Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
die Quelle für die früheren Sachen, aber das hier musste jemand vom Team sein. »Ich krieg raus, wer dahinter steckt.«
»Gut. Allerdings muss ich zugeben, dass es uns im Augenblick eher nützt. Wir haben angefangen, stückweise die Geschichte von Karen McMahon rauszugeben.« Thorne wirkte leicht verwirrt. »Sie wurde vor sechsunddreißig Stunden offiziell identifiziert. Etwa um die Zeit, als diese Aufnahme gemacht wurde.«
Thorne musste sich bemühen, wieder Tritt zu fassen. Er war nicht mehr auf dem Laufenden, seit er Palmer am Donnerstagnachmittag auf den Rücksitz des Mondeo gesetzt und ihn zum Bahndamm gefahren hatte.
Ich denke, er könnte Polizist sein …
»Die Geschichte hat ein irrsinniges Potenzial, Drama, human interest“, fuhr Norman fort. »Was natürlich wunderbar ankommt. Fünfzehn qualvolle Jahre für die Eltern und all das. Dazu die einfache Tatsache, dass ein Mordfall gelöst wurde. Der Fund dieser Leiche hat einer Menge Leute geholfen. Damit können wir verlorenen Boden gutmachen.«
Der stechende Schmerz, der sich über Thornes Gesicht zog, nahm einen Tick zu. Er kramte in seiner Tasche nach einem Schmerzmittel. »Eine Leiche habe ich gefunden – und einen Mörder verloren.«
Norman lachte, ein pfeifendes Wiehern. »Genau. Doch das gleicht sich aus.« Er hielt in jeder Hand eine Zeitung. Er hob sie hoch, um seinem Argument Nachdruck zu verleihen. »Dank der Pluspunkte, die wir kriegen, weil wir Karen McMahon gefunden haben, können wir sie mit Palmers Flucht auf den Marktplatz lassen. Und hoffentlich können wir ein oder zwei der weniger beeindruckenden Details der Ermittlung raushalten.«
Weniger beeindruckende Details der Ermittlung?
» Genau«, stimmte Thorne zu. »Klar wäre ich dankbar …«
Thorne schenkte sich selbst ein Glas Wasser ein. Er brauchte es, um die Pillen zu schlucken und einen sehr unangenehmen Geschmack aus dem Mund zu bekommen. Als er den Kopf nach hinten legte, sah er Brigstocke, der durch die Einsatzzentrale auf sie zukam, drei Plastiktassen in den Händen.
»Der Kaffee kommt …«
»Wunderbar.« Normans Handy klingelte. Er sah auf das Display. »Entschuldigen Sie mich, ich muss damit …«
Thorne beobachtete, wie Norman den Anruf entgegennahm, ihnen dabei den Rücken zukehrte und in das Handy flüsterte. Es fiel ihm schwer, zwischen dem Schmerz und dem Wirrwarr zu unterscheiden, die in seinem Kopf wie zwei sehr lange Züge aufeinander prallten und sich endlos ineinander verkeilten. Norman, der sich entschuldigt … eine Leiche gefunden, einen Mörder verloren … eine undichte Stelle im Team … das Directorate of Professional Standards … Palmers Stimme im Auto, als er das über Nicklin sagte. Dann war da noch ein äußerst wenig beeindruckendes Detail der Ermittlung, von dem er ihnen noch gar nichts erzählt hatte …
McEvoy war im Internet. Holland hatte die Seite nicht erkannt, die sie auf ihrem Schirm aufgerufen hatte, aber der Blick, den er auffing, bevor sie ihn sah und die Seite verließ, ließ ihn vermuten, dass es sich dabei um einen Mail-Server gehandelt haben könnte. Sie sollten das System nicht benutzen, um persönliche E-Mails zu senden oder zu empfangen, doch Holland sagte nichts. Insgesamt betrachtet war das trivial, und außerdem war er sich klar darüber, wie jeder Kommentar dazu aufgenommen würde.
»Wenigstens verlässt du das Büro nicht, wenn ich hereinkomme. Wir machen anscheinend Fortschritte.«
McEvoy zuckte mit den Achseln, ohne aufzublicken. »Darf mir doch von dir nicht vorwerfen lassen, ich würde meinen Job nicht ordentlich erledigen.«
Holland sah keinen Sinn darin, um den heißen Brei herumzureden. Er machte den Mund auf und sprach es aus. »Ich finde, einer von uns muss sich in ein anderes Team versetzen lassen.« An ihrem Gesicht konnte er ablesen, dass er sie getroffen hatte. »Komm schon, daran hast du doch auch schon gedacht
Sie fiel ihm ins Wort. »Ich geh auf keinen Fall.«
»Sarah …«
»Genau, das ist es doch. Mit einer von uns meinst du mich, oder?«
Jetzt wäre der richtige Zeitpunkt zu gehen, wenn er das wollte; zu vergessen, dass er das Thema angesprochen hatte, und das Beste draus zu machen. Er zögerte. »Ja.«
»Vergiss es.«
»Du hast ein Problem, nicht ich.«
»Bist du dir da so sicher?«
»Fang bloß nicht an, mich zu analysieren. Ich zieh mir mein Gehalt nicht die Nase hoch und setze das Leben meiner Kollegen aufs Spiel …«
Das brachte schlagartig Farbe in McEvoys Gesicht. Sie spürte,
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