Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
›organisiert‹.« Sie setzte das Wort in Anführungszeichen, als stellte sie die Kompetenz der Organisierenden in Frage. »Aber ich vermute, der Scheißdampfer ist bereits abgefahren.«
»Glauben Sie, er hat gemerkt, dass seine Schwester Bescheid weiß? Dass sie ihn verpfeifen könnte?«
»Keine Ahnung.«
»Das würde ihre Angst erklären.«
»Vielleicht war sie nicht die Einzige, die Angst hatte«, sagte Kitson. »Deniz Sedat hatte ein paar äußerst unangenehme Freunde. Wenn ich Hakan Kemal wäre, würde ich mir über die Polizei noch am wenigsten Gedanken machen.«
Thorne nickte und kaute seinen Toast. Kitsons Hypothese war so weit in Ordnung, allerdings hatte sie bisher noch nicht Bekanntschaft mit einer bestimmten Sorte Polizist gemacht.
Auf dem Weg ins Büro kam Thorne an Stone vorbei, der gerade mit seiner »Frauen-und-Mülltüten-Nummer« bei einer attraktiven Polizeischülerin zu landen versuchte. Anscheinend mit Erfolg.
Dieser Scheißjob ist ein Witz …
Die Einsatzzentrale war richtig voll und die Stimmung erstaunlich gut. Und das, obwohl die meisten hier den Samstagvormittag durchaus angenehmer verbringen könnten: mit Sex oder Football Focus im Fernsehen; oder mit Sex, während sie sich Football Focus im Fernsehen ansahen.
Kurz nach dem Frühstück ging eine Textnachricht auf seinem alten Handy ein.
Du warst soo heiß gestern Nacht. Du bist der Beste. xxx
Hendricks. Grinsend löschte Thorne die Nachricht. Ein kurzer Gefängnisaufenthalt war alles in allem vielleicht doch nicht so schlecht, er hatte Hendricks erzählt, dass das Handy abgehört wurde. Natürlich machte diese Schweinebacke das wegen der Abhörjungs, malte sich die Kommentare aus, wenn sie seine Nummer zurückverfolgten.
Am späten Vormittag erhielt Thornes Stimmung einen Dämpfer, als Keith Bannard anrief.
»Sie haben meinen Spitzel nervös gemacht?«
Tindall; laut tausend Memos und Spesenabrechnungen ein verdeckt arbeitender Ermittler. Doch wer sich nicht lächerlich machen wollte, verwendete den guten alten Slangausdruck, den auch sämtliche fiktiven Detektive, angefangen von Jack Regan, im Munde führten.
»Anscheinend wird er schnell nervös.«
»Wie auch immer, die Ohrenschmerzen bekomme ich …«
Während er ihm zuhörte, stellte sich Thorne den Mann vom organisierten Verbrechen als einen Fernsehbullen vor: als bodenständigen Bullen vom Land, der in der großen Stadt Amok läuft; mit gerötetem Gesicht und wild fuchtelnden Pranken; ständig aufgebracht darüber, wie sich die Leute hier verhalten und wie teuer alles ist. Ein Mann, der die Dinge auf seine Weise regelt.
»Haben Sie bekommen, was Sie wollten?«, fragte Bannard.
»Was meinen Sie damit, abgesehen von dem Gejammer und dem Angebot von Freikarten für einen schmutzigen Film?«
»Ja, das kennen wir.«
»Ich habe eine Liste mit Namen.« Thorne erzählte Bannard von dem Gespräch, das Tindall angeblich mit Marcus Brooks hatte; über die Leute, die Brooks seiner Meinung nach um eine Unterkunft bitten sollte. Er las ihm die Namen vor.
»Haben Sie schon mit einigen davon gesprochen?«, fragte Bannard.
»Die Ersten stehen bereits auf der Besuchsliste heute.«
»Viel Glück.«
Bannards Pessimismus überraschte Thorne keineswegs. »Woran liegt das eigentlich, dass diese Typen der Polizei gegenüber so mauern? Damit mein ich nicht, dass sie sich nicht selbst beschuldigen oder andere verpfeifen. Ich mein nur, dass sie überhaupt was sagen . Bei den Black Dogs ist das so eine Art Ehrensache. Bei den Anzugtypen kommt das gleich nach Mutters Kartoffelbrei und Boxen.«
»Kann ja auch an Ihnen liegen«, sagte Bannard. »Mit mir reden sie alle.«
»Nur wenn Sie etwas gegen sie in der Hand haben.«
»Das hilft.«
»Wie haben Sie Tindall zum Reden gebracht?«
»Mit Geld, mein Freund.« Bannard war ein Anhänger des direkten Wegs. »Die einfachste Methode. Seine Frau war krank, kurz vorm Abkratzen, glaub ich. Er brauchte Geld für ihre Pflege.«
Thornes Gewissen regte sich, weil er Tindall falsch eingeschätzt hatte. Gleichzeitig regte sich Zweifel, ob Bannard vielleicht nicht sogar für die stumpfsinnigsten Fernsehzuschauer zu eiskalt war. »Können Sie uns was rüberwachsen lassen?«, fragte er. »Zu diesen Namen?«
»Nicht wirklich.«
»Ich dachte, Sie hätten vielleicht … eine Art Druckmittel.«
»Hören Sie, wenn ich etwas gegen diese Mistkerle hätte, hätte ich das inzwischen eingesetzt.«
»War nur ein Gedanke.«
»Fragen ist schließlich
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