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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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vorgebeugt und das Schokoriegelpapier angestarrt, nicht anders als Hendricks und der Rest am Vormittag. Palmer hatte sofort gesehen, worum es sich handelte. Er hatte es erkannt.
    »Nicklin hat Karen umgebracht, Martin. Er hat sie umgebracht und in einem Graben verscharrt. Dann erzählte er überall, sie sei entführt worden.« Thorne hatte kaum eine Sekunde weggesehen, doch als er wieder zu Palmer blickte, war dessen Gesicht nass. »Kommen Sie, haben Sie das nie in Betracht gezogen?«
    Palmer hatte die Hand ausgestreckt und über den Plastikbeutel gelegt. Ihn den Blicken entzogen.
    »Karen war sein erstes Opfer«, hatte Thorne erklärt. »Vermute ich zumindest. Es ist nicht mehr viel übrig von ihr, um Tests durchzuführen. Daher werden wir es nie mit letzter Sicherheit sagen können, doch wie ich es sehe, ist er über sie hergefallen. Missbrauchte sie sexuell, bevor er sie umbrachte …«
    Palmer hatte aufgeblickt und zwei Finger hinter seine Brillengläser gesteckt, um sich die Augen zu wischen. »Wie hat er es getan?«
    »Er hat sie stranguliert. Ihr ein Seil um den Hals gewickelt. Stuart, den Sie liebten.«
    »Ich glaube nicht, dass er ihr so was angetan hat. Sexuell, mein ich.«
    Höhnisch hatte Thorne erwidert: »Sie haben Recht, das ist nur eine Vermutung. Dann belassen wir es eben dabei, dass er sie ermordete und ihre Leiche in einen Graben warf, ja? Haben Sie sich je gefragt, wie viele er vielleicht noch umbrachte, Martin? Wie viele Karens es wohl gibt?«
    Abrupt hatte Palmer seine Augen gesucht. »Ich will sehen, wo sie war.«
    »Das wissen Sie doch. Am Bahndamm. Ich hab es Ihnen gesagt. Wir fanden die Leiche in einem Entwässerungsgraben …«
    »Ich will es genau sehen. Ich möchte gerne sehen, wo er Karen hingelegt hat.«
    Thorne kannte solche Bitten von Freunden und Verwandten von Opfern. Zeigen Sie mir, wo er starb. Bringen Sie mich an den Ort, wo sie sie töteten. Wo passierte der Unfall! Orte waren wichtig für die Leute. Ein Platz, an dem sie ein Zeichen hinterlassen, den sie besuchen konnten. Und – dank Diana und dem Erscheinen der Schreinkultur – ein Platz für vollkommen Fremde, um haufenweise Blumen oder Teddybären abzulegen.
    Doch Palmer war kein Opfer. Palmer saß in Untersuchungshaft und wurde des Mordes beschuldigt.
    »Tut mir Leid, das geht nicht. Warum auch? Sie haben die Leiche weggebracht. Sie ist nicht mehr dort. Es gibt nichts mehr zu sehen …« Thorne sagte das so dahin, war sich aber nicht sicher. Die Leiche hatten sie wohl inzwischen entfernt, aber er hatte keine Ahnung, was dort sonst noch abging.
    »Ist mir egal. Ich will es sehen.«
    »Vergessen Sie’s.« Thorne stand auf und vertrat sich kurz die Beine. »Sie haben uns geholfen, die Leiche zu lokalisieren, das stimmt. Aber das hier bringt nichts. Selbst wenn ich es befürworten würde, was ich nicht tue, bekäme ich keine Bewilligung.«
    »Bitte.«
    »Seien Sie ruhig.« Es schien mit Palmer stets auf die gleiche Weise abzulaufen. Thorne hatte das Gefühl, beinahe so etwas wie Mitgefühl für ihn zu empfinden, was sich dann aber sehr rasch in etwas verwandelte, was definitiv Wut war. »Warum zum Teufel sollte ich …«
    Palmer schob seinen Stuhl zurück und sprang auf. Durch das Fenster an der gegenüberliegenden Wand konnte Thorne sehen, wie einer der Gefängniswärter sich daran machte zu überprüfen, ob es ein Problem gab. Er wollte gerade signalisieren, alles sei in Ordnung, als Palmer die Worte sagte, auf die Thorne seit dem Tag, da er ihn selbst abgeliefert hatte, so verzweifelt wartete.
    »Da ist noch was, was ich Ihnen gern erzählen wür de …«
    Jetzt, in seiner Wohnung, läutete das Telefon.
    Thorne stand auf, schaltete das Fernsehgerät aus und holte das Telefon von dem Tisch neben der Wohnungstür. Dabei achtete er darauf, nicht auf das halb gegessene Sandwich zu steigen, das auf einem Teller am Boden lag. Er ließ sich rücklings über die Stuhllehne fallen und drückte auf den Knopf.
    Es war sein Dad. Sie hatten seit etwa zwei Wochen nicht mehr miteinander gesprochen.
    »Tom …«
    »Wie geht’s so?«
    »Gut, weißt du.«
    »Hast du einen Witz auf Lager heute Abend oder eine Rätselfrage?«
    »Tom, ich bin’s, Dad.«
    »Weiß ich.« Thorne lachte. »Alles in Ordnung mit dir?« Sein Dad atmete schwer ins Telefon. »Hör mal, du hast mir nie erzählt, wie’s mit den Jungs im Legion lief.«
    »Was?«
    »Die Scherzfrage, mit der du sie reinlegen wolltest. Du hast mich angerufen und nach den schlimmsten

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