Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
Woche oder so, bevor es passierte, Debbie versprochen hatte - dass sie clean werden und damit aufhören wolle. Jede Menge Scheiße hatte sie verzapft von wegen, dass sie drei ein paar Wochen wegfahren würden, wenn sie das Geld dafür beisammenhatten. Irgendwohin, wo alles unter einem Dach war, damit das Wetter ihnen keinen Strich durch die Rechnung machte. Wo es einen netten Club gab, damit Debbie und sie sich abends amüsieren konnten, und einen Swimmingpool und viele Fahrgeschäfte und Kram für Jason.
»Solange ein Zuggleis in der Nähe ist«, hatte Debbie gemeint, »wo er die Züge anpusten kann.«
Mein Gott …
Alles für die Katz, die Versprechen und die Pläne.
Alles, was sie verdient, geht für Stoff drauf, seit Anthony Garvey hier hereinmarschierte. Nicht dass sie es dringender braucht als früher. Was sie dringender braucht, das sind die Auszeiten. Sie hält es nicht aus, klar zu denken und Angst wegen der Zukunft zu haben. Nur ist es inzwischen so, dass sie nehmen kann, so viel sie will, das Hochgefühl dauert nicht lange genug.
An manchen Tagen, wenn ein Kunde auf ihr keucht und schwitzt, hatte sie das Gefühl, als … wache sie gerade auf
und erinnere sich an das, was passiert war. Und sie musste an sich halten, um sich nicht in seinen Nacken zu krallen und loszuschreien. In letzter Zeit ging sie mehr Risiken ein, fiel ihr auf. Sie stieg in Autos, die irgendwie verdächtig aussahen und um die sie besser einen Bogen schlagen sollte; ließ zu, dass der eine oder andere Idiot grob wurde, fühlte sich besser, wenn es wehtat.
Wenn sie das Gefühl hatte, es zu verdienen.
Nina steht vor dem Spiegel neben der Eingangstür. Trägt noch mal etwas Make-up auf, bevor sie loszieht, um zu arbeiten: ein Schuldirektor, der es gern hat, wenn sie obszön daherredet, und sie mit dem Auto an der Tankstelle abholt.
Sie checkt ihre Handtasche, ob sie Kondome, Vaseline und Papiertücher eingesteckt hat, und starrt ihr Spiegelbild an.
Potthässlich, denkt sie und weiß, dass sie es früher laut ausgesprochen und Debbie gelacht hätte. Ihr gesagt hätte, dass sie toll aussieht und dass jeder, der ihr heute Abend Geld für das Vergnügen ihrer Gesellschaft geben dürfe, verdammt dankbar sein sollte.
Sie fährt sich mit den Fingern durch das hochgegelte Haar und gibt sich Mühe, sich zuzulächeln, sagt: »Gottes Segen.«
Sie zieht ein Papiertaschentuch aus der Handtasche und geht zur Tür.
Fünfundzwanzigstes Kapitel
Thorne fuhr Richtung Süden, nach Euston, durch den abflauenden Berufsverkehr. Die Kopfschmerzen, mit denen er aufgewacht war, wurden nicht besser, und ein hitziger Disput auf Five Live über die schlechte Form der Spurs war auch keine Hilfe. Montagmorgen, genauso fühlte es sich an.
Den Großteil des Wochenendes hatte er gemütlich zu Hause verbracht, bis auf ein, zwei Stunden am Sonntagmittag im Grafton mit Phil Hendricks. Louise war ein paar Tage zu ihren Eltern gefahren. Sie war gestern Abend spät zurückgekommen und früh wieder ins Büro gegangen.
»Es geht ihr allmählich besser«, hatte Hendricks im Pub gemeint.
»Ja, ihr schon.« Thorne hatte langsam gesprochen und darauf geachtet, das »ihr« nicht zu betonen.
»Ihr beide solltet wegfahren, sobald es geht.«
»Leichter gesagt als getan.«
»Ginge vielleicht jetzt. Die Garvey-Sache ist nicht mehr ganz so hektisch.«
»Für dich vielleicht.«
Doch Hendricks hatte in gewisser Weise recht. Alles hatte sich etwas beruhigt. Es gab fünf ungelöste Morde - sechs, wenn man Chloe Sinclair dazuzählte -, und der Mörder war noch nicht gefasst, doch der Fokus war nun ein anderer, jetzt, nachdem man die letzten beiden Männer auf Anthony Garveys Liste gesund und wohlbehalten gefunden hatte.
Ein kleines Team besonders ausgebildeter Experten hatte die letzten zwei Tage damit verbracht, Andrew Dowd und Graham Fowler zu »debriefen«. In der Praxis bedeutete das, den beiden die Bedrohung, unter der sie gestanden hatten, so einfühlsam wie möglich zu erklären und dabei zu betonen, dass sie nun absolut sicher waren, sowie ihnen das neue Wohnarrangement zu erläutern. Das war nicht ganz glatt gelaufen, wie Thorne den Berichten entnahm. Keiner der beiden hatte sich wirklich kooperativ gezeigt, im Bericht hieß es, sie seien »schwierig«, bei einem Telefonat mit einem der Beamten dort fiel der Ausdruck »nicht ganz richtig im Kopf«.
»Sicher nachvollziehbar.« Der Kollege hatte erleichtert geklungen, diesen Arbeitstag hinter sich zu haben. »Die
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