Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders
dann?«
»Tom …«
»Du erfährst es, sobald ich weiß, wo es ist«, sagte Thorne. »Falls ich es weiß …«
Er warf wieder einen Blick auf die Karte, nachdem er aufgelegt hatte, und einen zu der Frau auf dem Beifahrersitz. Sie hatten kaum miteinander gesprochen, seit sie das Haus in Arkley verlassen hatten. Maggie Mullen hatte die meiste Zeit aus dem Fenster geschaut, um Thorne – jedem Augen- oder sonstigem Kontakt mit ihm – auszuweichen.
Sie fuhren, ohne ein Wort zu wechseln, und bis auf das Brummen des starken Motors und das Zischen der Reifen auf der nach dem Regen noch immer nassen Straße war kein Geräusch zu hören. Es wäre natürlich falsch und absolut unpassend, aber ein, zwei Sekunden lang überlegte Thorne, die Stereoanlage einzuschalten. Denn die Atmosphäre im Auto wurde mit jeder Minute und jedem Kilometer unerträglicher.
Was Tony Mullens Frau wohl für einen Musikgeschmack hatte? Die Banalität dieses Gedankens war eine willkommene Abwechslung zu den düsteren und immer düster werdenden Gedanken, die ihn quälten. Er dachte an Tony Mullen, der zu Hause wartete. Hatte er Jesmond oder einen seiner anderen Freunde weiter oben in der Hierarchie angerufen? Was um alles in der Welt hatte er zu ihnen gesagt, falls er sie angerufen hatte?
Thorne fuhr an die 180 Stundenkilometer auf der Überholspur. Er hoffte, dass die Verkehrspolizisten von Hertfordshire nicht in der Nähe waren.
»Finden Sie, ich hätte was sagen sollen?«, fragte sie unvermittelt.
Thorne konzentrierte sich auf die Heckleuchten vor ihm. »Scheiße, natürlich.«
»Ich wollte Luke schützen.«
»Ihnen ist schon bewusst, wie lächerlich das klingt.«
»Das ist mir egal.«
»Das merkt man …«
»Ich war mir sicher, dass er ihm nichts tut.«
»Sind Sie sich noch immer sicher?«
Sie zögerte.
»Und sind Sie sich auch sicher, dass dieses Schweigen nichts mit Sarah Hanley zu tun hat? Dass Sie genauso tief in der Scheiße stecken wie er, wenn das rauskommt?«
Sie ließ sich Zeit mit ihrer Antwort. »Er hat gesagt, dafür würden wir beide ins Gefängnis wandern.«
»Genau. Das haben Sie nun von Ihrer albernen Drohung, oder?«
Sie schloss die Augen. »Ja.«
Thorne brummte zufrieden. »Sie wollten nicht ins Gefängnis gehen …«
»Er hat mich gefragt, wie es mir geht ohne meinen Sohn«, sagte sie. Sie klang angespannt. Thorne sah zu ihr. Ihr Gesichtsausdruck verhärtete sich, als sie fortfuhr. »Er hat mich gefragt, wie es mir gehen würde, wenn ich sie beide verlieren würde. Wenn ich wer weiß wie lange im Knast verbringen würde, während sie ohne mich aufwachsen.« Sie richtete den Gurt über ihrer Brust. »Nein, ich wollte nicht ins Gefängnis.«
»Das ist keine Entschuldigung«, sagte Thorne. »Sie haben selbst gesagt, dass Sie keine Ahnung hatten, was im Kopf dieses Mannes vorgeht. Dass Sie befürchtet haben, er sei außer Kontrolle.«
»Ich hab mit ihm gesprochen«, sagte sie. »Ich hab versucht, ihn zu beruhigen. Ihn zu beschwichtigen, wenn Sie wollen. Aber alles nur wegen Luke …«
Der Gedanke traf ihn mit einer derartigen Wucht, dass Maggie Mullen von ihm weg, hin zur Beifahrertür rutschte, als er sich wieder zu ihr wandte. »Was haben Sie ihm über den Fall erzählt?«
Ihr Schweigen war Antwort genug.
»Sie haben ihm von den Fingerabdrücken erzählt, richtig? Dass wir Conrad Allens Abdrücke auf der Videokassette gefunden haben. Dass wir kurz davor standen, an die Adresse zu kommen.«
»Ich hab gedacht, er würde aufhören, wenn er weiß, die Polizei ist ihm auf den Fersen. Ich wollte, dass er aufgibt.«
»Was ist mit Kathleen Bristow?« Die Frage galt ihm selbst ebenso wie ihr, als er versuchte, die Abfolge im Kopf chronologisch ablaufen zu lassen. War Kathleen Bristow gestorben, bevor oder nachdem ihr Mörder befragt worden war? »Er hat gewusst, dass wir ihn aufsuchen, richtig? Sie haben ihm gesagt, dass wir uns nach Grant Freestone erkundigen, dass wir die Leute aus dem Ausschuss dazu befragen …«
»Es wär ja sowieso rausgekommen«, sagte sie. »Was passiert ist, mein ich. Ich hab gedacht, wenn ich ihm das klarmachen kann, dann würde er mir Luke wiedergeben.«
»Sie haben falsch gedacht.« Thorne drückte auf das Gaspedal, hielt das Lenkrad fest umklammert. »Er hat sie umgebracht, so wie er Conrad Allen und Amanda Tickell umgebracht hat. Das klingt für mich, als gingen die drei Toten auf Ihre Kappe.«
»Bitte …«
»Drei weitere Tote.«
Sie wandte sich ab und lehnte den Kopf ans
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