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Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes

Titel: Tom Thorne 05 - In der Stunde des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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war der blanke Horror. Das war unmenschliches Verhalten derer, die dort waren – die angeblich für humanitäre Zwecke dort waren.
    Er drehte sich auf die Seite und stieß den Ellbogen in den Rucksack in seinem Rücken, wobei er an dem zerschlissenen Schlafsack zog. In dem Schwall warmer Luft, der aus dem Schlafsack quoll, konnte er sich selbst riechen.
    Was er auf diesem Video gesehen hatte, was am Ende passiert war, war letztlich schlimmer als die Exekution selbst. Aber wer immer hinter der Kamera stand, hatte die Erschießungen selbst nicht gefilmt. Das Video gab keinen Aufschluss darüber, ob jeder der vier Soldaten seinen Part übernommen hatte.
    Ob jeder von den unseren einen von den ihren erschossen hatte …
    Er wünschte sich, dass dem nicht so gewesen war. Hoffte, dass nur ein Soldat – oder im schlimmsten Fall zwei – die Erschießungen durchgeführt hatte. In seiner Vorstellung positionierte einer der Soldaten die Gefangenen in einer Reihe und versuchte, so viele wie möglich mit einem Schuss zu erledigen. Wenn die Köpfe nah genug beisammenstanden, würde die Kugel dann geradewegs durch einen Kopf und zum nächsten sausen? Vielleicht sogar durch zwei oder drei …?
    Jetzt wurden diese Soldaten selbst gejagt und umgebracht. Aber totgetreten hin oder her, das Mitleid für sie hielt sich in Grenzen. Sie würden nicht dasitzen und darauf warten, dass es passierte. Dass sie an der Reihe waren.
    Er legte sich hin und drehte den Kopf zur Seite. Das Pflaster fühlte sich herrlich kühl an.
    Es musste der Typ hinter der Kamera sein. Genau. Es war ein Bauchgefühl, es war deutlich zu spüren zwischen dem Bier und dem Tee und den Sandwiches. Sie würden es bald wissen. Sie würden wissen, was damals passierte, wenn sie die anderen beiden Soldaten gefunden hatten. Falls sie noch lebten, konnten sie den Mann hinter der Kamera identifizieren.
    Ein Mensch schoss Fotos von schießenden Soldaten.
    Idiotisches Wortspiel …
    Ein vertrauter Geruch stieg Thorne in die Nase, und er schlug die Augen auf.
    Er hatte keine Ahnung, vor wie vielen Stunden Spike und Caroline ihn in diesem Eingang zurückgelassen hatten. Und genauso wenig hatte er einen blassen Schimmer, seit wann Spike wieder zurück war und hier, einen dünnen Joint in der Hand, auf den Stufen saß. Thorne war, was die Uhrzeit anbelangte, auf sein Handy angewiesen. Aber selbst wenn er es hier vor Spike hätte herauskramen können, wäre es ihm das nicht wert gewesen …
    »Wann seid ihr zurückgekommen?«
    »Gerade eben.« Ohne sich umzudrehen, bot er Thorne den Joint an. »Willst du ziehen?«
    Thorne lehnte brummend ab. »Wo ist Caroline?«
    Von hinten sah Thorne das Achselzucken und das Kopfschütteln, aber nicht den Gesichtsausdruck. »Hat zu tun …«
    Er hatte die Augen, so kam es ihm vor, kaum eine Sekunde geschlossen, als er etwas oben gegen die Wand klatschen hörte. Er spürte etwas im Gesicht.
    »Scheiße, was ist denn das?«
    Er setzte sich auf und wischte sich über den Mund. Auf Boden und Schlafsack klebten die Überreste eines Hamburgers. Er sah, wie Spike auf zwei Männer zuging, die mitten auf der Straße Stellung bezogen hatten.
    »Was soll der Scheiß?«, fragte Spike.
    Der Mann, der antwortete, trug einen grünen Parka und hatte einen leeren Gesichtsausdruck. Er tat so, als wolle er sich entschuldigen, und nuschelte so etwas wie: »Tut mir Leid, Kollege, hab gedacht, das wär ein Abfallhaufen …«
    Der zweite Typ hatte eine Glatze und ein schmales Gesicht. Er lachte und schleuderte etwas auf den Bürgersteig. Dabei pfiff er, als habe er eine Granate geworfen. Spike trat zur Seite und sah zu, wie der Becher explodierte und die Eiswürfel und die Flüssigkeit über das Pflaster verteilte.
    »Du Arschloch.« Spike trat vor, worauf der Erste – größer und schwerer als er – ihm entgegentrat.
    Inzwischen hatte Thorne sich hochgerappelt. Er fühlte sich wieder stocknüchtern, mühte sich aber, die Füße aus dem Schlafsack zu schälen. Aus den Augenwinkeln beobachtete er, wie der Mann im Parka sich breitbeinig vor Spike aufbaute.
    »Hast es wohl drauf abgesehen, du Junkiearsch?«
    Dann geriet alles ziemlich schnell außer Kontrolle.
    Bereits während die ersten Schläge landeten, lief Thorne die Stufen hinunter, im selben Moment bewegte sich der Glatzköpfige auf ihn zu. Noch immer in seinem Schlafsack verfangen, fiel Thorne mehr oder weniger auf ihn drauf, und es gelang ihm gerade noch, die Fäuste zu heben und sie dem Typen ins Gesicht zu

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