Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
seiner Version hatte er den ›Auftrag bekommen‹, in die Wohnung einzubrechen. Und als er in die Wohnung kam, war der Job schon erledigt. Er sagte, Tipper sei bereits tot gewesen, als er die Wohnung betrat.«
»Von wem hat er angeblich den Auftrag bekommen?« Lilley grinste, als wäre das nun eine Story, über die sie sich seit langem amüsierte. »Brooks hat immer behauptet, er sei von zwei Bullen reingelegt worden. Angeblich bedrohten sie ihn und seine Freundin und zwangen ihn so dazu, ihnen einen Gefallen zu tun.«
Solche Geschichten hatte Thorne schon x-mal gehört. »Genau, aber er kannte leider ihre Namen nicht.«
»Doch, er kannte die Namen. Und jede Menge Details. Er erzählte uns die ganze Zeit, wo sie sich getroffen hatten und so weiter.«
Thorne wartete.
»Natürlich alles Quatsch. Wir haben nachgeforscht, und es gab keinen DI Jennings und keinen DI Squire. Zumindest nicht bei der Met. Einen Bullen namens Jennings konnten wir ausfindig machen, aber der war bei der Verkehrspolizei irgendwo in North Yorkshire …«
Sie saßen zusammengedrängt am Ende eines Tischchens in der Ecke neben dem Zigarettenautomaten. Thorne sah zu, wie eine attraktive Blondine in ihrer Börse nach den nötigen Münzen kramte, während sie gleichzeitig auf ihr Handy einquasselte. Sie schoss ihm einen finsteren Blick zu, und er wandte sich wieder seinem Bier zu.
»Hilft Ihnen der alte Kram irgendwie weiter?«, fragte Lilley.
Thorne erzählte ihr von den Morden an Raymond Tucker und Ricky Hodson. Und weil seiner Ansicht nach nichts dagegen sprach, erzählte er ihr auch, dass man ihm Fotos der beiden Toten geschickt hatte. Er beantwortete Lilleys Frage, bevor sie diese stellen konnte. »Nein, ich habe nicht die geringste Ahnung, warum.«
Die Blondine telefonierte noch immer. Jetzt versuchte sie, nebenbei eine Zigarette aus der Packung zu ziehen. Mit den Zähnen.
»Erzählen Sie mir von Brooks«, sagte Thorne. »Sie haben gesagt, seine Fingerabdrücke wären in der Datei gewesen.«
»Marcus war ein übler Knochen, daran gibt’s nichts zu rütteln. Der typische Südlondoner Rabauke, einer, der heute schnell als asozial abgestempelt und von der Polizei mit ASBOs eingedeckt würde, Sie wissen schon. Er geht ein paar Jahre zur Armee, kauft sich raus und arbeitet als Mädchen für alles für ein, zwei Firmen aus der Gegend - weniger nette Firmen. Übernimmt Lieferungen, den Sicherheitsdienst, so Sachen. Kein Schwergewicht, soweit sich das sagen lässt, aber er war nützlich, Sie wissen schon.«
»Knallhart?«
»Wenn er es sein musste, keine Frage. Dann, so um’95, ’96, trifft Marcus dieses Mädchen, wird Vater und wechselt den Beruf. Damit mein ich nicht, dass er Buchhalter wird oder Gehirnchirurg oder so was, aber er hört auf mit diesen organisierten Sachen - also Sachen, die ihn ernsthaft in Schwierigkeiten bringen könnten - und arbeitet mit dem Mädchen auf eigene Rechnung. Eine Einbruchnummer, die sie sich selbst ausgedacht haben. Sie halten sich bedeckt und ziehen das durch, bis er in Simon Tippers Haus auftaucht und durchdreht.«
»Wurde das Messer gefunden?«
»Nein, aber wir hatten die Fingerabdrücke auf dem Glas, also brauchten wir es auch nicht.«
»Sie haben gesagt, Brooks drehte nie schwere Dinger, sondern war immer nur am Rande involviert. Hab ich das richtig verstanden?« Ein zustimmendes Brummen von Lilley. »In dieses Bild passt nicht, dass er einen Menschen ersticht.«
Ein zustimmender Blick, gefolgt von einem skeptischen Blick. »Es kommt immer der Punkt, an dem Leute wie Brooks richtig Scheiße bauen. Entweder weil sie es übertreiben, wenn sie jemandem Angst einjagen sollen, oder einen Routinejob vermasseln und Panik bekommen. Wie auch immer. Ich hätte ihn nicht als einen Typen eingestuft, der leicht durchdreht, aber so was passiert alle Tage.« Sie schloss die Augen, während sie trank. Dann wandte sie sich ihm zu und sah ihn mit großen Augen an. »Kommen Sie schon, Sie wollen mir doch nicht erzählen, dass Sie noch irgendwas überraschen kann?«
Thornes Blick fiel auf die um den Stiel des Weinglases gelegten Finger. Lilley hatte sich die Nägel bis zum Gehtnichtmehr abgekaut. »Wie lange hat er bekommen?«
»Also hier hat Mr Brooks mich wirklich überrascht. Nachdem er mit dieser Geschichte von den Bullen aufgehört hatte, die ihn angeblich reingelegt hatten, gab es das Angebot, mit echten Infos rauszurücken. Es war klar, er hatte einiges zu erzählen, und wenn er den Leuten vom
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