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Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes

Titel: Tom Thorne 03 - Die Blumen des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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der Bikerkluft die Treppe heraufgekommen war. Nichts sprach dagegen, sich als Herr der Lage zu fühlen, eine Gelegenheit vor Augen, jemanden wie einen Schwamm auszuquetschen. Er hatte keine Ahnung, mit wem er es zu tun hatte.
    Kein Zeuge des Remfry- oder Welch-Mordes hatte jemanden mit einem Motorradhelm erwähnt, dennoch musste das überprüft werden. In Soho wimmelte es an jedem beliebigen Nachmittag von Bikes, Motorrollern und Mopeds, die Manuskripte und Videos, Sandwiches und Sushi auslieferten. Es hatte sie beinahe zwei Tage gekostet, jeden Eilkurier aufzuspüren, der geschäftlich in der Gegend unterwegs war, und ihn auszuschließen. Zwei Tage Plackerei, um etwas zu bestätigen, von dessen Wahrheit Thorne ab dem Moment überzeugt gewesen war, als ihm der Kellner beschrieb, was er gesehen hatte.
    Das Gesicht hinter der Motorradbrille war das des Mörders gewesen, und in dem schwarzen Rucksack, den er über die Schulter geschlungen hatte, hatte sich eine blaue Wäscheleine befunden.
    »Was darf ich Ihnen anbieten?«
    Der Büfettwagen war an Thornes Tisch angekommen. Er entschied sich für Tee und Kit-Kat. Er entfernte den Deckel von der Pappkartontasse, wischte die unvermeidliche Wasserpfütze mit der Serviette auf und tauchte den Teebeutel hinein.
    Wieder betrachtete er das Bild, das er vor ein paar Tagen angefangen hatte zu zeichnen. Ein Mann in einem Motorradhelm war zu allgemein, um eine offizielle Zeichnung zu rechtfertigen, aber Thorne hatte an seinem Küchentisch herumgekritzelt und später an seinem Schreibtisch und in der U-Bahn weiter an seiner Skizze gearbeitet. Thorne war als Künstler etwa so begabt wie als Interpret mittelalterlicher Tänze, aber etwas sprach aus diesen dicken, unbeholfenen Schattierungen zu ihm. Etwas in diesen schweren Bleistiftschraffierungen ließ einen Abgrund erahnen, dunkler als die Schutzbrille. Härter und schwärzer als dieses getönte Plastik …
    Er sah auf und blickte hinaus auf die vorbeigleitende Landschaft. Verfolgte, wie sie grüner wurde, wie die Häuser größer wurden, als der Zug nach Hertfordshire hineinfuhr.
    Thorne trank seinen Tee und aß seine Schokolade. Im Fenster spiegelte sich ein alter Knabe, der sich ewig nicht entscheiden konnte, was er bestellen sollte. Eine der beiden Bedienungen am Büfettwagen verdrehte die Augen, und ein Teenager im Jogginganzug seufzte laut vor Ungeduld, um endlich vorbeizukommen.
    Eileen hatte ihn vor ein paar Abenden aus Brighton angerufen. Die Haushaltshilfe seines Vaters hatte Gürtelrose bekommen, und nun war alles etwas chaotisch. Eileen hatte einen Nachbarn aufgetrieben, der freitags einen Eintopf vorbeibrachte, und eine andere Haushaltshilfe gefunden, die aber erst am Montag anfangen konnte. Und wenn niemand da war, der ein Auge auf ihn hatte … aß der alte Herr keinen Bissen …
    Thorne hatte sich schuldig gefühlt, dass sie ihn gefragt hatte, als ob es sich dabei um einen Gefallen handeln würde. Ein paar Kilometer vor St. Albans, mit einem Päckchen der Lieblingspfefferminzbonbons seines Dads in der Tasche, fühlte er sich noch schuldiger, denn er wünschte sich, woanders zu sein. Träumte von einem Sonntag in einem Pub, gemeinsam mit Eve.
    Die automatische Tür am Waggonende ging auf. Die zwei Frauen manövrierten den Büfettwagen an dem Teenager vorbei, der sich inzwischen eine heimliche Zigarette bei den Toiletten genehmigte. Er wandte sich achselzuckend zu ihnen um und blies den Rauch aus dem Fenster.
    Thorne dachte an Yvonne Kitson und ihre Zigarette vor dem Becke House. Er betrachtete sie nicht wirklich als Freundin, denn außerhalb ihrer Arbeit hatten sie nie etwas miteinander zu tun gehabt, aber irgendetwas an diesem Treffen ließ ihn nicht los. Ohne viel darüber nachzudenken, zog Thorne die Adressenliste aus seiner Tasche, sah Yvonne Kitsons Telefonnummer nach und rief sie an. Wahrscheinlich steckte sie bereits bis über die Ellbogen in den Vorbereitungen für den Sonntagsbraten …
    Ein Mann, wahrscheinlich Kitsons Ehemann, meldete sich.
    »Hi, könnte ich bitte mit Yvonne sprechen?«, fragte Thorne.
    »Die ist nicht da.«
    Thorne wartete auf weitere Erläuterungen, doch es kamen keine. »Es ist nicht so wichtig. Könnten Sie ihr bitte sagen, dass Tom Thorne angerufen hat? Vielleicht versuch ich’s später noch mal …«
    »Können Sie, aber ich weiß nicht, wann sie zurückkommt. Sie sagte, sie wäre nur ein paar Stunden weg …«
    Fünf Minuten später, als er den Bahnhof von St. Albans verließ und

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