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Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders

Titel: Tom Thorne 06 - Die Geliebte des Mörders Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mark Billingham
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im Sand zu sehen ist. Denn in jenen dunklen Stunden habe Gott ihn getragen …
    Heeney schüttelte den Kopf und deutete mit einem Kopfnicken auf das große Wohnzimmer, das als Therapieraum diente. »Hätte echt nicht gedacht, dass das hier das, Sie wissen schon … Gottesteam ist.«
    Neil Warren war mit dem dritten Tee fertig und warf den Löffel ins Spülbecken. »Ist es auch nicht … nicht unbedingt«, sagte er. »Ich bin halt so drauf.« Er reichte Heeney die Tasse.
    »Okay«, sagte Heeney.
    »Die meisten brauchen etwas, das ihnen wichtiger ist als die Droge oder der Alkohol, verstehen Sie? Etwas, das ihr Leben nicht genauso kaputt macht. Dann können sie sich entscheiden.«
    »Okay«, sagte Heeney erneut.
    »Für mich lief es auf Gott oder Kokain hinaus.«
    Er reichte Holland eine Tasse, und Holland bedankte sich mit einem Lächeln. Er genoss Heeneys Unbehagen ebenso wie Warren.
    Nightingale Lodge war ein Rehabilitätszentrum in privater Trägerschaft, das einer Organisation namens Pledge gehörte. Es war ein großes viktorianisches Haus am Battersea Rise, wo gleichzeitig bis zu sechs ehemalige Süchtige – Süchtige, die bereits acht Wochen Entziehung hinter sich hatten, aber immer noch als »rückfallgefährdet« galten – sich an ein drogenfreies Leben draußen gewöhnen konnten, während sie auf eine Wohnung warteten. Obwohl Pledge als Wohlfahrtsorganisation anerkannt war, mussten die Bewohner der Nightingale Lodge einen ordentlichen Betrag bezahlen, um hier wohnen zu können. Die Organisation schien gut daran zu verdienen. Neil Warren war einer der zwei Vollzeittherapeuten und gestand, er sei sich nicht ganz sicher, wer eigentlich sein Gehalt bezahle. Aber er bekomme um einiges mehr als vor einigen Jahren, als er noch für den Londoner Bezirk Bromley gearbeitet habe.
    »Die Menschen von den Drogen wegzukriegen ist eine Wachstumsindustrie«, hatte er erklärt, als Holland ihn angerufen hatte. »Da herrscht kein Mangel an Kunden.« Seine Stimme war hoch und hell, mit einem leichten nördlichen Akzent. Holland hatte einen über eins achtzig großen, klapperdürren Hippie in Jeans und mit Pferdeschwanz erwartet.
    Warren war Ende dreißig, klein und untersetzt, und er hatte dunkle, kurz rasierte Haare.
    Er trug ein einfaches graues Sweatshirt, eine helle Cargohose und Timberlands. Anscheinend kam er gut mit sich klar.
    »Nennen wir es einfach eine offizielle Zigarettenpause«, sagte Warren. Er zauberte eine Tabakdose aus seiner Hosentasche und zog ein Feuerzeug und eine gerollte Zigarette heraus. Er bot Heeney eine an, der dankend ablehnte und daraufhin seine eigene Packung Benson & Hedges hervorzog. Holland schüttelte den Kopf.
    »Sie reden von Kokain und was weiß ich«, sagte Heeney, während er sich eine Zigarette zwischen die Lippen steckte. »Ich kann nicht mal die hier aufgeben.«
    Warren zündete sich seine an. »Mit dem Rauchen aufzuhören ist schwerer, als mit Heroin aufzuhören.«
    »Aber Rauchen ist billiger.«
    »Nicht soviel …«
    »Das stimmt allerdings …«
    Holland sah Heeney zu, wie er sich, Zigarette und Teetasse in der Hand, an die Küchentheke lehnte, als quatsche er zu Hause mit seiner Frau. Es kam nicht oft vor, dass Holland sich danach sehnte, mit jemandem wie Andy Stone zusammenzuarbeiten, aber momentan wäre es ihm ein Vergnügen. Vielleicht war es der Birmingham-Akzent. Grund genug, um sofort gegen den neuen Partner eingenommen zu sein. Und der erste Eindruck hatte sich als erschreckend richtig erwiesen. Ihre Arbeitsweise lief schnell nach dem gleichen Muster ab: Holland erledigte den Großteil der Arbeit, während Heeney in der Gegend herumstand, Floskeln von sich gab und in der Nase bohrte, sobald er sich unbeobachtet glaubte.
    »Wir reden hier«, sagte Warren. »Im Wohnzimmer läuft gerade eine Gruppentherapie ohne Supervision.« Heeney schniefte kurz, was Warren als Ausdruck der Verachtung auffasste, der es auch war. »Therapie ist nicht immer ›Wichserei‹.« Sein Ton war scharf. »Da drin wird verdammt hart gearbeitet. Da muss jeder ranklotzen und sich an die Regeln halten. Wer sich drückt, fliegt raus. Zufällig bin ich der ›nette Bulle‹. Der andere Therapeut lässt jeden, der Mist baut, einen Tag lang mit der Klobrille um den Hals rumlaufen.«
    »’Wie ist das geregelt?«, fragte Holland. »Die Zusammenarbeit mit dem anderen Therapeuten?«
    »Immer abwechselnd.«
    »Das heißt?«
    Warren schob den Aschenbecher zu Heeney. »Nachts ist immer einer von uns hier. Wir

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