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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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sich hin gesoffen und versucht, nicht an das Video zu denken.
    »Nicht genug.« Thorne spürte das Gewicht der Dosen in seinem Rucksack. »Aber ich hab noch …«
    Er war geradewegs in den nächsten Tesco Metro marschiert und hatte sich für ein Viertel seines Wochengeldes acht Dosen Bier gekauft.
    »Wär besser, du hebst dir ein paar auf«, meinte Caroline.
    Er hatte sich in der Bedford Street mit Spike und Caroline getroffen, und seither liefen sie ziellos in Covent Garden herum. Vor einer Stunde hatte Thorne erklärt, er wolle schlafen und müsse daher zurück zu seinem Platz am Theater, aber irgendwie hatte er es nicht geschafft, eine Richtung einzuhalten, und solange er noch ein offenes Bier in der Hand hatte, wollte er sich nicht einfach so schlafen legen.
    »Nehmt euch eine!« Thorne versuchte, nach hinten, in den Rucksack, zu fassen, griff jedoch daneben.
    »Ich sag dir doch, ich mag keine«, sagte Spike. »Aber wenn du meinst, nehm ich eine und verkauf sie …«
    »Verpiss dich«, sagte Thorne.
    Caroline verzog das Gesicht zu einer Grimasse. »Das Zeug schmeckt widerlich …«
    »Ich kapier nicht, warum ihr zwei kein Bier trinkt.« Thorne hob die goldrote Dose hoch und las die Aufschrift. By Royal Appointment. »Wenn es gut genug ist für den dänischen Königshof …«
    »Wir sparen lieber unser Geld«, sagte Spike. »Und geben es für die wirklich guten Sachen aus.«
    Caroline hakte sich bei Thorne unter. »Ich trink schon mal ’nen Wodka, wenn ich einen angeboten krieg.«
    »Das kommt garantiert alles aus diesem Scheiß-Dänemark«, meinte Thorne.
    Spike kicherte.
    »Wär doch schön, sich mal nett anzuziehen und auszugehen.« Caroline legte den anderen Arm um Spike und zog ihn an sich. »Zum Tanzen oder so. Einen Wodka Tonic trinken oder ein paar Cocktails …«
    Spike beugte sich zu ihr und küsste sie, während Thorne sich losmachte.
    Er pfiff. »Mensch, jetzt knutsch sie und sag ihr, dass du sie liebst.« Er war sich klar, wie er sich anhörte. Er lallte nicht gerade, aber er sprach schon sehr langsam und in einer Art Singsang. Auch die Betonung war eigenartig, als würde er durch eine Maschine sprechen. »Los, umarme sie …«
    »Umarmt sie … Seid ein bisschen nett zu den Arschlö chern.«
    Thorne erstarrte und schloss die Augen. Die Dose rutschte ihm aus der Hand und fiel scheppernd auf das Pflaster. »Fuck …«
    Caroline und Spike kamen zu ihm herüber.
    »Du musst dich hinlegen«, sagte Caroline.
    Thorne sah hinunter auf den Boden, wo die dicke goldbraune Flüssigkeit in den Rinnstein lief. Er stieg mit seiner Stiefelspitze hinein. Es hob ihm den Magen, als er zusah, wie der Fleck größer und dunkler wurde. Wie es aus der Wunde in den Sand floss.
    »Ich möchte jetzt schlafen«, sagte er.
    Spike gab ihm einen Schubs. »Ich hab gedacht, ihr Säufer haltet mehr aus …«
     
    Der Schlaf war nahe, aber nicht nahe genug. Noch immer prallten in seinem dumpfen Schädel die Gedanken aufeinander wie in Zeitlupe fahrende Autoscooter …
    Entsetzlich war ein sinnentleertes, kaputtes Wort. Ein beschissenes Essen konnte entsetzlich sein, eine schlechte Fußballmannschaft oder ein mistiger Film. Entsetzlich beschrieb die Sache nicht annähernd: das entsetzliche Verbrechen. So nannten sie es. Brigstocke und die anderen. Nicht Mord. Ein entsetzliches Verbrechen. Hatte wohl mit dem Kontext zu tun …
    In dem Müllcontainer um die Ecke waren Ratten. Er hörte sie, wie sie sich durch die Mülltüten arbeiteten. Die Styroporbecher durchknabberten und die noch vom Kebabfett triefenden Servietten mampften.
    In den Slums von Surbiton und Hackney hatte er schon Schlimmeres gesehen. Oder war zumindest später an den Tatort gekommen. Auf alle Fälle hatte er schon von Schlimmerem gehört – von Vorfällen, die mehr Menschenleben gekostet hatten –, das in diesem und anderen Kriegen passiert war. Er hatte es in den Nachrichten gesehen. Waren das nicht auch entsetzliche Verbrechen?
    Er rülpste und schmeckte das Special Brew ein zweites Mal. Stöhnend schluckte er die süßsaure Flüssigkeit hinunter.
    Warum war das, was er auf diesem Stück Scheiße von Video gesehen hatte, schlimmer als ein Bombenangriff auf ein Krankenhaus? Schließlich handelte es sich hier nicht um Zivilisten, sondern um Soldaten. Die von anderen Soldaten umgebracht wurden. Und doch war es irgendwie schlimmer. Jedem war klar, dass Dinge schief liefen, Maschinen Probleme machten und Leute Mist bauten. Aber das hier war mehr als Mist bauen, das

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