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Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders

Titel: Tom Thorne 02 - Die Tränen des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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Teletext, aber nichts war besser, als es frisch auf dem Tisch zu haben. Es den ganzen Tag über an den Fingerspitzen zu spüren. Er kaufte sich stets zwei Zeitungen. Ein Boulevardblatt und eines dieser seriösen Blätter. Er brauchte beides, die Ausführlichkeit und die Kürze, das Detail und den Ekel.
    Er wartete nun bereits vier Tage auf die neueste … Berichterstattung. Irgendwann würden die Geschichten erscheinen, Seite an Seite mit politischen Analysen in der seriösen Zeitung oder neben dem Foto eines schmollenden, toplastigen Luders in dem Boulevardblatt. Scheiße, wie er das alles mochte. Die Vorfreude, die, genauso wie bei der Tat selbst, mit jedem weiteren Tag ohne Nachricht größer, ja beinahe unerträglich wurde.
    Jetzt war die Wartezeit vorbei. Heute war der Tag, und er freute sich wirklich schon darauf, was sie diesmal schreiben würden. Dieses Mal würde es sehr interessant werden.
    Er nippte an seinem überteuerten Cappuccino und holte sich die zwei Zeitungen aus der lila WH-Smith-Tüte. Heute waren es ein Independent und ein Mirror . Die alte Frau ihm gegenüber biss ein Riesenstück von ihrem Süßteil ab und grinste ihn an. Er lächelte zurück, als er den Independent aufschlug …
    Da war es. Da waren sie.
    Er warf einen Blick auf seine Uhr. Er musste frühestens in einer Viertelstunde zurück sein. Fünfzehn wunderbare Minuten, in denen er abschalten, seinen Kaffee genießen und in die Berichte über zwei brutale Morde eintauchen konnte. Wobei er über einen natürlich Kenntnisse aus erster Hand besaß. Einer war so real, so frisch in seiner Erinnerung, dass er noch immer die Kotze des Mädchens riechen konnte. Säuerlich und alkoholisch. Sie hatte sich in dem Augenblick übergeben, als er die Pistole hob. Riss den Mund auf, als wollte sie losschreien, und übergab sich stattdessen. Er war geistesgegenwärtig einen Schritt zurückgewichen, um seine Schuhe zu retten, und hatte dann einen Satz über die Kotze gemacht und ihr die Pistole an den Kopf gehalten.
    Der andere Mord, der von Palmer … das war eine Geschichte, die die Blödmänner sich ausgedacht hatten.
    Die Details waren gut, klangen durchaus überzeugend, waren aber reinste Zeitverschwendung. Palmers Motivation war Angst, so einfach war das, war es immer gewesen. Seine Angst vor Nicklin war der Grund, warum er mordete. Aber wovor er wirklich Angst hatte, war, ihn hängen zu lassen. Bockmist gebaut zu haben wäre das Einzige, was Martin genug Angst machen könnte, um ihn dazu zu bewegen, sich zu stellen. Nachdem Nicklin das Mädchen in der Wohnung erschossen hatte, hatte er Palmer am nächsten Tag beobachtet. Er hatte ihn aus seiner Wohnung schleichen sehen, als befände er sich in einem Traum. Er war ihm den ganzen Weg bis zur Polizeiwache gefolgt. Hatte ihn wie einen Betrunkenen hineintorkeln sehen. Sein Versagen haftete an ihm wie der fleckige Verband auf seinem feisten Schädel.
    Jetzt wollten sie also, dass er nichts von Palmers Festnahme erfuhr. Zu spät. Die wirkliche Frage, die sich stellte, war natürlich, wie er darauf reagieren sollte …
    Damit würde er sich später auseinander setzen, während er angeblich arbeitete. Jetzt blieben ihm noch zehn Minuten, um alles über die zwei Morde zu lesen.
    Einer echt, einer falsch …
    Über welchen Mord er wohl lieber lesen würde?
     
    Thorne sah zu, wie die Welt um ihn herum sich drehte, zu rasen schien, frenetisch ihren Geschäften nachging. Die Leute schwirrten wie Schmeißfliegen herum, kauften Geschenke, die sie nicht verschenken wollten, schleppten Tragetüten voller Nahrungsmittel, die sie nicht essen würden. Sie konnten nicht anders. Waren gefangen in diesem Verhalten. Friede, Freude und Socken allen Menschen …
    Einige waren auf absurde Weise glücklich.
    Einige hassten es, machten die Luken dicht.
    Ein traumatisiertes Elternpaar organisierte die Beerdigung seiner Tochter.
    Während all das da draußen ablief, verbrachte Tom Thorne die letzten Tage vor Weihnachten damit, seine Arbeit in dem ihm eigenen Tempo zu verrichten. Langsam aber sicher praktisch jeden vor den Kopf zu stoßen, der ihn kannte.
    Für die meisten Polizisten war das Wort »Überstunden« sakrosankt, wurde manchmal noch höher gehalten als »überführt«.
    Doch nicht an Weihnachten.
    Rückte Weihnachten näher, wurden die Bullen leicht reizbar. Selbstgerecht, sentimental und ungehalten in ihrer Überzeugung, das Salz der Erde zu sein. Herrgott … (was natürlich keineswegs in einem religiösen Sinn

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