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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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ausgeleert zu haben schien und hin und wieder in krampfartige Bewegungen geriet, gleich aufgenommen und in ein warmes Bett gebracht werden müsse. Dieser Rat ward befolgt und der Apotheker und ich blieben bei ihm.
    Als wir nach dem Wirtshause zugingen (weil wir nicht wußten, wo der Mann wohnte), begegnete uns zum Glück eine Frau, welche uns nach einem heftigen Geschrei sagte, der Herr wohne in ihrem Hause.
    Nachdem ich den Unglücklichen daselbst in Sicherheit gebracht gesehen hatte, überließ ich ihn der Sorge des Apothekers, welcher nach meiner Meinung die beste Methode mit ihm einschlug; denn ich hörte des nächsten Morgens, er sei völlig wieder zu Sinnen gebracht worden.
    Ich ging darauf hin, ihn zu besuchen in der Absicht, so gut ich könnte, die Ursache zu erfahren, die ihm zu einer so verzweifelten Handlung Anlaß gegeben hätte, und so viel bei mir stünde zu verhindern, daß er solch einen gottvergessenen Vorsatz inskünftige nicht ausführen möchte. Ich war nicht sobald in sein Zimmer getreten, als wir uns augenblicklich einander erkannten: denn wer sollte diese Person anders sein, als mein alter Universitätskamerad, Herr Watson! Hier will ich Ihnen nicht mit der Erzählung desjenigen beschwerlich sein, was bei unsrer ersten Erkennung vorging, weil ich so viel als möglich gern alle Weitschweifigkeit vermindern möchte.« – »O lassen Sie uns doch alles hören!« rief Rebhuhn; »ich bin nicht wenig neugierig zu erfahren, was ihn nach Bath gebracht hat.«
    »Sie sollen alles hören, was wesentlich ist,« antwortete der Fremde und fuhr darauf fort zu erzählen, was wir fortfahren wollen zu schreiben, wenn wir vorher einen kleinen Ruhepunkt gemacht haben, damit sowohl wir selbst als der Leser ein wenig Atem schöpfen können.

Vierzehntes Kapitel.
    Worin der Mann vom Berge seine Geschichte beschließt.
     
    »Herr Watson,« fuhr der Fremde fort, »erzählte mir ohne Umstände, daß die unglückliche Lage seiner Finanzen, in die ihn eine Folge von widrigem Glück gebracht, ihn gewissermaßen zu dem Entschluß gezwungen habe, sich selbst das Leben zu nehmen.
    Ich begann hierauf sehr ernsthaft seine heidnischen oder vielmehr höllischen Grundsätze über die Zulässigkeit des Selbstmords zu [132] bestreiten und sagte ihm alle Gründe, die mir über diese Sache beifallen wollten. Zu meinem großen Leidwesen aber schienen solche nur wenig auf ihn zu wirken. Er schien über das, was er gethan, nicht die geringste Reue zu empfinden und gab mir Ursache zu fürchten, daß er bald einen zweiten Versuch von dieser scheußlichen Gattung wagen würde.
    Anstatt mir, nachdem ich meine Rede geendigt hatte, auf meine Gründe zu antworten, sah er mir steif ins Angesicht und sagte mit Lächeln:
    Sie haben sich gewaltig verändert, mein lieber Freund, seitdem ich Sie das letzte Mal gesehen habe! Ich zweifle, ob irgend einer von unsern Bischöfen eine nachdrücklichere Rede gegen den Selbstmord halten könnte, als die, welche Sie mir zum besten gegeben haben. Wofern Sie indessen niemand finden können, der mir ein Sümmchen von hundert Pfund Sterling vorstreckt, muß ich entweder mich hängen oder ersäufen, oder auch Hungers sterben. Nach meiner Meinung aber ist die letzte Todesart die schrecklichste von allen dreien.
    Ich antwortete ihm sehr ernsthaft: ich wäre wirklich sehr verändert, seitdem ich ihn zuletzt gesehen hätte. Ich hätte Zeit und Muse gefunden, meine Thorheiten einzusehen und sie zu bereuen. Ich gab ihm hierauf den Rat, in eben diese Fußstapfen zu treten; und beschloß endlich mit der Versicherung, daß ich selbst ihm einhundert Pfund leihen wolle, wenn seinen Umständen damit aufzuhelfen wäre, und er es nicht in die Gewalt der Würfel setzen wolle, ihn dieses Geldes wieder zu berauben.
    Herr Watson, welcher bei dem ersten Teile meiner Rede fast in einen völligen Schlummer versenkt zu sein schien, ermunterte sich bei dem letzten. Mit vieler Lebhaftigkeit faßte er mich bei der Hand, sagte mir tausend Dank und beteuerte, ich sei doch noch ein Freund! Er fügte hinzu, er hoffe, ich habe eine bessere Meinung von ihm, um zu glauben, er sei durch seine Erfahrung so wenig weiser geworden, daß er noch das geringste Zutrauen auf die verdammten Würfel setzen könnte, die ihn schon so oft betrogen hätten. Nein, nein! rief er, laß mich nur erst einmal wieder in ordentliche Umstände kommen, und wenn dann das Glück mich jemals wieder dahin bringt, daß ich Bankrott spiele, so will ich es ihm mit keinem

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