Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders
so übel aus?«
»Sobald die Blutergüsse zurückgegangen sind, ist wieder alles in Ordnung. Eine gebrochene Nase ist eigentlich ganz cool. Frauen stehen auf so was …«
»Bitte …«
»Bei allem Respekt, Sir, es ist doch eine Tatsache, dass Sie schon zuvor ziemlich hässlich waren.«
Kein Nasenbohren und kein Schnäuzen hatte es geheißen. Auch Lachen, fand Thorne, gehörte definitiv auf die Liste gesetzt.
Thorne wartete mit dem Anruf, bis es ruhig wurde im Büro.
Sein Herz klopfte ihm bis zum Hals, als er die Nummer wählte, so wie jedes Mal, wenn er die Nummer von zu Hause aus versucht hatte. Ein Dutzend Mal oder öfter, seit er aus dem Krankenhaus entlassen worden war.
Er wartete auf die Verbindung.
Er hätte es nicht für sich behalten sollen, da ließe sich einiges machen – Anrufe zurückverfolgen –, aber sein Instinkt sagte ihm, ihre Anstrengungen wären vergebens und dass er richtig handelte.
Das Telefon läutete.
So könnte er seinen Fehler vielleicht wieder gutmachen.
»Hier ist Tom Thorne. Hinterlassen Sie eine Nachricht, oder versuchen Sie es unter meinem Anschluss zu Hause. Die Nummer lautet: …«
Plötzlich erinnerte sich Thorne an vorhin, als er Steve Norman bei einem Anruf beobachtet hatte. Er rief sich den Pressesprecher vor Augen, als sein Telefon läutete. Wie er auf das Display blickte, bevor er den Anruf beantwortete.
Die Anruferkennung …
Diese Nummer wurde unterdrückt, so wie seine Nummer zu Hause. Beide würden auf dem Display nur als Platzhalter erscheinen. Die Anrufe würden nicht beantwortet werden. Er brauchte eine registrierte Nummer, die angezeigt wurde und demjenigen, der im Augenblick sein Telefon besaß, eine Vorstellung gab, wer anrief.
Thorne öffnete die Tür, ließ die Augen über die Einsatzzentrale schweifen und hoffte, dass Dave Holland noch nicht gegangen war.
Minuten später wählte er die Nummer noch einmal von dem Handy aus, das er sich von Holland geliehen hatte.
Der Name würde auf seinem Telefon erscheinen. Er hatte es selbst programmiert.
Das Telefon begann zu läuten …
Wer immer in seinem Besitz war, würde auf dem kleinen Display HOLLAND MOB lesen und daraus sicher den Schluss ziehen, wer ihn anrief. Und vielleicht riskieren, den Anruf anzunehmen.
Der Anruf wurde beantwortet.
»Palmer. Hier ist Thorne.«
Fünfzehn Sekunden. Thorne fing bereits an sich zu fragen, ob das am anderen Ende der Leitung vielleicht gar nicht Palmer war. Dann kam diese Stimme, die durch das Telefon noch nasaler wirkte. »Es tut mir wirklich Leid, Mr. Thorne …«
»Sie haben mir die Nase gebrochen …«
»Das tut mir Leid, das wollte ich nicht.«
Thorne trat ans Fenster, schaute hinaus auf die Lichter von Hendon, die Autos, die auf der M1 Richtung Norden rasten. »Warum haben Sie mein Handy mitgenommen?«
»Es wird nicht lange genug eingeschaltet sein, um diesen Anruf zurückzuverfolgen. Ich nehme an, das haben Sie vor …«
»Haben Sie es genommen, um mehr Zeit für Ihre Flucht zu haben, oder weil Sie wussten, ich würde Sie anrufen?«
Thorne konnte hören, wie Palmer atmete und über die Frage nachdachte. »Ich glaube, von beidem etwas.«
»Das ist so dumm, wissen Sie. Wir finden Sie. Sie haben sich bereits einmal gestellt, Sie sollten es wieder tun.«
Palmer lachte, doch sein Lachen klang verzweifelt. »Wieso? Macht das einen Unterschied beim Strafmaß?«
»Warum kümmert Sie das? Sie wollten ohnehin Ihr ganzes Leben weggesperrt werden. Was hat sich geändert, Martin? Warum tun Sie das?«
»Ich sollte Schluss machen …«
»Liegt es an dem, was ich über das Gefängnis gesagt habe? Wie es Ihnen dort ergehen könnte?«
»Nicht wirklich. Ja, in gewisser Weise schon …«
Thorne betrachtete sein Spiegelbild in dem nachtschwarzen Fenster, die Blutergüsse – dunkle Flecken in seinem Gesicht. Für den Bruchteil einer Sekunde vergaß er, dass er mit einem Mörder plauderte. Er kam sich vor wie ein Darsteller in einem düsteren Popvideo. Sein Mund formte diese unzusammenhängenden Sätze – merkwürdige Gesprächsfetzen, die in eine dunkle Ballade über Verlust oder die Unmöglichkeit des Verzeihens einflossen.
»Was meinten Sie im Auto? Was meinten Sie damit, Nicklin könnte ein Polizist sein?«
»Ich meinte nichts damit. Das habe ich nur so gesagt. Ich musste Sie ablenken …«
»Das ist Quatsch, Martin. Sie hätten alles Mögliche tun oder sagen können. Warum haben Sie genau das gesagt?«
»Ich hatte so ein Gefühl, das ist alles. Nur ein
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