Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
die man für vier Pfund neunzig bei Ikea kauft und in einen Cliprahmen steckt.
Thorne vermutete, dass er, müsste er mehr Zeit hier verbringen, ebenfalls laut brüllen würde.
Spibey deutete auf die hinterste Tür. »Hätten Sie gerne Tee oder etwas anderes zu trinken?«
»Da drin gibt es doch sicher was?«
»Da drin müssen Sie ihn sich wahrscheinlich selbst machen.« Spibey gab einen vierstelligen Sicherheitscode in das Sicherheitsschloss ein und klopfte.
»Was is’?« Die Stimme klang heiser und schrill.
»Bereit für Besuch, Graham?« Zustimmendes Brummen war zu hören, und Spibey grinste Thorne zu, bevor er die Tür öffnete. »Geben Sie Bescheid, wenn Sie zum Nächsten möchten.«
Fowler saß in einem Sessel und blickte aus dem Fenster, Thorne schien er gar nicht zu registrieren. Er trug Jeans und ein übergroßes T-Shirt, Teil einer Garderobengrundausstattung, die man ihm bereitgestellt hatte. Die Socken und Schuhe waren offensichtlich weniger sein Geschmack. Er rauchte, und vor ihm auf dem Tisch stand ein Aschenbecher, bis oben hin voll mit Kippen.
Thorne stellte sich vor und entschuldigte sich, erst jetzt zu kommen. Er nahm auf dem kleinen Sofa Platz. »War etwas hektisch. Soviel ich weiß, hat man Ihnen die Sachlage bereits erklärt.«
Fowler drehte sich um und fixierte Thorne. Er hatte dunkle Haare, die ihm bis zum Kragen reichten, und die eine Woche alten Stoppeln konnten die eingefallenen Wangen und die graue Gesichtsfarbe nicht verbergen. »Ja«, sagte er, »die ist mir erklärt worden.«
Thorne sah sich im Zimmer um und spielte den Beeindruckten. »Nicht schlecht, oder?«
»Ist okay.«
»Besser als dort, wo Sie in letzter Zeit lebten.«
»Was wissen denn Sie darüber?«
Thorne lehnte sich zurück und gab sich Mühe, den Plauderton beizubehalten. Ihm entging nicht, dass Fowler unruhig und desorientiert war. »Ich bin gekommen, um Näheres von Ihnen zu erfahren, aber ich weiß, dass Sie eine Weile auf der Straße lebten. Ich weiß ein wenig Bescheid darüber, wie es dazu kommt.«
»Ach?«
»Ein wenig.«
Fowler lächelte schmallippig, offensichtlich war er nicht überzeugt. Er drückte die Zigarette aus, ließ die Kippe aber qualmen. »Vielleicht sollten Sie hier einziehen.«
»Wie bitte?«
»Ich meine, da Sie doch Bescheid wissen.«
»Das hab ich nicht gesagt.«
»Da doch Ihre Mutter umgebracht wurde, als Sie ein Kind waren.« Er nickte in gespieltem Ernst. »Wahrscheinlich ist dieser Typ auch hinter Ihnen her.«
Thorne legte den Kopf schief, als akzeptiere er diesen Punkt, und fragte Fowler, ob er eine Tasse Tee möchte. Fowler zuckte die Achseln und wandte sich wieder dem Fenster zu, sagte dann: »Ja, okay«, als Thorne in die winzige Küche ging.
Als Thorne sich wieder setzte und die Tassen auf den Tisch stellte, hatte Fowler sich die nächste Zigarette angezündet. »Bitte sehr«, sagte Thorne.
Ein zustimmendes Brummen. Das Fenster stand ein wenig offen, und Fowlers Blick folgte den Zigarettenrauchschwaden, wie sie durch den Spalt entschwanden und davonwehten.
»Sind Sie auf Drogen, Graham?«, fragte Thorne.
Es schien eine Weile zu dauern, bis die Frage zu Fowler durchdrang und er sich langsam umdrehte. »Was denken Sie?«
»Wir können Ihnen einen Arzt holen.«
»Hab am ersten Tag mit einem gesprochen.«
»Und?«
»Er hat gemeint, er kann mir Methadon besorgen.«
Das Gebrüll, von dem Spibey gesprochen hatte, wurde noch verständlicher. »Ich kümmere mich darum«, sagte Thorne.
»Ein paar Bier wären auch gut.«
»Das sollte kein Problem sein.«
Fowler nickte, brummte ein kurzes Danke und breitete die Arme aus. »Ein scheiß zweites Zuhause.« Dann grinste er, und einige Zahnlücken, oben wie unten, waren zu sehen. »Urlaub von der Platte.«
»Mal sehen, ob das Sozialamt Ihnen dabei helfen kann, eine dauerhafte Bleibe zu finden«, sagte Thorne. »Wenn das hier vorüber ist.«
»Nein danke, das passt.«
»Sie möchten wieder auf die Straße?«
»Ich hab was gegen diese Heime. Zu viele bescheuerte Regeln, und in manchen ist sogar Alkohol verboten.«
»Keine schlechte Idee.«
»Kommt nur etwas spät.«
Thorne wusste, dass nicht wenige auf der Straße so dachten wie Graham Fowler und aus dem einen oder anderen Grund eine Abneigungen gegen jede Art von Institution hatten. Er hatte mit einigen von ihnen gelebt, als er vor ein paar Jahren auf Platte war. Fowlers Einstellung erklärte, warum sie ihn nicht über die Obdachlosenwohnheime und Notunterkünfte hatten
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