Tom Thorne 08 - Die Schuld des Blutes
finden können.
»Also, wann reden wir?«, fragte Fowler.
»Entschuldigung?«
»›Wenn das alles vorbei ist?‹ Wenn Sie ihn gefasst haben, stimmt’s?«
»Ja, keine Ahnung.«
»Warum ist die Banane krumm, die Art von Frage?« Er nickte rasch, wartete die Antwort gar nicht ab. »Hören Sie, Sie sorgen einfach dafür, dass das Methadon und das Special Brew nicht knapp wird, dann können Sie so lange brauchen, wie Sie wollen.« Er lachte, brach aber sofort ab, als er Thornes Blick sah. »War’n Witz, Kumpel, okay? Ein Witz.«
»Mit etwas Glück werfen wir Sie hier raus, bevor die die Bettwäsche wechseln können«, sagte Thorne.
Fowler stand auf und schnippte die Zigarettenkippe aus dem Fenster. Plötzlich war er wieder unruhig. »Warum macht er das überhaupt? Das hat uns niemand gesagt.«
Thorne sah keinen Grund, warum er ihn im Dunkeln lassen sollte. Wenn Patienten Einblick in ihre Krankenakten bekamen, dann durfte man auch erfahren, warum einen jemand umbringen wollte. »Er glaubt, dass der Mann, der Ihre Mutter umbrachte, zu Unrecht verurteilt wurde.«
»Garvey?« Fowler spuckte das Wort aus, als handle es sich um ein Schimpfwort.
»Er glaubt, dass Raymond Garvey nicht verantwortlich
für sein Verhalten gewesen ist. Dass ein Hirntumor schuld daran war. Und dass er, hätte man den Tumor früher entdeckt, nicht im Gefängnis hätte sterben müssen.«
Fowler schüttelte den Kopf und ließ es auf sich wirken. »Und warum geht er nicht einfach vor Gericht damit? Warum tut er das?«
»Weil er ernsthaft gestört ist.«
Fowler dachte eine Weile darüber nach und ließ sich langsam in den Sessel sinken, als hätte er Schmerzen. »Also, wenn Sie ihn haben, dann komm ich auf ein Schwätzchen vorbei. Klingt ganz so, als ob wir ein paar Dinge gemein hätten.«
Thorne merkte, dass er noch nicht getrunken hatte. Er griff nach seiner Tasse mit dem lauwarmen Tee und trank sie in einem Schluck halb aus. »Ich nehme an, Ihnen ist in den letzten Wochen niemand aufgefallen, der Ihnen folgte? Jemand, den Sie nicht kannten, der in der Gegend rumhing?«
Fowler schüttelte den Kopf. »Tut mir leid. Ich bin meistens kein so guter Beobachter.«
»Hat sich jemand nach Ihnen erkundigt?«
»Nicht, soweit ich weiß. Fragen Sie die Jungs, wenn Sie sie finden. Fremde fallen ziemlich auf. Man kennt sich auf der Straße, wissen Sie?«
»Können Sie mir Namen nennen?«
»Ich kann Ihnen sagen, wo Sie’s probieren können.«
Thorne war klar gewesen, dass er nicht mehr erwarten durfte. Wenn es darum ging, wer wo nachts abblieb, dann waren vollständige Namen und Adressen weniger gefragt. »Das wär gut, danke.«
»Bestellen Sie schöne Grüße von mir, ja?«, sagte Fowler. »Sagen Sie ihnen, ich hätte den Jackpot gewonnen.«
Thorne versprach Fowler, dass er das tun würde. Er sah das schiefe Lächeln, das leichte Zittern um die Mundwinkel. Glück war wohl was anderes.
Ein paar Minuten später stand er wieder draußen im Gang und winkte in eine der Videoüberwachungskameras an der Wand. Er wollte gerade nach unten gehen und sich wegen der Sicherheit beschweren, als er unten in der Lobby Brian Spibeys charakteristisches Schnarren hörte.
»Bin schon unterwegs! Ich sehe Sie schon, hab hier nur ein Wahnsinnssudoku am Laufen …«
Sechsundzwanzigstes Kapitel
Andrew Dowds Appartement war mehr oder weniger genauso wie das von Graham Fowler - nichtssagend und bequem -, und obwohl Dowd etwas lockerer wirkte als sein Nachbar, und in der Khakihose und dem Hemd mit dem offenen Kragen besser angezogen war, war seine Erscheinung in gewisser Weise genauso schockierend.
»Sie sehen … anders aus«, sagte Thorne, der das Foto noch im Kopf hatte, das sie von Dowds Frau bekommen und das die Zeitungen letzten Freitag gedruckt hatten.
»Das hier?« Dowd fuhr sich mit der Hand über den rasierten Kopf. Thorne bemerkte die teure Uhr an seinem Handgelenk. »Eine Menge hat sich geändert«, sagte er.
»Dann war das nicht nur ein Wanderurlaub?«
»Ich bin viel gelaufen.«
Thorne nickte und lehnte sich auf dem Sofa zurück, das genauso aussah wie das, auf dem er vor ein paar Minuten gesessen hatte. »Ich hab mir immer gewünscht, selbst mal da raufzufahren.«
»Schön dort.«
»Eine gute Gegend, um rauszukommen?«
»Ich wollte einen klaren Kopf bekommen.«
»Dazu haben Sie hier jede Menge Gelegenheit«, sagte Thorne.
Dowd lächelte und zeigte ein paar Zähne mehr als Graham Fowler.
Als Thorne kam, hatte Dowd gerade Zeitung gelesen, und
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