Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
sollten zunächst Harika die Chance geben, sich bei mir zu melden.«
Er drückte auf »Anzeigen« und scrollte herunter, drückte »Abspielen«, um das Video zu sehen.
Schlagartig fiel alles von Thorne ab, worüber sie geredet hatten, was er gedacht hatte. Kemal, die Nachforschung über Sharon Lilleys DCI … alles . Kitsons Stimme verblasste, als legten sich riesige Hände über Thornes Ohren.
Als spräche sie unter Wasser mit ihm.
Der Fünfzehn-Sekunden-Clip war vorbei. Mit einem Standbild. Ein silberner Kombi. Ein Mann, der sich davon entfernte.
Thorne blickte auf ein Foto von Phil Hendricks.
Fünfundzwanzigstes Kapitel
Hendricks lachte, als Thorne es ihm erzählte. Sein Lachen klang vielleicht etwas nervös, aber keineswegs betroffen. »Er versucht, dich zu verarschen, Tom.«
»Das ist ihm mit Sicherheit gelungen.«
»Darum ging’s doch die ganze Zeit, oder? Eine Reaktion
aus dir herauszubekommen.«
Thorne konnte sich nicht erinnern, was er Kitson zugerufen hatte, als er, das Prepaid in der Hand, aus dem Büro und den Gang entlangstürmte. Er war die Treppe hinuntergelaufen - und da war er wieder gewesen, der Teppichgeruch, und die unangenehme Nervosität, die damit einherging - und hatte Hendricks auf dem Handy angerufen.
»Was machst du heute?«, fragte Thorne.
»Lass mir wahrscheinlich eins mit dem Hammer über den Kopf ziehen.«
»Bitte keine Witze.«
»Das ist doch nur ein Scherz .«
»Hör zu, du bleibst am besten zu Hause. Und lade dir jemanden ein …«
»Jetzt beruhig dich …«
Thorne gab sich wirklich Mühe, aber es war nicht einfach. Hendricks Weigerung, sich aufzuregen, machte seine eigene Aufregung, seine Panik, nur umso größer. »Verdammt, Phil, hast du nicht mitbekommen, was passiert ist? Wie viele Leichen hast du auf dem Seziertisch gehabt?«
»Alles Biker und korrupte Bullen. Typen, denen Brooks die Schuld am Tod seiner Freundin gab. Das ist das Muster dahinter, richtig?«
»Alles Leute, von denen mir ein Bild geschickt wurde.«
»Du wirst verarscht, ich sag’s dir.«
»Tut mir leid, aber das entscheidest nicht du.«
Wieder lachte Hendricks, doch dieses Lachen war für Thorne, als stupste ihm Hendricks mit dem Finger an die Brust. »Überleg dir, mit wem du sprichst, bevor du anfängst, den braven Bullen zu spielen, der die Regeln befolgt.«
»Wer macht eigentlich bei dir die Autopsie, Phil? Musst du jemanden angeben?«
»Jetzt mach dich nicht lächerlich.«
»Ganz im Ernst, das interessiert mich.«
»Und da heißt es immer, ich wär die Drama-Queen. Manno …«
Thorne schaute über das schmale Geländer hinunter und hörte seinem Freund beim Atmen zu. So verliefen ihre Streitereien stets. Ob es um Politik oder Fußball ging, es war immer Thorne, dem der Kragen platzte und der rumbrüllte, während Hendricks stichelte, blasiert oder sarkastisch blieb und dann oft noch Stunden, sogar Tage, beleidigt war.
»Was hab ich damit zu tun?«, fragte Hendricks. »Denk doch nur eine Minute darüber nach, und du erkennst, wie lächerlich das ist.«
»Du bist ein Freund von mir, das könnte schon reichen.«
»Komm schon, dieser Typ bringt Leute nicht deshalb um, weil ihm das irgendeinen Kick gibt. Hier geht es um eine Abrechnung.«
Thornes Panik legte sich etwas. Was sein Freund sagte, leuchtete ihm ein. Brooks hatte keinen Grund, Hendricks umzubringen. Zumindest nicht der Brooks, den Thorne inzwischen zu kennen glaubte. »Das weiß ich, und wahrscheinlich hast du auch recht. Trotzdem bitte ich dich, vorsichtig zu sein. Bleib, wo du bist, und schau fern oder was. Lass dir eine Pizza bringen. Das bringt dich nicht um.«
»Möchtest du das nicht anders formulieren?«
»Nicht wirklich«, sagte Thorne. »Wo bist du? Zu Hause?«
»Nein …«
»Das ist gut. Bleib, wo du bist.« Thorne hatte in dem Videoclip nicht nur Hendricks’ Auto erkannt. Er hatte auch gesehen, dass er vor seinem Haus parkte. »Ist jemand bei dir?«
»Kein Problem«, sagte Hendricks. »Ich hab eine nette, taffe Polizistin bei mir, die auf mich aufpasst. Im Moment duscht sie gerade, aber ich denk nicht, dass sie gehen will.«
Er war in Louise’ Wohnung.
»Sie hat einen seltsamen Männergeschmack, aber ich denke, sie kann auf sich selbst aufpassen.«
Dagegen ließ sich schwerlich etwas einwenden, und Thorne schloss sich Hendricks’ Meinung an - dass es keinen wirklichen Grund gab, sich Sorgen zu machen -, aber er fragte sich, ob Brooks auch wusste, wo Louise lebte, schließlich wusste er, woher
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