Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
Dass die Leute, die jetzt unter Margaret Stringers alter Adresse zu erreichen waren, sich endlich bei ihm gemeldet hätten. Sie waren weg gewesen, hatten nun aber die Telefonnummer gefunden, die man ihnen da gelassen hatte, als sie das Haus vor fünf Jahren kauften. »Als ich angerufen hab, hab ich gedacht, ich hätte aus Versehen die falsche Nummer gewählt …«
»Was ist denn los, Dave?«
»Wie lange sind Sie schon bei den Mullens?«
»Ich weiß nicht … eine halbe Stunde oder so.«
»Dann müssen Sie das Telefon doch gehört haben«, sagte Holland. »Zweimal in den letzten fünfzehn Minuten?«
Thorne hatte es gehört, während er mit Juliet in der Küche gewesen war. Beide Male war der Anruf vom Wohnzimmer nebenan beantwortet worden.
»Als ich beim ersten Mal kapiert hab, wer dran ist, ist mir zunächst gar nichts eingefallen. Ich hab dann irgendeinen Blödsinn von wegen Routineanruf gefaselt. Als ich das zweite Mal anrief, um es zu überprüfen, hab ich einfach aufgelegt.«
»Okay.« Thorne hörte nur noch mit halbem Ohr zu, während er versuchte, sich einen Reim auf das Ganze zu machen.
»Was läuft hier eigentlich?«
Thorne hatte keine Ahnung, aber er war am richtigen Ort, um das herauszufinden. Auf die Idee, dass viele Frauen unter ihrem Mädchennamen arbeiteten, war er bereits gekommen. Und er wusste, welche Abkürzungen es für Margaret gab …
Nachdem er das Gespräch beendet hatte, ging er zurück in die Küche und schickte Juliet Mullen auf ihr Zimmer. Dann ging er ins Wohnzimmer und setzte sich, ohne dass man ihn dazu eingeladen hatte.
Maggie Mullen legte das Buch weg, in dem sie las, und ihr Mann schaltete, etwas widerwillig, den Fernseher aus.
»Sind Sie fertig?«
»Ich hab noch nicht einmal angefangen« meinte Thorne.
Vierundzwanzigstes Kapitel
»Ihnen muss doch klar gewesen sein, dass das irgendwann rauskommen muss?« Thorne sprach mit ihnen und sah sie an, als wären sie Kinder. »Wie konnten Sie auch nur eine Sekunde lang denken, wir würden das nicht herausfinden?«
»Es ist ja keine große Sache«, sagte Mullen.
»Nein?«
»Es war eine Affäre, mehr nicht. Menschen haben Affären. Sie müssen uns einfach verzeihen, dass wir einen winzigen Teil unseres kaputten Lebens für uns behalten wollten.«
Aber Thorne war nicht in der Stimmung, irgendjemandem zu vergeben. Er hatte mit zunehmender Fassungslosigkeit und Wut zugehört, als Tony Mullen erklärte, warum er Grant Freestone mit keinem Wort erwähnt hatte. Warum sie übereingekommen waren, dass es wenig brächte, die Affäre aufzudecken, die seine Frau gehabt hatte, als sie 2001 in Freestones MAPPA-Ausschuss saß.
»Deshalb haben Sie gelogen?«, fragte Thorne. »Wir versuchen, Ihren Sohn zu finden, und Sie lügen wegen dem bisschen Fremdgehen? Wem wollten Sie da die Peinlichkeit ersparen? Ihrer Frau oder sich selbst?«
»Uns beiden«, sagte Mullen. »Spielt das eine Rolle?«
»Sie haben uns im Dunklen tappen lassen …«
»Spielt das alles überhaupt eine Rolle?« Mullen schien jeden Augenblick vor Wut, Erschöpfung und Frust losbrüllen zu wollen. »Mein Gott, meine Frau hat vor Jahren einen Fehler gemacht. Einen Fehler …«
Mullen saß auf dem Sofa, vor dem Kamin und dem Fernsehgerät. Thorne und Maggie Mullen saßen in den Sesseln einander gegenüber. Thorne schaute zu der Frau auf der anderen Seite des chinesischen Teppichs, wie sie mit untergeschlagenen Beinen dasaß. So wie ihre Tochter dagesessen hatte. Sie war ganz ruhig, hatte kaum ein Wort gesprochen, seit Thorne ins Zimmer gekommen war.
Er hätte nicht sagen können, ob aus Verblüffung oder einer Abwehrhaltung heraus.
»Und mit wem haben Sie damals diesen Fehler gemacht?«
Mullen stöhnte. »Spielt das denn eine Rolle?«
»Keine Geheimnisse mehr«, sagte Thorne.
Also verriet Maggie Mullen den Namen des Mannes, mit dem sie die Affäre gehabt hatte. Er verstand, warum das Tony Mullen solche Probleme bereitete.
»Das scheint Ihnen richtig Spaß zu machen, Thorne«, sagte Mullen. »Uns in eine so … unangenehme Position zu bringen.«
»Glauben Sie, Sie könnten sich tatsächlich wieder auf Ihr moralisches Podest zurückziehen?«, fragte Thorne.
Mullen antwortete nichts darauf und sah hinüber zu seiner Frau.
»Sie haben auch jeden Grund, sich unwohl zu fühlen. Mein Gott. Sie kommen aus diesem Laden, das ist doch nicht zu fassen, Ihr Sohn wird vermisst. Und Sie halten In formation zurück.«
»Irrelevante Information.«
»Sind Sie sicher?«
»Glauben
Weitere Kostenlose Bücher