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Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition)

Titel: Tom Jones. Die Geschichte eines Findlings (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henry Fielding
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Matrosenwitz wurde über Herrn Jones von diesen Kerlen gesagt; denn es waren wirklich eine Rotte Werber, welche der Graf Liebegrimm aufgestellt hatte, und welche vom Herrn Jones bis in Madame Fitz Patricks Haus Spur genommen, und ihm an der Ecke dieser Gasse aufpaßten, als sich diese unglückliche Begebenheit zutrug.
    Der Offizier, welcher diese Rotte anführte, schloß sehr weislich, seine Sache wäre jetzt, seinen Gefangenen in die Hände der bürgerlichen Obrigkeit zu liefern. Er befahl also, ihn nach einem öffentlichen Hause zu bringen, wohin er einen Gerichtsdiener holen ließ, dem er ihn zum Gewahrsam überantwortete.
    Da der Gerichtsdiener sah, daß Herr Jones sehr wohl gekleidet war und dabei vernahm, daß die That in einem Zweikampf geschehen war, so begegnete er seinem Gefangenen mit vieler Höflichkeit und sendete auf dessen Verlangen einen Boten hin, sich nach [211] dem Verwundeten zu erkundigen, welcher in einem Weinhause sich unter den Händen eines Wundarztes befand. Die zurückgebrachte Nachricht lautete: die Wunde sei gewiß tötlich und es sei keine Hoffnung, daß er davon kommen könne. Auf diese Nachricht sagte der Gerichtsbediente dem Herrn Jones, er müsse mit ihm zu einem Richter gehen. »Wohin Sie wollen!« sagte dieser. »Mir ist es gleichgültig, was mir begegnet, denn ob ich gleich überzeugt bin, daß ich den Gesetzen nach keines Mords schuldig bin, so finde ich doch, daß das vergossene Blut meiner Seele eine zu unerträgliche Last ist.«
    Jones ward also vor den Richter geführt, woselbst auch der Wundarzt erschien, der Herrn Fitz Patrick verbunden hatte, und zu Protokoll erklärte: »er halte die Wunde für tötlich,« worauf der Gefangene in ein Turmgefängnis geführt wurde. Es war hierüber sehr spät am Abend geworden, so daß Jones nicht eher, als des folgenden Morgens nach Rebhuhn schicken konnte, und weil er vor sieben Uhr kein Auge zuthat, so war es beinahe zwölf Uhr mittags, bevor der arme Kerl, welcher sehr in Aengsten war, in so langer Zeit nichts von seinem Herrn zu hören, eine Botschaft erhielt, die ihm beinahe das Leben raubte, als er sie hörte.
    Mit zitternden Knieen und klopfendem Herzen ging er hin nach dem Gefängnis und war nicht sobald zum Herrn Jones eingelassen, als er das Unglück, welches ihm begegnet, mit heißen Thränen bejammerte und dabei ohne Unterlaß mit heftigem Grauen umhersah, denn da jetzt die Zeitung einlief, Herr Fitz Patrick sei gestorben, so fürchtete der arme Kerl alle Augenblicke, sein Geist würde in die Gefangnenstube treten. Endlich übergab er ihm einen Brief, den er beinahe vergessen hätte und welcher ihm durch den schwarzen Jakob von Sophie überbracht worden war.
    Jones ließ alsobald jedermann aus dem Zimmer entfernen und nachdem er den Brief sehr begierig erbrochen hatte, las er wie folgt:
     
    »Daß Sie noch einmal ein paar Zeilen von mir erhalten, daran ist ein Umstand schuld, der mich, ich läugn' es nicht, in Erstaunen gesetzt hat. Eben jetzt hat mir meine Tante einen Brief gezeigt, den Sie an die Frau von Bellaston geschrieben haben und welcher einen Heiratsvorschlag enthält. Von Ihrer eignen Hand ist er, das leider keinen Zweifel, was mich aber noch mehr wundert, ist, daß er zu eben der Zeit geschrieben worden, da Sie mich bereden wollten, Sie erlitten meinetwegen so großen Kummer. Ich überlass' es Ihnen selbst, über diese Begebenheit die natürlichen Anmerkungen zu machen. Alles was ich verlange, besteht darin, daß ich Ihren Namen nie wieder nennen hören möge.
    S.W.«
     
    Von der gegenwärtigen Gemütsverfassung des Herrn Jones und von den Qualen, wovon er sich gepeinigt fühlte, können wir dem Leser keinen bessern Begriff machen, als wenn wir sagen, sein Elend war zu der Höhe gestiegen, daß selbst Schwöger ihn beinahe bedauert haben würde. Aber so bitter dieses Elend ist, wollen wir [212] ihn doch für jetzt darin verlassen, sowie sein Schutzengel (wenn er wirklich einen hatte) ihn verlassen zu haben scheint, und hiermit endigen wir das sechzehnte Buch dieser Geschichte.

Siebzehntes Buch.
    Umfaßt drei Tage.
     
    Erstes Kapitel.
    Enthält ein paar Blätter voll Einleitungsschrift.
     
    Wenn ein komischer Schriftsteller seine Hauptperson so glücklich gemacht hat, als er kann, oder wenn ein dramatischer Autor solche bis zur höchsten Spitze des menschlichen Elends geführt hat, so denken sie beide, ihr Werk sei vollendet und nichts hindre weiter, es völlig zu schließen. Hätten wir zu der Blutfahne mit

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