Tom Thorne 09 - Das Geständnis des Toten
herumzufuchteln und dem armen Teufel gehörig Angst einzujagen. Er hatte sich auch sämtliche Nachrichtensendungen angesehen, nur für den Fall. Die Sache wurde mit keinem Wort erwähnt, was gut war. Nicht dass eine Messerstecherei eine Mega-Story gewesen wäre, diese Zeiten waren vorbei. Aber trotzdem.
Ihm blieb nichts anderes übrig, als auf seinem Hintern zu sitzen und auf sich zu achten, auf alles um sich herum zu achten, bis ihm jemand sagte, was er tun solle.
Er blätterte langsam um, während er aß. Dabei ließ er wie immer die Tür nicht aus den Augen und spürte in der Tasche
die schwere Knarre, die er aus der Wohnung hatte mitgehen lassen. Die Knarre, an die Sugar Boy nicht schnell genug rangekommen war.
Er hörte auf zu kauen, hörte sogar kurz auf zu atmen, als er das Bild sah. Und die Schlagzeile darüber: SCHWANGERE WITWE DES TOTEN POLIZISTEN VERZWEIFELT.
Ihr Gesicht war angespannt und ihr Mund weit aufgerissen, als brülle sie. Aber er wusste sofort, das war die Frau, mit der er vor ein, zwei Wochen geredet hatte. Er war erstaunt gewesen, als er ihr geholfen hatte, wie schwer sie gewesen war. Die Frau mit dem blauen Fiesta und den kaputten Eiern.
Theo las die Geschichte, begriff sie aber nicht wirklich. Er hatte ihr geholfen, und sie hatte sich bei ihm dafür bedankt. Mein Gott, sie hatte sogar in dem Parkhaus zu ihm gesagt, sie würde das Baby nach ihm benennen …
Er dachte an das Geräusch, als der BMW den Mann überfuhr. Spürte es körperlich . Das Metall und das Glas und den dumpfen Aufprall, als sie wegfuhren und er sich im Regen umzuschauen versuchte.
Der Name wär wahrscheinlich so gut wie jeder andere.
Er starrte auf das Foto, und sein Frühstück wurde kalt. In der Schlagzeile hieß es »verzweifelt«, aber das stimmte seiner Meinung nach nicht.
Sie sah aus, als wolle sie jemanden umbringen.
35
Helen sah hoch zu den Videokameras, die an den Ecken installiert waren, als sie an der Haustür wartete. An der Einfahrt waren ebenfalls Kameras gewesen, und sie hatte sich schon gefragt, ob er sie beobachtete, als sie einbog. Eigentlich war es nicht überraschend, dass so ein Mann vorsichtig
war. Er besaß vieles, was beschützt werden wollte, und es gab wahrscheinlich nicht wenige Leute, die nur zu gern gesehen hätten, dass er alles verlor.
Andererseits hatte er auch ein paar Leute auf seiner Seite, die ihn warnten oder ihn informierten, wenn andere Probleme hatten. Ein Netzwerk. Und er hatte seine Methoden, Leute zum Reden zu bringen, wenn eine offizielle Ermittlung auf eine Mauer des Schweigens stieß.
Es ergab keinen Sinn, dass der für Pauls Tod Verantwortliche auch für die Morde in Lewisham verantwortlich war. Wenn man seinen Arsch retten wollte, dann plante man keinen Mord, der es nötig machte, danach eine ganze Gang auszulöschen. Wer immer also diese Jungs in dem Auto die schmutzige Arbeit hatte tun lassen, hatte sich nichts gespart.
Es kamen nicht gerade viele dafür infrage.
Helen hatte Jeff Moody am Morgen angerufen, nachdem sie ein paar Telefonate mit der Mordkommission geführt hatte, um ihre Verabredung im Workz abzusprechen. Als sie Frank Linnell erwähnte, hatte Moody ihr versichert, die Ermittlung dauere noch an und er wolle mehr erfahren über die Beziehung zwischen Paul und Linnell.
»Ich denke, dazu kann ich etwas beitragen«, hatte sie gesagt.
»Ich bin mir nicht sicher, ob das so eine kluge Idee ist.«
»Ich hab vor ein paar Wochen aufgehört, klug zu sein«, hatte Helen gesagt.
Dieses Mal war es kein Problem, Linnells Adresse zu bekommen.
Der mit geädertem braunem Marmor ausgelegte Eingangsbereich mit seinem überdimensionalen Lüster wirkte wie die Lobby eines teuren Hotels. An den Wänden hingen Gemälde, eine breite Treppe schwang sich drei oder vier Stockwerke nach oben. Helen schätzte das alles auf ein paar Millionen.
Linnell führte sie in eine Küche, neben der selbst Jennys
Küche verblasste. Sie setzte sich an den Tisch und sah ihm beim Teekochen zu. Sie war überrascht, dass er anscheinend ohne Personal hier wohnte. Außer ihm schien überhaupt niemand hier zu wohnen.
»Sie sehen richtig gut aus heute Morgen«, sagte er. »Nach der Nacht, die Sie vermutlich hinter sich haben. Ich habe selbst kaum geschlafen, um ehrlich zu sein. Es ist schon schwierig, einfach weiterzumachen, als ob nichts passiert wäre.«
»Wahrscheinlich.« Helen starrte auf seinen Rücken, als er Milch in den Tee goss und umrührte. Er machte es schon wieder, tat schon
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