Tom Thorne 07 - Das Blut der Opfer
hatte einige Zeit in einer Einheit für Kraftfahrzeugdiebstahl verbracht sowie drei Jahre in einem Team der Drug Squad, das sich auf den europäischen Drogenhandel konzentrierte.
Es hatte keine Suspendierungen gegeben, und Skinner war nie Gegenstand einer Beschwerde gewesen. Ganz im Gegenteil, er hatte zwei Belobigungen erhalten, eine wegen Tapferkeit bei der Verhaftung einer berüchtigten bewaffneten Räubergang.
Interessant fand Thorne, dass Skinner zweimal den sogenannten »Integritätstest« des DPS bestanden hatte. Der konnte absurd einfach sein - zum Beispiel ein verführerisches Päckchen Bargeld oder Drogen in einem aufgefundenen Fahrzeug - oder aus einer kompliziert gestrickten Falle bestehen, bei der mehrere Polizeibeamte mitwirkten und die sich über Monate hinzog. Dabei merkte man meist gar nicht, dass man getestet wurde. Außer natürlich, man bestand den Test nicht. Obwohl die Anti-Corruption Group versuchte, so kreativ wie möglich zu sein, ging man im Allgemeinen davon aus, dass ein korrupter Bulle mit Erfahrung einen Integritätstest von weitem roch.
Soweit Thorne wusste, war er noch nie getestet worden. Und er war sich nicht sicher, ob er den Test bestehen würde, wenn er fällig war. Mit zwei Flaschen Bier intus erzählte er jedem, der es hören wollte, dass der Test nicht das testete, was wirklich wichtig war. Es ging nicht darum, ob man ein paar Scheine mitnahm, sondern um Grenzen. Schon immer. Wo man seine Grenze zog und wie sich diese Grenzen zu den Grenzen der Arschlöcher verhielten, hinter denen man her war. Ob diese Grenzen sich einander annäherten, wenn einem die gesammelten Erfahrungen im Nacken saßen. Und aus welchen Gründen man sie überschritt, wenn man sie überschritt. Ob man dies mit offenen Augen tat oder auf die falsche Seite geriet, ohne es überhaupt zu merken.
Zunehmend frustriert las er den Bericht ein weiteres Mal. Brooks war von zwei Beamten eine Falle gestellt worden. Um diese Information wirklich beurteilen zu können, müsste er zum Vergleich einen PIMS-Report über einen anderen Polizeibeamten lesen. Skinner hatte sicher irgendwann einmal mit Richard Rawlings zusammengearbeitet. Und dass er mit Russell Brigstocke zusammengearbeitet hatte, war ja nun bekannt. Aber das brachte ihn jetzt nicht weiter. Im Verlauf einer so langen und bewegten Karriere hatte Skinner sicher mit Hunderten von Beamten eng zusammengearbeitet. Selbst wenn Thorne Namen hätte, die in Frage kämen, wäre das noch nichts Handfestes. Der Mann, mit dem Skinner Brooks hereingelegt hatte, musste nicht unbedingt ein Kollege sein, mit dem er eng zusammenarbeitete. Er konnte ihn auf einer Party kennengelernt haben. Oder vom Tischtennis kennen …
Thorne atmete tief und langsam aus.
Er musste davon ausgehen, dass dieser Unbekannte, dass beide gefährlich waren. Sie hatten Marcus Brooks einen Mord angehängt, aber Skinner und sein Komplize hatten vielleicht noch weitaus Schlimmeres auf dem Kerbholz.
Irgendjemand musste Simon Tipper schließlich umgebracht haben.
Je länger Thorne auf die Info vor ihm starrte, desto bedeutungsloser wurde sie. Er hatte keine Ahnung, wie er sie anpacken sollte und was er noch brauchte, um es sich leichter zu machen. Es gab Tage, da fühlte er sich von der normalen Polizeiarbeit überfordert, aber so zu denken wie ein DPS-Beamter ging schon gar nicht. Er wusste nicht, ob er sich darüber freuen oder traurig sein sollte.
Als Yvonne Kitson hereinkam, schob Thorne den PIMS-Bericht zur Seite.
»Dachte schon, Sie hätten was vor heute«, sagte sie.
»Hielt es draußen nicht aus.«
Sie nickte, sie verstand, was er meinte. »Meine bessere Hälfte hat seine Kumpel eingeladen. Sie schauen sich das Rugby-Spiel an. Und die Kids sind zurzeit richtige Satansbraten. Was ist Ihre Entschuldigung?«
»Louise arbeitet. Sie verstehen.«
»Wie läuft’s denn so?«
Das erinnerte Thorne an das Gespräch mit Brigstocke vor einer Stunde. Bis auf dieses Gespräch und dass Thorne die Unterlagen über Paul Skinner angefordert hatte, wusste Kitson genauso viel über die Brooks-Ermittlung wie er. Daher nahm er an, dass sie sich nicht nach dem Fall erkundigte, sondern dass die Frage persönlich gemeint war.
»Es läuft gut«, sagte er. Ob Louise wohl noch immer sauer auf ihn war, so sauer? »Alles wunderbar …«
Kitson schien sich zu freuen.
Thorne sah ihr dabei zu, wie sie die Unterlagen auf ihrem Schreibtisch sortierte und zu lesen begann. »Die lassen sie noch immer zwei Pferde mit
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