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Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
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die geringsten Sorgen wegen Dickies Verschwinden. Tom hatte sogar den Eindruck, daß Marge die Martinis soff, weil sie nichts kosteten, gerade als bekäme sie bei ihm nicht alles, was sie brauchte, oder als ob er ihr nicht noch ein paar bezahlen würde, wenn sie mit Mr. Greenleaf zum Essen gingen.
    Tom nippte langsam seinen Drink und brachte es fertig, die ganze Breite des Raumes zwischen sich und Marge zu legen. Er war der Freund Dickie Greenleafs für jeden, der die Konversation mit der Frage eröffnete, ob er es sei, aber Marge kannte er nur flüchtig.
    »Miss Sherwood ist mein Gast«, sagte er mit einem verlegenen Lächeln.
    »Wo ist Mr. Greenleaf? Zu schade, daß Sie ihn nicht mitgebracht haben«, sagte Mr. Maloof, der sich heranwälzte wie ein Elefant mit einem riesigen Manhattan in einem Champagnerglas. Er trug einen karierten Anzug aus grellem englischem Tweed, ein Muster, wie es die Engländer - widerwillig - speziell für Amerikaner von der Sorte Rudi Maloofs herstellten, dachte Tom.
    »Ich glaube, Mr. Greenleaf ruht sich etwas aus«, sagte Tom. »Wir werden uns später zum Abendessen mit ihm treffen.«
    »So«, sagte Mr. Maloof. »Haben Sie schon die Abendzeitungen gelesen?« Dies letzte höflich, mit respektvoll-ernstem Blick.
    »Ja, habe ich«, erwiderte Tom.
    Mr. Maloof nickte ohne ein weiteres Wort. Tom fragte sich, welche unwichtige Meldung Mr. Maloof wohl hergesagt hätte, wenn er zu hören bekommen hätte, daß Tom die Zeitungen noch nicht gelesen habe. Heute abend schrieb die Presse, daß Mr. Greenleaf in Venedig eingetroffen sei und im »Gritti«-Palast wohne. Es war nicht die Rede davon, daß heute ein Privatdetektiv aus Amerika nach Rom käme oder daß überhaupt einer zu erwarten war, was in Tom Zweifel an der Geschichte vom Privatdetektiv weckte. Da hatte Mr. Greenleaf wohl so eins von den Märchen erzählt, die andere Leute sich ausdachten, oder so was wie seine eigenen Angstphantasien, nie stützten sie sich auch nur auf die kleinste Tatsache, und er schämte sich jedesmal ein paar Wochen später, daß er so was hatte glauben können. Märchen wie: Marge und Dickie hätten etwas miteinander in Mongibello oder wären auch nur im Begriff, etwas miteinander zu haben. Oder daß der Fälschungsskandal im Februar ihn zugrunde richten und ihn verraten würde, wenn er noch weiter die Rolle Dickie Greenleafs spielte. Der Sturm um die Fälschungen hatte sich in Wirklichkeit schon gelegt. Das neueste war, daß von zehn Experten in Amerika sieben gesagt hatten, sie hielten die Schecks nicht für gefälscht. Er hätte ruhig noch eine Anweisung der amerikanischen Bank unterschreiben können, er hätte endlos als Dickie Greenleaf weitermachen können, hätte er sich nicht von seinen eingebildeten Ängsten beherrschen lassen. Mit halbem Ohr lauschte er noch dem Geplapper Mr. Maloofs, der sich mühte, einen intelligenten und seriösen Eindruck zu machen mit der Schilderung seiner Expedition zu den Inseln Murano und Burano heute vormittag. Tom hielt den Mund, runzelte die Stirn, hörte zu und konzentrierte sich verbissen auf sich selbst. Vielleicht sollte er Mr. Greenleafs Geschichte von dem Privatdetektiv lieber glauben, bis das Gegenteil erwiesen war, aber er würde sich davon nicht erschüttern lassen, und er würde auch nicht mit einem Wimpernzucken Angst verraten.
    Tom gab auf eine Bemerkung Mr. Maloofs eine geistesabwesende Antwort, und Mr. Maloof lachte mit alberner Fröhlichkeit und schlenderte davon. Tom verfolgte seinen breiten Rücken mit verächtlichen Blicken, es war ihm klar, daß er unhöflich gewesen war, daß er unhöflich war und daß er sich besser zusammennehmen sollte, denn es gehörte zu dem Geschäft, ein Gentleman zu sein, daß man sich höflich benahm, höflich sogar zu dieser Handvoll zweitklassiger Antiquitätenhändler und Nippes- und Aschenbecherkäufer - Tom hatte ihre Warensortimente gesehen, ausgebreitet auf einem Bett drüben in dem Zimmer, in das sie ihre Mäntel gebracht hatten. Aber sie erinnerten ihn zu sehr an die Leute, denen er in New York adieu gesagt hatte, dachte er, und deshalb haßte er sie wie die Pest, und deshalb weckten sie in ihm den Wunsch zu rennen. Marge war schließlich der Grund, warum er hier war, einzig und allein Marge. Sie war schuld. Tom nahm einen Schluck von seinem Martini, sah zur Decke hinauf und dachte: noch ein paar Monate weiter, und seine Nerven, seine Geduld ertrügen auch solche Menschen, falls er sich überhaupt je wieder in Gesellschaft

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