Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
und bog dann scharf links ab.
»Bitte«, sagte Farrell. »Lassen Sie mich hier raus.«
Der Fahrer ignorierte ihn, fuhr die Wache entlang und hielt an der Schranke. Er ließ das Fenster herunter, beugte sich hinaus und drückte ein paar Tasten.
»Ich versteh nicht …«
Die Schranke hob sich.
Endlich verstand Farrell. Kalte Wut packte ihn, übermannte ihn und brach sich in ein paar herausgepressten Flüchen Bahn, die derber wurden, als der Cavalier in den Hof bog und er die wartenden Beamten sah.
Er sah, wie Kitson und der Fahrer einander zunickten, als dieser hielt.
Samir Karim warf die Tür ins Schloss und zog die Jacke an. Er atmete tief aus, als er zu Kitson ging. Sie legte ihm die Hand auf den Arm und ließ sie dort, während sie ein paar Worte wechselten und dabei zusahen, wie die beiden jungen Männer aus dem Fond ausstiegen und weggingen und uniformierte Beamte sich hineinbeugten, um Adrian Farrell herauszuziehen.
Farrell setzte sich fluchend zur Wehr, als man ihm die Handschellen anlegte, und drängte zu Kitson und Karim, die zehn Meter entfernt am Hintereingang standen. »Sie haben mir erzählt, Sie wären ein Taxifahrer, Sie Arsch. Das haben Sie gesagt.«
Karim wandte sich um, genauso wütend, aber Herr seiner Gefühle. »Das ist Quatsch. Ich hab gar nichts gesagt. Sie haben mich einfach nur angesehen und angenommen, ich sei ein Taxifahrer.«
»Niemand hat Sie gezwungen, in das Auto zu steigen«, sagte Kitson. »Sie sind das Opfer Ihrer voreiligen Schlussfolgerungen.«
Genau wie Thorne es vorausgesagt hatte.
»Sie haben mich bedroht.« Farrell sah von Gesicht zu Gesicht, wiederholte die Beschuldigung, wobei er darauf achtete, dass jeder Bulle in Hörweite das auch ja mitbekam. »Sie haben mich bedroht, diese Schweine.«
Das Auf-die-Schulter-Geklopfe und Hand-Geschüttle war noch nicht vorbei, als Kitson zu dem Häftling ging und darauf wartete, dass er zu schreien aufhörte. Nach ein paar Minuten gab sie es auf und tat, was sie tun musste, sprach die Worte, die ihr automatisch über die Lippen gingen.
Verhaftete Adrian Farrell wegen des Mordes an Amin Latif.
Während sie die kurze Rede hielt, dachte sie an Thorne. Wie viel Mühe es ihn gekostet hatte, sie dazu zu überreden. Er hatte sie daran erinnert, wie sie sich Farrells DNS »besorgt« hatte. Sie darauf hingewiesen, dass sie ja bereits einen unorthodoxen Weg eingeschlagen hatte und es daher nicht wirklich schaden konnte, diesen noch etwas weiter zu verfolgen. »Willkommen in der Grauzone«, hatte er gesagt.
»… aber es kann Ihrer Verteidigung schaden, wenn Sie sich später auf etwas berufen, was Sie in der Befragung verschwiegen haben …«
Dass dieses Vorgehen nicht ohne Folgen bleiben würde, war ihr klar: Es würde Fragen geben, Beweise würden nicht zugelassen werden. Thorne hatte Farrells Anwalt und Trevor Jesmond erwähnt. Er würde Wetten annehmen, wer als Erster in die Luft ginge.
Aber das war ihr egal.
Sie sah zu Farrell, und sie wusste, dass sie ihn jetzt hatte. Was immer jetzt noch passierte, sie hatte mehr als genug in der Hand, um ihn und seine beiden Freunde in den Knast zu bringen. Sie stellte sich das Gesicht von Amin Latifs Mutter vor und wusste, sie konnte mit einem Rüffel leben.
Sie folgte in ein, zwei Schritten Abstand, als die Beamten Farrell durch den Käfig führten. Im Untersuchungshafttrakt sah sie zu, wie man ihn zum Wärter brachte und dabei betont langsam an Samir Karim und seinen »Söhnen« vorbeiging – den zwei pakistanischen Detective Chief Superintendents, die Kitson sich vom CID »ausgeliehen« hatte.
Farrell warf ihnen finstere Blicke zu, die er doppelt und dreifach zurückbekam.
Der DC mit dem Kinnbärtchen sog die Luft durch die Zähne. »Und da heißt es immer, es gibt keine weiße Hundescheiße …«
Juliet Mullen brachte Thorne gerade zur Tür, als sein Handy klingelte. Sie ging zurück in die Küche, als er den Anruf entgegennahm, sich wegdrehte und flüsterte.
»Dave?«
»Wo sind Sie?«, fragte Holland.
»Ich bin bei den Mullens.«
»Mein Gott …«
»Wie lief’s mit Farrell?«
Holland klang verwirrt, durcheinander, als er die Antwort hervorsprudelte: »Kitson hat die Namen. Sir, das hier ist wichtig.«
Thorne hörte zu. Holland nannte ihn nicht sehr oft »Sir«.
»Ich dachte, ich dreh durch«, sagte Holland. »Ich wär übermüdet, hätte die falsche Liste oder was.« Er erklärte, dass es ihm endlich gelungen sei, das letzte Mitglied des MAPPA-Ausschusses aufzutreiben.
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