sie sprang auf und eilte zu der Unbekannten, um sie mit Fragen nach ihrem Befinden zu überschütten. Kate nutzte den Moment, winkte Brigit zum Abschied zu und machte, dass sie fortkam. Sie brannte förmlich vor Stolz, diesen Teil ihres Fluchtplans so rasch umgesetzt zu haben.
Alle Hilfe blieb jedoch vergeblich, wenn Kate sie nicht nutzen konnte. Weshalb sie den Kapitän aufsuchte, um ihn von ihrer grenzenlosen Dummheit zu überzeugen.
Den Matrosen, der ihr den Weg zur Kommandobrücke des Flugschiffes zeigte, log sie an und behauptete, sie sei zu einem Besuch eingeladen. Der Kapitän in seiner goldbetressten Uniform beugte sich über eine Karte und redete mit einem Uniformierten, den sie für den Navigator hielt. Er hob den Kopf und erblickte sie. Dem gequälten Gesichtsausdruck nach brauchte er nicht lange, um zu begreifen, wen er vor sich hatte. Er musterte sie unter buschigen Augenbrauen hervor und fragte trocken, weshalb sie ihn aufsuche.
Kate lächelte betont dümmlich.
»Mein lieber Kapitän, wie leid mir unsere Verstimmung doch tut. Ich möchte mich entschuldigen. Eine lustige Wette mit Harold, um mehr handelt es sich nicht«, säuselte sie wie ein kleines Mädchen, das seinen Vater um den Finger zu wickeln versuchte.
»Mein Cousin hat gesagt, ich würde mich nie trauen, dieses prächtige Flugboot zu betreten. Und Paps hatte mir schon so lange versprochen, mich auf eine Reise nach Easton mitzunehmen.«
Dazu zog sie eine Schnute wie ein verzogenes Kind.
»Harold hat mir Anzug und Papiere geborgt und ein Ticket gekauft. Dann hat er mich zum Flugplatz gebracht.«
Sie wischte sich über die Augen und schniefte: »Ich finde, das ist nur seine Schuld! Sehen Sie, sogar die Haare hat er mir abgeschnitten.«
Die Bartspitzen des Kapitäns bebten. »Alles Inzucht«, murmelte er und wechselte mit dem Navigator einen Blick, der Bände sprach.
Er hielt Kate für geistig zurückgeblieben oder zumindest ein wenig verrückt.
»Können sie Papa sagen, dass ich ein gutes Kind sein werde?«, fragte sie und klimperte eifrig mit den Wimpern in der Hoffnung, nicht gnadenlos zu übertreiben.
Der Kapitän presste den Mund zu einem Schlitz zusammen. Offenbar nahm er ihr die Vorstellung ab und stand kurz vor der Explosion.
Nach einem tiefen Atemzug sagte er: »Im Moment haben wir keinen Funkverkehr, junge Lady. Am besten klären Sie das selbst mit ihm, sobald Sie wieder zuhause sind.«
Er räusperte sich.
»Versprechen Sie mir, sich bei der Ankunft ruhig zu verhalten und in der Kabine zu warten, bis meine Männer sich um Sie kümmern?«
Kate mühte sich auszusehen, als würde jegliches Nachdenken sie maßlos anstrengen. Ihn schlicht anzulügen, missfiel ihr, weshalb sie eine Alternative wählte.
»Was für eine herausragende Idee«, antwortete sie schließlich und strahlte ihn an. »Das sagt mein Paps auch immer zu mir, wenn ich ihm einen Vorschlag mache.«
Mit versteinertem Gesicht deutete der Kapitän eine Verbeugung an und wünschte ihr einen angenehmen Flug.
Sie dankte ihm überschwänglich, bis sie fürchtete, er würde gleich vor Verärgerung platzen. Dann flatterte sie wie ein Schmetterling aus dem Raum. Draußen suchte sie eine ruhige Ecke und biss sich in die Hand, um nicht loszuschreien.
Wie konnte er ihr dieses Theater abnehmen? Fast fühlte sie sich beleidigt.
Einer Sache war sie sich sicher. Er würde nicht ein Wort dieser Unterhaltung an ihren Vater weitergeben, selbst wenn er dazu die Möglichkeit bekam. Kein vernünftiger Mensch erklärte einem Mann von Adel, er hielte dessen Tochter für schwachköpfig.
Ihre Finte, einfältig und harmlos zu erscheinen, hatte Erfolg, denn das Personal behandelte sie auch weiterhin wie jeden anderen Passagier. Die meiste Zeit blieb sie in der Kabine. Brigit und Fiona traf sie zweimal auf dem Weg zum Badezimmer. Mehr als sich heimlich Handzeichen zu geben, trauten sie sich nicht. Die Gouvernante ließ die beiden nicht aus den Augen und musterte den vermeintlichen jungen Mann mit
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