Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley

Titel: Tom Ripley 01 - Der talentierte Mr Ripley Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Patricia Highsmith
Vom Netzwerk:
den Januar und Februar, die schlechtesten Monate für Mongibello, auf Mallorca zu verbringen. Und Marge käme nicht mit, da war Tom ganz sicher. Er und auch Dickie schlossen sie aus bei ihren Reiseplänen, obwohl Dickie den Fehler gemacht hatte, einmal anzudeuten, daß sie vielleicht eine Winterkreuzfahrt irgendwohin unternehmen würden. Dickie war so verdammt offen in allem! Und jetzt war Dickie, das spürte Tom, zwar nach wie vor fest entschlossen, ohne Marge zu fahren, aber er bemühte sich viel stärker um sie als sonst, nur weil ihm klar war, daß sie hier einsam und allein sein würde und daß es sehr unschön von ihnen war, sie nicht zum Mitkommen aufzufordern. Alle beide, Dickie und Tom, gaben sich Mühe, es zu bagatellisieren, indem sie bei Marge den Eindruck zu wecken versuchten, sie wollten auf die denkbar billigste und schlechteste Art rund um Griechenland fahren, auf Viehfrachtern, mit Bauern zusammen unter Deck übernachtend und so, jedenfalls nichts für ein Mädchen. Aber Marge war immer noch sehr niedergeschlagen, und Dickie strengte sich noch mehr an, es gutzumachen, indem er sie jetzt sehr häufig mittags und abends zum Essen einlud. Manchmal griff Dickie nach Marges Hand, wenn sie vom Strand heimwärts gingen, oft allerdings zog Marge die Hand zurück. Manchmal schien es Tom, als glaubte Marge an dem Griff ersticken zu müssen, so heftig entwand sie Dickie ihre Hand nach wenigen Sekunden.
    Und als sie Marge baten, mit ihnen nach Herkulaneum zu gehen, lehnte sie ab.
    »Ich bleibe lieber zu Hause, amüsiert euch nur, ihr zwei«, sagte sie mit dem Versuch eines fröhlichen Lächelns.
    »Nun, wenn sie nicht will, dann will sie eben nicht«, sagte Tom zu Dickie und verzog sich taktvoll ins Haus, damit sie und Dickie allein miteinander reden konnten, wenn sie das wollten.
    Tom saß auf dem breiten Fensterbrett in Dickies Studio und blickte auf das Meer hinaus, seine braunen Arme über der Brust verschränkt. Er liebte es, auf das Mittelmeer hinauszublicken und davon zu träumen, daß er und Dickie dahinsegelten, wie es ihnen gefiel. Tanger, Sofia, Kairo, Sebastopol . . . Wenn sein Geld dann alle war, überlegte Tom, hätte Dickie sich inzwischen so an ihn gewöhnt, hätte ihn so gern, daß ihm gar nicht der Gedanke kommen würde, sie könnten sich trennen. Mit Leichtigkeit konnten Dickie und er leben von den fünfhundert im Monat, die Dickie hatte. Unten auf der Terrasse konnte er den flehenden Tonfall von Dickies Stimme hören und Marges einsilbige Antworten. Dann hörte er das Tor klappen. Marge war gegangen. Eigentlich wollte sie zum Mittagessen bleiben. Tom rutschte vom Fensterbrett herab und ging hinaus zu Dickie auf die Terrasse.
    »War sie böse über irgendwas?«
    »Nein. Sie fühlt sich wohl etwas vernachlässigt, nehme ich an.«
    »Aber wir haben uns doch wirklich um sie bemüht!«
    »Das ist es wohl nicht.« Dickie ging langsam auf der Terrasse auf und ab. »Jetzt sagt sie sogar, sie will nicht mit mir nach Cortina fahren.«
    »Ach, das mit Cortina wird sie sich bis Dezember sicherlich noch überlegen.«
    »Ich bezweifle es.«
    Tom sah den Grund darin, daß auch er mit nach Cortina fuhr. Vor einer Woche hatte Dickie ihn eingeladen. Freddie Miles war schon weg gewesen, als sie von ihrem Romausflug zurückkamen; er war überraschend nach London gerufen worden, hatte Marge ihnen ausgerichtet. Aber Dickie hatte gesagt, er wolle Freddie schreiben, daß er noch einen Freund mitbrächte. »Möchtest du, daß ich verschwinde, Dickie?« fragte Tom in der Gewißheit, daß Dickie nichts dergleichen wollte. »Ich habe das Gefühl, als dränge ich mich zwischen Marge und dich.«
    »Aber nein! Drängen - wieso denn?«
    »Nun, von ihrem Standpunkt aus.«
    »Nein. Es ist nur - ich bin ihr irgendwie verpflichtet. Und ich war in letzter Zeit nicht gerade nett zu ihr. Wir waren es nicht.«
    Tom wußte, was er meinte: er und Marge hatten sich gegenseitig Gesellschaft geleistet, den langen, öden Winter über, als sie die beiden einzigen Amerikaner im Dorfe waren, und nun konnte er sie nicht einfach links liegenlassen, nur weil ein anderer dahergekommen war. »Vielleicht spreche ich einmal mit ihr wegen Cortina«, schlug Tom vor.
    »Dann fährt sie ganz bestimmt nicht mit«, sagte Dickie kurz und ging ins Haus.
    Tom hörte, wie er Ermelinda anwies, das Mittagessen abzuräumen, er könne jetzt noch nicht essen. Obwohl es italienisch war, hörte Tom genau, daß Dickie sagte, er könne noch nicht essen, ganz der Ton

Weitere Kostenlose Bücher