Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
getan hatte.
Was er war.
Kitson musste richtig laut werden, um die Befragung zu beenden.
Farrell war noch immer am Fluchen, schon heiser und ganz rot im Gesicht, als sie die CD versiegelten und den Wärter riefen.
Das Wetter lud dazu ein, sich ein spätnachmittägliches Glas Bier vor dem Oak zu genehmigen oder in einem der kleinen Vorgärten in der Siedlung nebenan zu gärtnern.
Thorne und Kitson waren auf dem Weg zurück zum Peel Centre. Die ersten Minuten fiel kein Wort. Thorne entging nicht, wie sehr Kitson darunter litt, dass sie die Namen nicht bekam, hinter denen sie her war. Auch er grübelte über das extreme Ende dieser Befragung nach. Genauso wenig ging ihm aber die noch merkwürdigere Reaktion des Jungen aus dem Kopf, als sie ihn wegen der Telefonate mit Luke Mullen befragt hatten.
»Woher kommt das?«, fragte Kitson. »Warum hat er versucht, Latif das anzutun?«
»Glauben Sie, er könnte missbraucht worden sein?«
»Ich hab keine Ahnung. Man kann wohl nicht anders, man sucht einfach nach einem Grund. Geht es Ihnen nicht so?«
»Wie ist der Vater?«
»Nicht unbedingt mein Fall, aber mehr kann ich nicht sagen.«
Sie überquerten die Straße und holten ihren Polizeiausweis heraus, als sie sich der Sicherheitsschranke näherten.
»Was Sie da bei der Befragung sagten, über die Gedanken, die Ihnen durch den Kopf schießen.« Kitson sah ihm in die Augen. »Haben Sie sich das nur ausgedacht?«
»Ja, ich denke schon. Zum großen Teil zumindest. Aber wir sind alle keine Heiligen, oder?« Er zeigte seinen Ausweis vor und ging weiter. »Wenn ich jemanden mit einer Narbe im Gesicht sehe, denke ich darüber nach, wo er die wohl her hat. Und sag mir dann, wahrscheinlich ist er aggressiv, gewalttätig. Ich seh ihn nie als Opfer. Ist da ein so großer Unterschied zu einer Frau, die, wenn ihr nachts ein junger Schwarzer auf der Straße entgegenkommt, sofort denkt, er könnte ihr die Handtasche stehlen?«
»Das liegt am Beruf. Wir erwarten immer das Schlimmste«, meinte Kitson.
»Aber es hat doch auch was mit Vorurteilen zu tun.«
Sie blieben kurz stehen, bevor sie das Becke House betraten, und sahen einer Gruppe Polizeischüler im Sportdress zu, die auf dem Sportplatz Ball spielten, voll Schwung und Elan. Berstend vor Energie.
Er erwischte Porter im Auto, auf dem Weg zurück zum Bristow-Tatort in Shepherd’s Bush.
»Warte kurz, ich habe die Freisprechanlage nicht an …«
Thorne hörte eine Polizeisirene. Vermutlich hielt sie das Telefon tiefer. Denn es gab kaum was Schöneres für einen Streifenpolizisten, als einen DI wegen unerlaubten Telefonierens im Straßenverkehr hochzunehmen.
»Okay, ich bin wieder ganz Ohr.«
Er erzählte ihr von der Befragung Adrian Farrells, von seiner ausweichenden Antwort, als sie ihn mit der Anrufliste konfrontierten. »Die pure Lügengeschichte«, sagte Thorne. »Ich wünschte, ich hätte eine Ahnung, was das bedeutet.«
Er verstand nicht, was Porter darauf sagte, da die Verbindung kurz weg war. Weshalb er sie bat, es zu wiederholen.
»Vielleicht hat er gar nicht mit Luke telefoniert.«
»Wir haben bereits die Eltern überprüft …«
»Und wenn der Rassismus in der Familie liegt? Vielleicht ist Tony Mullen heimlich Mitglied bei der BNP, und Farrells alter Herr ruft ihn ständig an, um die Nazitreffen zu organisieren, was weiß ich.«
»Das hat Kitson bereits überprüft. Die Eltern kennen einander kaum.«
»Er könnte natürlich auch seine Schwester angerufen haben: Juliet.«
Thorne setzte sich auf. Daran hatten sie noch nicht gedacht. »Okay … aber warum sollte er deshalb lügen? In der Mordsache hat er sich so was von dummdreist aufgeführt, sogar jetzt noch, wo ihm doch klar sein muss, dass wir ihn haben. Warum führt er sich so auf im Bau? Er erzählt irgendeine Scheiße, nur damit wir nicht herausfinden, dass er sich mit Juliet Mullen trifft?«
»Weil sie erst vierzehn ist«, sagte Porter. »Wenn er Sex mit ihr hatte, wäre genau diese Reaktion zu erwarten. Männlichkeitswahn hat mit Respekt oder so zu tun. Wenn er wegen dem Mord an Latif ins Gefängnis wandert, dann geht er mit fliegenden Fahnen unter. Er hat niemanden verpfiffen, für seine Kumpel und die anderen Idioten, die so denken wie er, ist er der Held. Mit einem minderjährigen Mädchen zu schlafen passt nicht so ganz zu diesem Image.«
Die Logik war verquer und ergab etwa so viel Sinn wie alles andere in diesem Fall. Thorne sagte Porter, er werde mit Juliet Mullen sprechen. Porter
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