Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
Rolle mehr. Ein DC konnte einen Commander so aggressiv befragen, wie es ihm oder ihr passte. Und ein kluger Commander beantwortete sämtliche Fragen, es sei denn, er hatte ein ausgesprochen großes Selbstbewusstsein oder ausgesprochen gute Beziehungen.
»Ich ermittle in einer Mordsache«, sagte Thorne. »Ein Serienmörder, der Hauptverdächtige hat Skinner ins Visier genommen.«
»Der Name Ihres Hauptverdächtigen?«
Wieder ein kurzer Blickwechsel, eine Pause. »Marcus Brooks. Und wenn Sie so interessiert an Skinner sind, ist Ihnen dieser Name sicher bekannt.«
Nunns Gesicht verriet nichts. »Sie erhofften sich also in Skinners PIMS-Unterlagen Hinweise für Ihre Ermittlung?«
»Ja.«
»Und fanden Sie welche?«
»Nein, ehrlich gesagt.« Thorne fuhr schnell fort, bevor Nunn eine Gelegenheit hatte, eine weitere Frage nachzuschieben. »Sehen Sie, das scheint mir hier eine Einbahnstraße zu sein. Ich komme nicht dazu, Sie zu fragen, warum Sie sich für Skinner interessieren.«
»Aber bitte, fragen Sie.«
»Okay. Warum?«
Nunn bleckte den größten Teil seines amerikanischen Gebisses. »Paul Skinner ist ein Polizeibeamter, auf den mein Team … seit einiger Zeit ein Auge geworfen hat.«
»Was heißt das? Monate? Jahre?«
Noch mehr Gebiss. »Einige Zeit.«
»In dem Fall werden Sie Ihr Auge wohl noch auf einen anderen Polizeibeamten geworfen haben, nehme ich an, mit dem Paul Skinner zu tun hat?« Nunn hob die Hände. Sie befanden sich eindeutig auf »Kann-ich-nicht-sagen-Gebiet«. Thorne ließ sich nicht so leicht ins Bockshorn jagen. »Diese Information würde mir bei meiner Ermittlung immens weiterhelfen. Der andere steht auf der Liste meines Hauptverdächtigen ziemlich weit oben.«
»Ich kann nichts sagen.«
»›Kann nicht‹ wie ›Ich darf nicht‹ oder wie ›Ich weiß nicht‹?«
»›Kann nicht‹ wie ›Ich kann nicht‹.«
»Also erklären Sie mir, ich soll es sein lassen, was höchstwahrscheinlich bedeutet, ich gefährde das Leben eines weiteren Polizeibeamten. Inzwischen versuche ich einen Mörder zu fassen, wobei ich nicht mit Ihrer Hilfe rechnen kann. Dafür zeigt Ihr Team ›aktives Interesse‹ an meinem Fall. Sehe ich das richtig?«
»Ziemlich richtig.«
»Wenn der Fall abgeschlossen ist, tauchen Sie auf und bedienen sich, nehmen, was Sie brauchen können.«
»Verstehen Sie, das ist doch nicht meine Entscheidung. Dafür gibt es gute Gründe.«
»Nun, Sie haben Konkurrenz, mein Freund. Ich nehme nicht an, dass Sie Keith Bannard kennen, oder? Er ist DCI bei Serious and Organised …«
Nunn schüttelte den Kopf, bevor Thorne den Satz zu Ende sprechen konnte.
»Unwichtig«, sagte Thorne. »Nur noch jemand, der sich für den Fall ›interessiert‹. Noch jemand, der sich zurücklehnt, während ich und die anderen Blödmänner von der Murder Squad sich den Arsch aufreißen. Ich sag Ihnen was, ich hab noch nie an einem Fall gearbeitet, an dem so viele und so verschiedene Leute so ungemein interessiert waren. Das muss der faszinierendste Fall meiner ganzen beschissenen Karriere werden …«
Thornes Handy klingelte, und er drehte sich weg, um den Anruf anzunehmen. Der Läufer war näher gekommen, er joggte langsam auf sie zu. Er griff, während er lief, nach hinten und zog seine Füße hoch. Und das, während seine Mitschüler wahrscheinlich im The Oak einen draufmachten. Er musste entweder sehr ehrgeizig sein, oder er hatte wenige Freunde.
Brigstocke war am Telefon. »Wir stecken bis zum Hals in der Scheiße.«
»Ich höre.«
»Skinner ist tot.«
Thorne spürte einen Stich im Brustkorb und trat instinktiv einen Schritt weg von Adrian Nunn. » Was? Wie zum Teufel...?«
»Im Augenblick wissen Sie genauso viel wie ich.«
Thorne zuckte kurz zusammen, als in seinem Rücken Nunns Handy läutete. Er drehte sich um und sah, wie der DPS-Mann wegging, um seinen Anruf entgegenzunehmen.
»Ich versteh das nicht. Wir hatten doch Leute vor Skinners Haus.«
»Ich weiß. Glauben Sie, ich weiß das nicht?«
»Wer fand den Toten?«
Thorne entging die Wut, die Anspannung in Brigstockes Schweigen nicht. Im Hintergrund waren laute Stimmen zu hören, er erkannte keine davon. Da alle durcheinanderriefen, konnte er nichts verstehen. Er lauschte auf den abgehackten Atem, aus dem er schloss, dass Brigstocke unterwegs war. Jemand sagte, er solle warten.
Der Jogger lief ein paar Meter entfernt an ihnen vorbei.
»Russell?«
»Kommen Sie rüber, Tom.«
Thorne legte auf und wandte sich um. Die Miene des
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