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Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns

Titel: Tom Thorne 01 - Der Kuß des Sandmanns Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Aufprall war dennoch heftiger als erwartet. Der kleine Garten war hübsch und gepflegt. An einer Wäscheleine hingen Blusen und Hosen.
    Der Hintereingang war aufgebrochen worden.
    Thorne wusste, dass er eigentlich zur Vorderseite des Hauses zurückgehen müsste.
    Er wusste, dass er Verstärkung anfordern müsste.
    Er wusste, dass sein Telefon in seiner Tasche steckte.
    Der Adrenalinstoß kam plötzlich und nahm ihm den Atem. Auch die Angst pumpte sein Blut durch seinen Körper, und seine Fäuste spannten sich an.
    Kampf oder Flucht? Die Antwort war klar.
    Thorne hatte das Gefühl, als würde ihm seine Haut abgezogen werden und auf den Boden fallen. Er spürte, wie seine rohen, blutigen Nervenenden vibrierten und seine Sinne schmerzhaft auf Hochtouren liefen. Der Wind in den Bäumen machte einen Höllenlärm. Ein Gesicht in einem weit entfernten Fenster, ein sich nähernder Lastwagen. Thorne schmeckte die Luft. Stanniol auf einer Zahnfüllung.
    Es gab kein theatralisches Quietschen, als er, jeden Muskel angespannt, die Tür aufschob und die kleine Küche betrat. Die Oberflächen waren makellos sauber, ein Geschirrtuch hing zusammengefaltet über einem Stuhl, sauberes Geschirr lag ordentlich auf dem Abtropfbrett. Thorne bekämpfte den Impuls, nach dem Brotmesser zu greifen, und blieb stehen, um seinen Atem unter Kontrolle zu bekommen. Links von ihm stand die Tür offen, die ins Wohnzimmer führte. Geräuschlos ging Thorne über das Linoleum und warf einen Blick in das Zimmer. Es war leer. Der braune Teppich sah neu aus, vermutlich der erste Schritt einer Renovierung – die Couchgarnitur war durchgesessen und verschlissen. Thorne huschte durchs Zimmer, atmete tief ein und öffnete die Tür am anderen Ende.
    Er stand in einem schwach beleuchteten Flur gleich hinter der Eingangstür. Ihm gegenüber befanden sich zwei weitere Räume. Die Tür, die der Wohnungstür am nächsten war, musste ins Schlafzimmer führen, die andere vermutlich ins Bad. Es war einen Versuch wert. »Mrs. Byrne?«
    Nichts.
    Hinter der zweiten Tür hörte er einen leisen, gedämpften Schlag. Das Hämmern in seiner Brust verstärkte sich.
    »Es läuft immer auf die letzte Tür hinaus, Tommy.«
    »Öffne sie.«
    »Gleich kommt sie durch die Wohnungstür herein, und du wirst dir wie ein Idiot vorkommen.«
    Thorne öffnete die Tür.
    Er schrie auf und stolperte vor Schreck rückwärts, als ihm etwas zischend aus dem Zimmer entgegengeflogen kam. Er stieß sich von der Wand ab und sah mit pochendem Herzen, wie eine Katze ins Wohnzimmer raste.
    Dann roch er es.
    Katzendreck und etwas anderes. Etwas, das ihm vertrauter, aber auch widerlicher vorkam. Es roch nach Seetang und Metall und hing so schwer in der Luft, dass er es auf der Zunge schmeckte, wie eine alte Batterie.
    Thorne hatte sich mit dem Unvermeidlichen abgefunden, das er gleich sehen würde. Er trat in das abgedunkelte Zimmer und tastete nach dem Lichtschalter.
    Er entdeckte vier weitere Katzen. Eine starrte vom Schrank auf ihn herunter, während eine andere von einer Hochglanz-Frisierkommode sprang. Zwei weitere lagen auf dem Bett – zusammengerollt auf der Leiche von Margaret Byrne.
    Sie hing ausgestreckt über der linken Bettkante, die Arme an den Seiten, der Kopf nach hinten gedreht und Thorne zugewandt. Ein Auge war halb geöffnet, aber nicht so breit wie der Schnitt an ihrem Hals, der auf Grund der Drehung ihres Kopfes offen stand und wie ein Grinsen aussah.
    »Gütiger Himmel.«
    Das Blut hatte unterhalb ihres Schlüsselbeins eine Pfütze gebildet und sich über ihre linke Seite und die Bettdecke ergossen, von wo aus es immer noch langsam auf den blau gemusterten Teppich tropfte. Eine Seite ihrer rosafarbenen Bluse war triefend nass und rot. Ein Stück vor der Stelle, wo Thorne wie angewurzelt stehen geblieben war, befand sich ein weiterer Blutfleck, der bereits getrocknet und braun war. Ein Spritzmuster setzte sich über den Teppich fort und reichte bis zur Wand gegenüber des Bettes. Dort musste Margaret überfallen worden sein, bevor sie aufs Bett gelegt worden und kurz darauf gestorben war, während ihr Mörder zugesehen hatte.
    Am Bettende glitzerte etwas auf dem Teppich. Ein Ohrring vielleicht; daneben lagen ein Halsband und Ringe. An der Wand sah er eine umgekippte Schmuckdose aus Holz.
    Margaret Byrne hatte versucht, diese wenigen wertvollen Dinge, die sie besaß, zu retten. Doch der Mann, vor dem sie sie zu retten versucht hatte, war nicht gekommen, um sie zu bestehlen.
    Eine

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