Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes
Kaffee und ein schiefes Lächeln. »Haben Sie schon öfter undercover gearbeitet?«
»Sind Sie fertig?«
»Sie scheinen das grundlegende Konzept nicht kapiert zu haben.«
»Ich fasse das als ›nein‹ auf …«
Einen Moment lang starrten sie einander an.
Er mochte McCabe, so unpassend das in dieser Situation auch war. Vielleicht fing er später an, ihn unsympathisch zu finden, wenn der Kater nicht mehr ganz so schlimm war.
»Lassen Sie mich raten, warum Sie so gereizt sind«, sagte er. »Und das sind Sie, ob Sie nun lächeln oder nicht …«
McCabe sagte nichts darauf.
»Vielleicht haben Sie Hämorrhoiden oder Geldsorgen. Oder Ihre Liebste hat herausgefunden, dass Sie in Wirklichkeit eine in einem Männerkörper gefangene Frau sind. Wenn Sie mich fragen, liegt es eher daran, dass man Sie nicht informiert hat. Offensichtlich wussten Sie nichts von der verdeckten Ermittlung. Sie waren nicht eingeweiht. So viel steht fest …«
»Letzten Abend noch nicht, nein …«
Thorne nickte, bevor er fortfuhr. Der Punkt ging an McCabe. »Ich spreche über die Obdachlosenmorde im Allgemeinen. Vielleicht sind Sie als leitender Polizeibeamter einer Spezialeinheit, die sich um die Obdachlosen kümmert, der Meinung, man hätte sich mit Ihnen in Verbindung setzen sollen.«
McCabes Lächeln war verschwunden.
»Ich weiß Bescheid«, erklärte Thorne. Die Entscheidungen, wer mit wem redete, waren getroffen worden, bevor er hinzukam. Aber er wusste doch, wie das lief. Es gab nicht nur bei Computern Kommunikationsprobleme. Und so widerwillig Brigstocke diesen Fall angenommen hatte, sobald er in seinen Zuständigkeitsbereich fiel, war sein Major Investigation Team so versessen auf Besitzstandswahrung wie alle anderen. Es galt, so wenig wie möglich an Fachwissen und Informationen preiszugeben. »Sie kennen die Spielregeln. Jeder nimmt, was er kriegt, und gibt im Gegenzug so wenig wie möglich.«
McCabe lehnte sich zurück und strich sich mit dem Finger und dem Daumen über seine Golfballkrawatte. »Ich bin noch nicht lange in diesem Laden, aber ich habe mich darum bemüht, diese Gegend hier so gut kennen zu lernen wie meine Westentasche. Ich habe zu den meisten Leuten, die hier Nacht für Nacht Platte machen, eine Beziehung aufgebaut. Eure Leute haben sich beschwert, dass ihnen niemand etwas erzählt, ihnen traut. Aber die Penner hier kennen meine Leute. Ihnen hätten sie vielleicht was erzählt. Wenn man sie eingeweiht hätte.«
»Aber man hat Sie doch sicher hinzugezogen?«
»Man hat sich mit uns in Verbindung gesetzt.« Er sprach das Wort mit unverhohlenem Widerwillen aus.
»Sie haben Recht«, sagte Thorne. »Es war ein Fehler. Sie hätten uns beide miteinander bekannt machen sollen, bevor ich auf der Straße schlief.«
McCabe nickte, als halte er das im Nachhinein für eine ausgezeichnete Idee, und hob resigniert die Hände. »Wie läuft’s denn so?«, fragte er. »Es ist etwas ruhiger geworden, seit Radio Bob umgebracht wurde.«
Thorne trank einen Schluck Kaffee. Ließ sich ein paar Sekunden Zeit, um seine Antwort zu formulieren. Was seine Rolle in der Angelegenheit betraf, war die Katze aus dem Sack und pinkelte froh und munter überallhin, wo es unerwünscht war. Nichtsdestotrotz erschien es ihm am besten, den Rest für sich zu behalten. Natürlich hatte McCabe jedes Recht, gekränkt zu sein, dass man ihn außen vor ließ und ihm keine Gelegenheit gab, sich als nützlich zu erweisen.
Dennoch hatte Thorne das Gefühl, besser nichts zu sagen.
McCabe verstand. »Und es wird auch ruhig bleiben, richtig?«
»Wie gesagt, Sie kennen die Spielregeln …«
Da war es wieder, das schiefe Lächeln. Aber ohne Wärme. »Sie haben also nichts dagegen, mir in den Arsch zu kriechen, wenn es Sie weiterbringt. Wenn ich hier sitze und darüber entscheide, ob ich den Bericht über diese Schlägerei weiterleite.«
»Hören Sie …«
»Aber wenn ich mit Ihnen über Ihren Fall reden möchte, haben Sie plötzlich nichts zu sagen. Schade nur, dass Ihre Lippen gestern nicht so versiegelt waren.«
»Ich habe es geahnt.«
McCabe schob seinen Stuhl zurück und stand auf. »Was immer sonst läuft, ich hoffe, dass Dan Britton Sie anzeigt. Dann können Sie Ihr Glück beim DPS versuchen.«
Das Directorate of Professional Standards. Die Leute, die in Sachen Korruption, Rassismus und Gewalt intern ermittelten. Vor ein paar Monaten erst waren sie in die Schlagzeilen gekommen, nachdem sie zwei viel versprechende Jungunternehmer aus der Flying
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