Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes
…«
Thorne drückte den Knopf auf der grindigen, weißen Klingelanlage und trat einen Schritt zurück. Er sah nach oben, der graue Vorhang bewegte sich nicht. Rechts von ihm war ein großer, hässlicher Fisch, den er nicht kannte. Die Ladenfront war original erhalten, die zum Fensterornament passenden Wandkacheln waren die alten, doch die Preise und Waren lagen auf Linie mit dem einundzwanzigsten Jahrhundert und der schicken Lage. Schwertfischsteak für fünf Pfund das Stück und keine Hornschnecke zu sehen …
»Ja …?«
»Mr. Dodd? Ich wollte mit Ihnen reden, ob ich vielleicht Ihr Studio für eine bestimmte Zeit mieten kann …?«
Das Misstrauen war in jedem Knacksen des Lautsprechers deutlich zu hören. Er sah noch einmal zu dem hässlichen Fisch und merkte, wie er unwillkürlich die Augenbrauen nach oben zog. Was hältst du davon?
Er stand unter Strom.
Charlie Dodd stand am oberen Ende einer schmalen, schmucklosen Treppe. Ein Mann in den Fünfzigern mit dünnen Lippen und schütteren, sorgfältig über die Glatze verteilten Haaren. Mit einem Lächeln verstellte er den Weg und tat dabei, als sei das eine Begrüßung.
Als Thorne oben angekommen war und den Polizeiausweis zückte, erstarrte das Lächeln zu einer Grimasse.
»Sie haben einen Durchsuchungsbefehl?«
»Ich brauche keinen, Sie haben mich heraufgebeten.«
»Hören Sie, Sie sind augenscheinlich keiner von Detective Inspector Daveys Jungs. Alles längst geklärt …«
Eine ganze Menge hatte sich in den vergangenen vierzig Jahren in Soho nicht geändert. Thorne versuchte, sich den Namen einzuprägen, als er an Dodd vorbeiging und eine ungestrichene Furnierholztür aufstieß.
Dodd blieb ihm auf den Fersen. »Worum geht es hier eigentlich …?«
Das Studio war nicht größer als ein durchschnittliches Schlafzimmer, und das Auffälligste darin war tatsächlich ein Doppelbett. Im Gegensatz zu durchschnittlichen Schlafzimmern waren die Wände schwarz gestrichen, von einem Balken an der Decke hingen Lampen, und Thorne vermutete, dass sich ein ähnlich breites Arsenal an Sexspielzeug und -klamotten höchstens in den Schlafzimmern einiger hochrangiger Parlamentarier fand …
Am Fußende des Bettes drehte sich ein Mann um, nahm eine große Videokamera von der Schulter. Hinter ihm, etwa einen halben Meter vom Bett entfernt, sah Thorne den weißen Studiohintergrund mit dem Brandfleck in der rechten unteren Ecke.
Zwei dünne, blasse Mädchen lagen auf dem Bett. Die eine zog den Arm unter der anderen heraus und tastete auf dem Boden nach einem Päckchen Zigaretten. Die andere, das Gesicht weiß wie Briefpapier, starrte ihn an.
»Was soll denn das?«, sagte der Mann mit der Kamera.
Thorne lächelte. »Lassen Sie sich nicht stören …«
Dodd hob beschwichtigend die Hand und wandte sich Thorne zu. »Jetzt hören Sie, hier läuft nichts Illegales, also warum verziehen Sie sich nicht einfach?«
»Was ist mit dem Zeug, das Sie gerade aus Holland geholt haben, Charlie?« Thorne trat vor und drängte Dodd in die Ecke. »Tut mir Leid, Sie bevorzugen Charles …«
Die wässrigen, grünen Augen verengten sich, während Dodd fieberhaft nachdachte, herauszufinden versuchte, wer das Maul so weit aufgerissen hatte. »Was wollen Sie?«
Thorne zog das Bild aus dem Umschlag. »Diese Aufnahme wurde hier gemacht.« Er reichte es Dodd. »Ich möchte nur wissen, wer sie gemacht hat. Dürfte nicht allzu schwierig sein …«
Dodd schüttelte den Kopf. »Ist nicht von hier.«
Thorne rückte ganz nah an Dodd heran, so dass er den Schweiß und das Haaröl riechen konnte. Er deutete mit dem Finger auf den Fleck. Dann hob er Dodds Kopf an und zeigte auf den Brandfleck am Hintergrund.
»Schauen Sie es sich noch mal genau an, Charlie …«
Dodd wandte sich wieder dem Foto zu. Der Mann mit der Kamera hatte sich das Gerät wieder auf die Schulter gelegt. Er brummte den Mädchen etwas zu, die sich auf dem Bett räkelten.
»Wenn die Aufnahme hier gemacht wurde, war ich zu der Zeit nicht da«, sagte Dodd und gab sie Thorne zurück. Er deutete mit einer Kopfbewegung Richtung Bett. »Bei so ’nem Kram kümmere ich mich normalerweise um was anderes …«
Eines der Mädchen begann theatralisch zu stöhnen. Thorne sah hinüber. Die Kamera war auf den Kopf des einen Mädchens gerichtet, während es sich an der Möse seiner Freundin zu schaffen machte. Am anderen Ende des Bettes starrte das Mädchen, das sich einen abstöhnte, währenddessen unverwandt an die Decke und
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